Demonstration in Herzberg/Elbe-Elster
Im Rahmen des bundesweiten Aktionstags gegen rassistische Sondergesetze ruft das Bündnis gegen Lager Berlin-Brandenburg zu einer Demonstration in Herzberg, Landkreis Elbe-Elster auf.
Das Isolationslager Hohenleipisch schließen!
Dienstag, 22. März, 14 Uhr
Markt, Herzberg
Von Berlin fährt ein Regionalexpress nach Herzberg, von dort ca. 30 min zum Markt.
Treffpunkt: Bahnhof Südkreuz Service-Point, Dienstag, 22. März, 12 Uhr
22. März: Bundesweiter Aktionstag gegen rassistische Sondergesetze
Im November letzten Jahres kam es zu einer breiten Protestwelle von Flüchtlingen gegen die unerträglichen Lebensverhältnisse. Besonders in Bayern und Baden-Württemberg boykottierten mehrere Hundert Flüchtlinge Essenspakete, sie protestierten gegen die Lager- und Residenzpflicht.
Dieses Jahr debattiert der Bundestag über die Gesetze, die die Politik der Abschreckung und Ausgrenzung festschreiben. Unser Beitrag heißt: Widerstand!
Der 22. März ist der Start der Kampagne zur Abschaffung aller diskriminierenden Sondergesetze für Flüchtlinge. An diesem Tag finden in allen Bundesländern Aktionen und Demos statt — gegen das Asylbewerberleistungsgesetz, das die Sozialhilfe als „Sachleistungen“ (Wertgutscheine und Essenspakete) vorschreibt und die Sozialhilfe für Flüchtlinge auf 62 % des Hartz-IV-Satzes kürzt, — gegen Asylverfahrens- und Aufenthaltsgesetz, das die Unterbringung in Lagern und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit („Residenzpflicht“) vorschreibt.
Das Isolationslager Hohenleipisch
Ein drastisches Exemplar eines Isolationslagers liegt beim Dorf Hohenleipisch im Landkreis Elbe-Elster. Hier sind auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsanstalt der Wehrmacht etwa 100 Flüchtlinge untergebracht. Auch hier regt sich der Widerstand. Mit unserer Unterstützung haben die Bewohner_innen eine Resolution verfasst:
„Das Heim Hohenleipisch legt uns ein Leben in der Isolation auf. Wir sind in heruntergekommenen Armeebaracken untergebracht, mitten im Wald, umgeben von Wildschweinen.“ „Wir sagen Nein zur Isolation. Die einzige Lösung ist: Das Heim muss sofort geschlossen werden.“
„Wir fordern:
- Wohnungen für alle Flüchtlinge, die das wollen
- sofortige Arbeitserlaubnisse für alle
- die Abschaffung der Residenzpflicht“
Hintergrund: Politik der Flüchtlingsbekämpfung
Seit Langem ist bekannt, wie seit den frühen 1980er Jahre ein Abschreckungssystem gegen Flüchtlinge errichtet wurde. Dessen Ziel war es, die Lebensbedingungen von Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, so unattraktiv wie möglich zu gestalten. Damit sollte, wie es in der bayerischen Asyldurchführungsverordnung heißt, die »Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland« gefördert werden. Und diese Erfahrung sollte über die gebrochenen Rückkehrer an potenzielle Flüchtlinge in den Herkunftsländern kommuniziert werden, frei nach Lothar Späths Motto, »Geht nicht nach Baden-Württemberg, dort müsst ihr ins Lager«.
Die Bürokraten ließen sich einiges einfallen, wie sie das Leben von Flüchtlingen möglichst unerträglich gestalten können. Offiziell war die Rede von »flankierenden Maßnahmen«. Darunter fällt das Arbeitsverbot, die Lagerpflicht, das Sachleistungsprinzip, die Residenzpflicht. Diese Maßnahmen bilden einen Zusammenhang, der auf die Isolierung von Flüchtlingen abzielt. Isolation macht schwach, und schwache Menschen leisten keinen Widerstand, so das Kalkül der Bürokraten.
Doch das Kalkül geht nicht auf. Die Abschreckung läuft ins Leere. Immer mehr Flüchtlinge lassen sich nicht klein kriegen, sie nehmen sich, was ihnen zusteht, sie nehmen die Verteidigung ihrer Menschenwürde in die eigenen Hände. Dort, wo die Lebensbedingungen am unerträglichsten sind, in Bayern, verweigern sie kollektiv die Essenspakete und treten in den Hungerstreik. Der Widerstand wächst, auch in Baden-Württemberg und Thüringen. Die Grenze des Erträglichen ist schon lange überschritten.
Gleichzeitig debattieren Merkel & Co. über »Lockerungen« und »Integration«, meinen damit jedoch nur kosmetische Änderungen. Das Asylbewerberleistungsgesetz, seit 1993 Instrument der Diskriminierung, soll reformiert werden, so fordert es das Bundesverfassungsgericht. Die Residenzpflicht soll reformiert werden, so will es die FDP im Sinne der Mobilität von Arbeitskräften. Jedoch, institutioneller Rassismus lässt sich nicht reformieren, sondern nur abschaffen.
Die Flüchtlinge und Aktivist_innen aus antirassistischen Gruppen, die sich vom 10. bis 12. Dezember 2010 in der Frankfurter Uni trafen, beschlossen, einen Kontrapunkt gegen das Gerede über kosmetische Reformen zu setzen. Sie wollen ihre Stimme erheben, die in den Diskursen den Mainstreams nur als Betroffenheitsmaterial vorkommen, wenn überhaupt. Geplant sind zwei Fixpunkte für Aktionen: einen Aktionstag in allen Bundesländern am 22. März – and the Day of the »Anti-Isolation-Camp« im Juni in Berlin.