Weit über tausend Menschen haben am Mittwochabend wieder gegen einen Aufmarsch der „Potsdamer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (POGIDA) protestiert. Die Anhänger_innen des lokalen PEGIDA-Ablegers hatten sich, ähnlich wie am Montag in der vergangenen Woche, wieder am Bassinplatz versammelt. Nach der deutlichen Abfuhr beim ersten Aufmarschversuch hatte Anmelder Christian Müller Verstärkung für seine Versammlung angekündigt. Mit bis zu 1.000 Teilnehmer_innen, vor allem Hooligans zweier Berliner Fußballclubs, wurde zeitweise spekuliert. Tatsächlich kamen allerdings lediglich 200–250 Personen. Diese traten, insbesondere der Presse gegenüber, auch deutlich aggressiver auf, als während der Veranstaltung in der vergangenen Woche. Einige dieser Personen konnten dabei tatsächlich einen für Hooliganaktivitäten berüchtigten Ostberliner Fußballverein zugeordnet werden. Des Weiteren zeigten sich einige bekannte Einzelpersonen aus neonazistischen Zusammenhängen im Havelland, in Potsdam-Mittelmark und Brandenburg an der Havel. Dabei handelte es sich u.a. um den Nauener NPD Stadtverordneten Maik Schneider sowie einen Aktivisten des „dritten Weges“ aus der Umgebung von Werder (Havel). Weiterhin wurden Banner NPD-naher „Abendspaziergänge“ aus dem Landkreis Oberhavel gezeigt.
Anmelder löst auf
Eine geordnete Versammlung gelang Anmelder Christian Müller jedoch nicht. Immer wieder musste er seine Sympathisant_innen, die sich anscheinend lieber mit Gegendemonstrant_innen anlegen wollten oder Pressevertreter_innen abfotografierten, zurück auf die Mitte seines Antreteplatzes bewegen. Ungeduld und Angriffslustigkeit prägten in dieser Phase die POGIDA-Versammlung. Dann formierte sich plötzlich, offenbar ohne Absprache mit dem Anmelder, ein Marsch und hielt auf die zahlreich vertretenden Gegendemonstrant_innen an der östlichen Flanke des Bassinplatzes zu. Als Antwort flogen einzelner Böller und Nebeltöpfe aus den Reihen der Protestier_innen. Die Polizei stoppte schließlich den POGIDA-Marsch nach wenigen Metern und Anmelder Müller beorderte seine Anhänger_innen zum Antreteplatz zurück. Wenig später löste er die Versammlung sogar auf, da die Polizei, trotz massiver Verstärkung, die Sicherheit seiner Veranstaltung nicht mehr gewährleisten konnte. Denn größere Gruppen von Gegendemonstrant_innen waren längst im gesamten potentiellen Aufmarschgebiet von POGIDA präsent. Die für den Marsch strategisch wichtige Humboldtbrücke wurde zu dem von Antifas blockiert. Dort waren auch zwei aus Hamburg herangeführte Wasserwerfer präsent.
Scharmützel nach Auflösung
Einige der aufgeputschten POGIDA-Anhänger_innen, es mögen ungefähr 100 gewesen sein, wollten sich jedoch nicht mit ihrer erneuten Niederlage abfinden. Auf eigene Faust bzw. augenscheinlich unter der Führung von Maik Schneider versuchten sie vom Bassinplatz aus, über die Gutenbergstraße, auf ihre angemeldete Route Richtung Nauener Tor zu gelangen. Kurz vor dem Erreichen der Friedrich Ebert Straße wurden sie jedoch von der Polizei gestoppt. Wenig später blockierten auch Gegendemonstrant_innen die Kreuzung Friedrich Ebert Straße / Gutenbergstraße. Dabei flogen wieder auch einzelne Böller Richtung POGIDA. An einem Spontanmarsch war also nicht mehr zu denken. Die Polizei leitete die POGIDA-Anhänger_innen schließlich zurück zum Bassinplatz. Dort zerstreute sich POGIDA dann endgültig in einzelne, durch die Stadt ziehende Trüppchen. Vereinzelt suchten diese dann die Konfrontation mit Gegendemonstrant_innen. In der Charlottenstraße kam es beispielweise zu einer Auseinandersetzung zwischen einer etwa zwanzigköpfigen Gruppen Neonazis und Hooligans aus Berlin und Brandenburg auf der einen Seite und Antifas auf der anderen Seite. Dabei flogen abermals Böller und Nebeltöpfe. Letztendlich blieb den Neonazis und Hooligans keine andere Möglichkeit als sich wieder Richtung Bassinplatz zurückzuziehen. Dort wurden sie dann von der Polizei in Empfang genommen und über die Berliner Straße, die Humboldtbrücke und Zentrum-Ost zum Hauptbahnhof geleitet. Dort angekommen erwarteten sie bereits wiederum um die 100 protestierende Gegendemonstrant_innen, die seitens der Polizeikräfte u.a. mit zwei eiligst heranbeorderten Wasserwerfern und einem Räumpanzer auf Distanz gehalten werden mussten. Zum Einsatz kamen die Kampfmaschinen jedoch nicht. Die Protestier_innen setzten auf eine friedliche Menschenblockade der Babelsberger Straße.
Fotos: hier
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