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(Anti-)Rassismus

Geplantes Asylheim in Premnitz: Befürwortung, trotz Ängste

Es war kein Heim­spiel für den havel­ländis­chen Lan­drat Burkhard Schröder (SPD), gestern bei der Infor­ma­tionsver­anstal­tung des Land­kreis­es zum Umbau der ehe­ma­li­gen Förder­schule in der Wald­straße zum Heim für Asyl­suchende in Prem­nitz. Den­noch war der Kreis­chef um Sach­lichkeit und eine trans­par­ente Darstel­lung des Entschei­dung­sprozess­es bemüht. Dazu hat­te er sich auch seinen Sozialdez­ern­ten Wolf­gang Gall sowie einen Vertreter aus der Kreis­baube­hörde als Ver­stärkung mit­ge­bracht. Weit­er­hin nah­men der Bürg­er­meis­ter von Prem­nitz, Roy Wal­len­ta, und Lutz Gün­del, Leit­er der Polizei­in­spek­tion Havel­land, auf dem Podi­um platz. 

Nach ein­er kurzen Vorstel­lungsrunde leit­ete Lan­drat Schröder mit all­ge­meinen Grund­sätzen zur Asylpoli­tik und der Rolle des Land­kreis­es in der Prax­is die Ver­anstal­tung ein. Daran knüpfte anschließend Sozialdez­er­nent Gall an und informierte über die aktuellen Migra­tionsströme im Havel­land. Dem­nach sind im Rathenow­er Flüchtling­sheim am Birken­weg zurzeit 217 Asyl­suchende unterge­bracht, unge­fähr dop­pelt soviel wie nor­mal. Die daraus entste­hen­den Wohn­rau­meng­pässe soll­ten nun durch die Anmi­etung von Woh­nun­gen wett gemacht wer­den. Allerd­ings weit­ge­hend erfol­g­los. Nur einige Fam­i­lien aus Syrien kon­nten im Raum Falkensee in Woh­nun­gen unterge­bracht wer­den, so der Lan­drat zwis­chen­durch. In Prem­nitz hinge­gen lagen keine entsprechen­den Ange­bote von Woh­nungsgenossen­schaften vor, so dass eben auf die ehe­ma­lige Förder­schule in der Wald­straße als krei­seigene Immo­bilie zurück­ge­grif­f­en wurde. Unge­fähr 90 Flüchtlin­gen soll dieses Objekt nun als Unterkun­ft dienen, so Sozialdez­er­nent Gall. Wobei die Aus­rüs­tung des Heimes nur auf das nötig­ste beschränkt sei, so der Vertreter der Baube­hörde. Es werde mehrere 2 bis 3 Bettz­im­mer sowie 2 Küchen und 1 Kinderz­im­mer geben. Baube­ginn sei der 4. Novem­ber,  Fer­tig­stel­lung­ster­min im April 2014 und der Umbau zum Heim somit beschlossene Sache, wie Lan­drat Schröder bekräftigte.

Diskus­sion führt zur Befür­wor­tung des Asylheimes

Ger­ade aber dieser, in Prem­nitz offen­bar, als her­risch emp­fun­dene Entschei­dung­sprozess stieß auch gestern wieder auf Unver­ständ­nis. Bürg­er­meis­ter Roy Wal­len­ta äußerte laut, dass er sich vom Kreis in sein­er Kom­pe­tenz über­gan­gen fühlte und ern­tete dafür den Applaus der anwe­senden Bürger_innen. Die melde­ten sich nun auch zu Wort und beschw­erten sich eben­falls über die offen­bar als Bevor­mundung emp­fun­dene Art und Weise der Entschei­dungs­find­ung. Zudem wurde die ehe­ma­lige Förder­schule als ungeeignet bemän­gelt und auf mod­ernere Ersat­zlö­sun­gen hingewiesen. Der Kreis kon­terte mit man­gel­nden tat­säch­lichen Ange­boten und der fehlen­den Bere­itschaft der Bürger_innen bei Zeit­en darauf hinzuweisen. Kurzzeit­ig entwick­elte sich nun ein „Schwarze-Peter-Spiel“ zwis­chen Kreis, Stadt und Bürger_innen, welch­es hin­sichtlich der Brisanz des The­mas eigentlich unwürdig war.

