In Brandenburg sind Flüchtlinge immer wieder von willkürlichen Leistungskürzungen betroffen.
Die Initiative „Willkommenskreis Neuhardenberg“ und betroffene Flüchtlinge protestieren in dieser Woche gegen die rechtswidrigen Kürzungen in ihrem Landkreis. Der Flüchtlingsrat fordert sofortige Einstellung migrationspolitisch motivierter Leistungskürzungen.
Sozialämter in Brandenburg schikanieren Geflüchtete immer wieder mit Kürzungen der Sozialleistungen bis weit unter das menschenwürdige Existenzminimum. Im Landkreis Märkisch-Oderland etwa wurden Flüchtlinge über Monate mit willkürlichen Leistungskürzungen durch das Sozialamt konfrontiert. Hier wiegen die Schikanen besonders schwer: Das Sozialamt verweigerte die Zahlung auch nach Aufforderung durch das Sozialgericht zur entsprechenden Leistungserbringung. Die Initiative „Willkommenskreis
Neuhardenberg“ und betroffene Flüchtlinge veranstalten diese Woche Aktionstage vor dem Sozialamt, um sich gegen die verschiedenen willkürlichen Maßnahmen der Behörde zu wehren.
Auch in anderen Landkreisen erhalten Geflüchtete massiv gekürzte Leistungen oder sogar nur Warengutscheine, weil ihnen zum Beispiel bereits von einem anderen EU-Mitgliedsstaat ein Aufenthaltsrecht gewährt wurde. Sie sollen in Länder wie Bulgarien oder Italien zurückkehren, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen. Immer wieder stoppen Gerichte deswegen Abschiebungen in diese Länder. Die Leistungen werden dennoch verfassungswidrig gekürzt, obwohl noch nicht klar ist, ob die Betroffenen Deutschland überhaupt wieder verlassen müssen.
Dem Gedanken, es gäbe ein Existenzminimum unterhalb des Existenzminimums, hat das Bundesverfassungsgericht im Juli 2012 eine gründliche Absage erteilt. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist migrationspolitisch nicht zu relativieren. Dennoch kürzen Sozialämter die Leistungen, etwa wenn es um die Mitwirkung an der eigenen Abschiebung geht, immer wieder pauschal. Dabei wird häufig der Einzelfall außer Acht gelassen und zuweilen überschreiten die Ämter, wie in Märkisch-Oderland geschehen, ihre Kompetenzen. Die Praxis, Leistungen bei so genannter Nicht-Mitwirkung zu kürzen, die häufig nicht selbst sondern durch Botschaften und Behörden verschuldet ist, kann auch Flüchtlinge aus Afghanistan treffen, denen eine Abschiebung ins Kriegsgebiet droht. Die Leistungseinschränkung führt häufig dazu, dass die Betroffenen ihre AnwältInnen nicht mehr bezahlen können und damit ihren Rechtsbeistand verlieren.
Nur eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eine Eingliederung der Flüchtlinge in das System der Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II können die jahrelange Diskriminierung von Flüchtlingen beenden und deren gesellschaftliche Teilhabe von Anfang an ermöglichen. Diese Forderung stellt nicht nur der Flüchtlingsrat, sondern in Richtung Bund auch das Land Brandenburg. Dennoch toleriert die Landesregierung, wie bereits im letzten Jahr in Ostprignitz-Ruppin
geschehen (Link),
rechtswidrige und migrationspolitisch motivierte Leistungskürzungen im eigenen Bundesland, die in die Grundrechte der betroffenen Menschen eingreifen. Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert die Landesregierung daher auf, das verfassungsrechtliche Urteil zur Bestimmung des Existenzminimums ernst zu nehmen, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes vehement einzufordern sowie im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die schikanöse Praxis der
betreffenden Sozialämter im Land ein Ende hat.
Die Aktionstage am 3., 4. und 6. Juli 2017 finden jeweils von 08:00 bis 15:00 Uhr vor dem Sozialamt Seelow in 15306 Vierlinden, OT Diedersdorf/
Waldsiedlung statt,
siehe: Link
Übersicht über die Gesetzesgrundlage: Hier
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