Am Samstag den 16.03.02 fand im brandenburgischen Oranienburg eine Demonstration gegen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Rassismus statt. Insgesamt
waren es wohl etwa 150–170 TeilnehmerInnen, darunter viele ImmigrantInnen, sowie einige Autonome und BürgerInnen aus Oranienburg und Umgebung. Die Demo startete auf dem Gelände der Gedenkstätte Sachsenhausen gegen 10 Uhr wie geplant.
Einige Minuten vor Beginn der Demonstration gab es jedoch einen Zwischenfall einige Meter vor der Gedenkstätte. Als die Polizei, die mit einem Aufgebot von etwa 40 Polizisten in voller Kampfmontur anwesend waren, anfing an einigen
Teilnehmern Taschenkontrollen durchzuführen riefen zwei Jugendliche aus dem pazifistisch-autonomen Spektrum “No justice, no peace! Fuck the police!” Als Reaktion darauf lösten sich drei Polizisten aus ihrer Formation und liefen
auf einen der beiden Jugendlichen zu. Dieser ergriff aus Angst die Flucht und rannte auf das Gelände der
Gedenkstätte. Die Beamten rannten hinterher. Die Hetzjagd durchs ehemalige KZ wurde jedoch von Seiten der Polizei sehr schnell wieder abgebrochen, da einige Journalisten anwesend waren und solche Schlagzeilen natürlich negative Publicity für die Polizei bedeuten würde, aber auch weil sich einzelne DemonstranInnen beschwerten warum auf diesem Gelände Menschen gejagt werden würden und der Flüchtige sowieso außerhalb der Sichtweite der Polizei war.
Die ganze Situation klärte sich dann da der Flüchtige sich später bei der Polizei entschuldigte um Übergriffe der Polizei auf die Demo zu verhindern und natürlich um einer
Ingewahrsamnahme sowie Personalaufnahme zu entgehen, auch wenn es dafür keine rechtliche Grundlage gab. Nun aber zum eigentlichen Geschehen. Die Demo bestand aus drei Demo-Wagen, wo sich zwei Percussion-Groups drauf befanden und ein
Lautsprecher, jedoch fehlte leider aufgrund mangelnder Organisation eine Musikanlage. Die Stimmung der anwesenden Menschen ließ am Anfang noch zu wünschen übrig, dies änderte sich jedoch Stück für Stück. Da vor allem die
ImmigrantInnen für Schwung sorgten mit Parolen wie:“Say it loud, say it clear, refugees are welcome here!” oder “No borders, no nation! Stop deportation!”. Als sich
die Demo in der Innenstadt befand, war die Stimmung auf ihrem Höhepunkt und einige PassantInnen schlossen sich der Demo an.
Immer wieder ertönten Parolen wie “Nazis morden der Staat schiebt ab, … und Nazis Raus!”. Alles verlief
absolut friedlich. Jedoch drohte die Polizei den zwei gleichen DemonstranInnen, wie am Anfang mit Ingewahrsamnahme da diese mehrmals ein Quetschenpaua-Zitat durch den Lautsprecher verkündeten (“Achtung, Achtung! Hier sprechen die Autonomen!…”). Desweiteren hinderte die Polizei auch einige Teilnehmer an der Verteilung von Flyern an parkende Autos, was jedoch von fast niemandem
registriert wurde. Nach etwa 2 1/2 Stunden endete der Demo ‑Zug auf einem sandigen Versammlungsplatz, wo noch 30 Minuten eine Abschlußkundgebung abgehalten wurde.
Zu den Nazis ist zu sagen, daß kaum welche am Rande der Demo gesehen lassen haben, jedoch wurde die Abschlußkundgebung von der Anti-Antifa aus sicherer
Distanz aus einem schwarzen Auto, sowohl gefilmt als auch fotografiert.
Mein Fazit der Antirassimus-Demo ist, daß sich leider sehr wenige Menschen für die Aktion in Oranienburg begeistern ließen und die Demo aufgrund der Anzahl mehr ein Ausdruck für die hier bestehenden Verhältnisse war als ein
wirklich wirkungsvoller Protest. Auch in Zukunft werden Menschen hier Gefahr laufen, Opfer rechter Gewalt zu sein, da die Nazis hier auch von der gesellschaftlichen Mitte toleriert werden. darüber kann auch nicht die Teilnahme des
Bürgermeisters an der Demo hinwegtäuschen, da aktiv nichts getan wird um sich dem Straßenterror der Nazis in den Weg zu stellen und die Polizei sich eher um das Verbieten von polizei-kritschen Parolen kümmert, als Linke oder einfach
Andersaussehende zu schützen. Es gilt also in Zukunft sich tagtäglich zu organisieren und zu vernetzen um eine breitere Gegenstimmung gegen diese menschenverachtende Normalität in Oranienburg und Umgebung zu schaffen.
Übrigens gibt es inzwischen Pläne, eine Antifagruppe in Oranienburg zu gründen: Aufruf