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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

21. März: Internationaler Tag gegen Rassismus

Mit der Ankun­ft in Deutsch­land ist für viele geflüchtete Kinder und Jugendliche die Hoff­nung ver­bun­den, endlich sich­er zu sein, Ruhe zu haben, sich nicht mehr ver­fol­gt zu fühlen. Die neue Broschüre des Flüchtlingsrats Bran­den­burg “Aufwach­sen in Bran­den­burg” zeigt jedoch den man­i­festen und alltäglichen Ras­sis­mus, den junge Geflüchtete in Bran­den­burg erfahren müssen.

In der Schule, bei Behör­den, in öffentlichen Verkehrsmit­teln, auf der Straße: 2017 waren in Bran­den­burg 13% der Men­schen, die von rechter Gewalt betrof­fen waren, Kinder zwis­chen 0 und 13 Jahren.1 Die Auswirkun­gen kön­nen ver­heerend sein: Ras­sis­muser­fahrun­gen lösen Äng­ste aus und kön­nen retrau­ma­tisierend wirken, sie min­dern die Selb­st­wirk­samkeit von Her­anwach­senden, kön­nen anhal­tenden psy­chis­chen Stress verur­sachen und ver­hin­dern Teil­habe und gle­iche Bil­dungschan­cen. Sie bee­in­flussen nach­haltig den weit­eren Lebensweg geflüchteter Kinder und Jugendlich­er. Hinzu kommt die Unter­bringung in Lagern, die in kein­er Weise kind- oder jugendgerecht gestal­tet wer­den kann. Unsichere Zukun­ftsper­spek­tiv­en auf Grund eines selek­tiv­en Asyl- und Aufen­thalt­srecht­es, die trau­ma­tisierende, zum Teil jahre­lange Tren­nung unbe­gleit­eter Min­der­jähriger von ihren Fam­i­lien und die ständi­ge Angst, abgeschoben zu wer­den, behin­dern eine kindgerechte Entwick­lung und ein gesun­des Aufwachsen.

Die Inter­views mit jun­gen Geflüchteten in der Broschüre beziehen sich auf die ver­schiede­nen Leben­sum­felder, in denen sie Ras­sis­mus erleben:

Aus seinem Schu­lall­t­ag in Cot­tbus berichtet Harun, 17 Jahre: “Es gab auch Prob­leme zwis­chen mir und den Lehrern. Wir beka­men Arbeits­blät­ter, die wir lesen soll­ten. Weil ich nicht gut lesen kann, begann der Lehrer, sich über uns lustig zu machen. Er sagte, dass wir alle doch nur hier in Deutsch­land seien wegen des Geldes und der Frauen. Das hat mich beeinflusst.”

Die zwölfjährige K., die mit ihrer Fam­i­lie aus Tschetsche­nien gekom­men ist, erzählt, welchen Ein­fluss die Angst vor ein­er Abschiebung auf ihre Brüder hat­te: “Im Heim habe ich viele Abschiebun­gen gese­hen. … vor dem Kirchenasyl hat [mein Brud­er] fast gar nicht gesprochen. … Nicht nur das. Vor dem Kirchenasyl hat L. auch fast gar nichts gegessen.”

Beson­ders mas­siv und nach­haltig prä­gen das Erleben von direk­ter Gewalt und ras­sis­tis­chen Angrif­f­en. Hannes Püschel, Berater der Opfer­per­spek­tive, schildert in der Broschüre die Auswirkun­gen von zwei Bran­dan­schlä­gen im Jahr 2016 auf ein Heim für unbe­gleit­ete min­der­jährige Geflüchtete in Jüter­bog: “[Die Jugendlichen] beschreiben eine grundle­gende Zer­störung des Sicher­heits­ge­fühls … und damit ver­bun­den die ständi­ge Präsenz von Erin­nerun­gen an die in den Herkun­ft­slän­dern oder auf der Flucht erlebte Gewalt. Schlaflosigkeit, ständi­ge Alp­träume, Panikat­tack­en sind bei den Betrof­fe­nen nicht ungewöhn­lich.” Die erfahrene Gewalt und der damit ver­bun­dene Stress führen dazu, dass die Jugendlichen Angst haben, alleine auf die Straße zu gehen, sie ler­nen schlechter und langsamer Deutsch und viele benöti­gen psy­chother­a­peutis­che Behandlung.

Die All­t­agsre­al­itäten der Jugendlichen zeigen, dass ras­sis­tis­che Zustände nicht nur am Inter­na­tionalen Tag gegen Ras­sis­mus gesellschaftliche Aufmerk­samkeit erfordern. Wir fordern die bre­ite Unter­stützung der anti­ras­sis­tis­chen Kämpfe von durch Geflüchtete selb­stor­gan­isierte Grup­pen in Bran­den­burg und eine ern­sthafte Auseinan­der­set­zung mit struk­turellem Ras­sis­mus in Poli­tik und Behörden.

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