INFORIOT — An einer kraftvollen Demonstration gegen Abschiebungen im Barnim beteiligten sich am 8. Juni 2017 in Eberswalde über 150 Personen. Anlässlich vermehrter Abschiebungen und Abschiebeversuche aus dem Landkreis in diesem Jahr hatte ein Bündnis von Antira- und Antifa-Gruppen zu dem Protest aufgerufen.
Demonstration quer durch die Stadt
Auftaktort war der Bahnhofsvorplatz, auf dem sich circa 100 Menschen versammelten. In Redebeiträgen wurde auf die zuletzt gehäuften Abschiebungen hingewiesen, darunter ein Vorfall Anfang April im Übergangswohnheim Bernau-Lobetal. In der Nacht des 3. April rissen Mitarbeiter der Barnimer Ausländerbehörde einen aus dem Tschad geflohenen Mann um 4 Uhr morgens aus seinem Schlaf. Er wurde unmittelbar nach Berlin gebracht und dann über Frankreich abgeschoben, berichteten die Organisator*innen des Protestes. Bewohner*innen aus Übergangsunterkünften in der Region wiesen in weiteren Redebeiträgen auf die unmenschlichen Lebensbedingungen in den Heimen, insbesondere in Ützdorf, hin. Die Route des Protestes führte vom Bahnhof in die Innenstadt zur Ausländerbehörde, bei der die Veranstaltungen nach einer Abschlusskundgebung mit circa 150 Teilnehmenden beendet wurde. Nehmen antirassistischen Aktivist*innen beteiligten sich auch viele Geflüchtete aus Eberswalde, Biesenthal und Ützdorf.
Neben einer Beschreibung der derzeitigen Abschiebepraxis und ihren Folgen für die Geflüchteten im Landkreis, sprach sich eine Geflüchtete Person gegen Stigmatisierung und Reduzierung auf den Flüchtlingsstatus aus: Jede*r habe das Recht, als eigenständige Person wahrgenommen zu werden. Auch wurde in einem Redebeitrag koloniale Kontinuitäten und Alltagsrassismus benannt. Als aktuelles Positivbeispiel im Umgang mit Geflüchteten wurden “Sanctuary Cities” vorgestellt. Das sind Städte, die sich dazu entschlossen haben, dem Druck der nationalen Regierung nicht nachzugeben und sich weigern, an Abschiebungen mitzuwirken oder Repression gegen illegalisierte Menschen auszuüben. Im Landkreis Barnim ist es der Durchsetzung von Kirchenasyl zu verdanken, dass mindestens eine Abschiebung verhindert werden konnte.
An diesen Vorbildern könne sich auch die Barnimer Ausländerbehörde für ein anderes Handeln entscheiden, so die Auffassung der Redner*innen. Die Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung eines Asylantrages liege zwar nicht in den Händen der Ausländerbehörde, aber sie könne beschließen, ob und unter welchen Bedingungen sie Abschiebungen durchsetzen lasse. So war die Forderung nach einem sofortigen Abschiebestopp ein Kernanliegen der Demonstration.
Nachdem im Vorfeld auf dem rechten Blog „Spreeruf“ gegen die Veranstaltung Stimmung gemacht wurde, blieb es während der Demonstration ruhig. Für mehr als ein unbemerktes Fotografieren der Veranstaltung reichte die Wut gegen „linke Gutmenschen“ wohl nicht.
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