HALBE. Die PDS in Halbe (Dahme-Spreewald) hat einen ehemaligen Neonazi auf
ihrer Offenen Liste für die Wahl zum Gemeinderat im Oktober aufgestellt. Am
Mittwochabend berieten die Parteigremien, ob die Kandidatur rückgängig
gemacht werden soll. Die PDS war erst von Journalisten darüber informiert
worden, dass ihr Kandidat Ulli Boldt vor einigen Jahren ein aktiver
Rechtsextremist gewesen ist.
Der 37-Jährige gehörte Anfang der 90er-Jahre der später verbotenen
Nationalistischen Front (NF) an. Bis 1996 betrieb er das Nationale
Infotelefon Berlin, eine Plattform für Rechtsextremisten. Außerdem war Boldt
Vorsitzender der Berliner Kulturgemeinschaft Preußen, die als Sammelbecken
des rechtsextremen Spektrums galt. In Frankfurt (Oder) und Oranienburg soll
er Gedenkmärsche für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess angemeldet haben.
Die CDU schloss ihn wegen seiner Vergangenheit 1997 aus der Partei aus. “Ich
habe mich vor acht Jahren aus der Neonazi-Szene gelöst und will an meiner
Kandidatur für die PDS festhalten”, sagte er der Berliner Zeitung. Er habe
einen Sinneswandel vollzogen und engagiere sich bewusst für eine linke
Partei. Seine Vergangenheit sei bekannt.
Die Kreis-Chefin der PDS, Karin Weber, empfahl den Genossen in Halbe, die
Aufstellung Boldts zurückzuziehen. “Das werden wir tun”, sagte Arnold
Moshammer von der örtlichen PDS. Boldts Vergangenheit sei bei der
Kandidatenwahl nicht bekannt gewesen. Geschockt zeigte sich die Potsdamer
Parteispitze. “Das ist ein alarmierender Vorgang”, sagte
Landesgeschäftsführer Thomas Nord. “Wir müssen stärker aufpassen, dass
unsere gesellschaftliche Öffnung nicht missbraucht wird.”
(Inforiot) Siehe dazu auch ältere Beitrag der Berliner Zeitung (Junge Union attraktiv für Rechte, 06.02.1997) und des Tagesspiegels (Rechtsextreme Gefahr in östlichen Bezirken erheblich größer als im Westen, 17.02.1997).