Erst ein Zwis­chen­ruf, dass es in der Diskus­sion let­z­tendlich auch um Men­schen geht, die Hil­fe benöti­gen, führte bei vie­len Bürger_innen langsam zur Besin­nung. Eine Frau meldete sich nun zu Wort und appel­lierte an die Veranstaltungsteilnehmer_innen, die Entschei­dung zum Heim­stan­dort hinzunehmen und nun­mehr dafür zu sor­gen, die Flüchtlinge würde­voll zu emp­fan­gen. Sie kön­nten schließlich eine Bere­icherung für die demografisch geschwächte Region sein. Der Saal applaudierte!

Auch zwei andere Ver­anstal­tung­steil­nehmer trat­en nun als Für­sprech­er der Asyl­suchen­den auf. Eine gemein­same Willkom­mensfeier und weit­ere städte­bauliche Maß­nah­men im Umfeld des Heimes wur­den angeregt. Die Flüchtlinge seien schließlich Gäste und die müsse men­sch auch so behan­deln. Sie sollen sich schließlich sich­er fühlen und nicht ständig, im Hin­blick auf die ver­wahrlosten Grund­stücke  in der benach­barten Friedrich Engels Straße, an Kriegs­ge­bi­ete erin­nert werden.

Den­noch bleibende Ängste 

Neben der Stan­dort­frage waren aber auch Sicher­heit­saspek­te Kern­punk­te der Diskus­sion. Eine junge Frau ver­langte dies­bezüglich eine Stel­lung­nahme zum Bran­dan­schlag auf das geplante Heim, weil sie sich an das Pogrom in Ros­tock-Licht­en­hagen von 1992 erin­nert sah. Dies ver­suchte der Lan­drat jedoch dadurch zu entkräften, dass die Brand­s­tiftung in Prem­nitz lediglich ein banaler Con­tainer­brand gewe­sen sei, der irgend­wie auf die Ein­gangstür des Gebäudes überge­grif­f­en habe. Ver­harm­lo­sung hat halt an eini­gen Stellen Tra­di­tion, in ein­er Region, die seit Jahren um ihr Image kämpft. Insofern rügte Lan­drat Schröder auch das Innen­min­is­teri­um, welch­es nach dem Bran­dan­schlag fest­stellte, dass die Region Rathenow-Prem­nitz ein Schw­er­punkt neon­azis­tis­ch­er Gewalt ist. Dies sehe der Lan­drat nicht so.

Die Stadt bzw. einzelne Abge­ord­nete nutzten die Chance jedoch und erk­lärten, dass sie gegen Aus­län­der­feindlichkeit und auf jeden Fall für die Auf­nahme der Flüchtlinge seien. 

Trotz­dem blieben bei eini­gen Bürger_innen offen­bar Äng­ste und Vorurteilschemen erkennbar. Ein Mann fragte beispiel­sweise, welche Gefahr hinge­gen von einzel­nen Asyl­suchen­den aus­ge­he, ob beispiel­sweise mit religiösen Fanatik­ern zu rech­nen sei. Daraufhin ern­tete er vom Lan­drat den Vor­wurf der Aus­län­der­feindlichkeit. Der Mann wollte dies jedoch so nicht ste­hen lassen und  dis­tanzierte sich umge­hend von der neon­azis­tis­chen NPD. „Die“ seien, im Hin­blick auf den ras­sis­tisch motivierten Wahlkampf und der Kundge­bung der Partei vor Ort, „nur hier­her kom­men, um Bam­bule zu machen.“ 

Um zur Sach­lichkeit zurück­zukom­men gab der Lan­drat dann bekan­nt, dass sowohl die Sicher­heit der Flüchtlinge als auch die der Anwohner_innen, ähn­lich wie in Rathenow, durch einen 24-Stun­den-Wach­schutz am kün­fti­gen Heim garantiert werde. 

Auch Lutz Gün­del, als Vertreter der Polizei, bekräftigte, dass die Sicher­heit in der Region durch regelmäßige Streifen auf jeden Fall gewährleis­tet sei. Die Wache im benach­barten Rathenow sei 24 Stun­den am Tag beset­zt und zwei Streifen­wa­gen im Wachge­bi­et immer im Einsatz.

weit­ere Fotos: hier

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