Am 24.10.2009 versammelten sich Antifaschist_innen am Magnus Zeller-Platz
um gemeinsam durch den Schlaatz zu spazieren um auf die aktuellen
Ereignisse aufmerksam zu machen. Sie verteilten dabei Flyer an
Anwohner_innen, steckten Flyer in Briefkästen und entfernten
Nazipropaganda wie zum Beispiel Aufkleber. Anlass für diese Aktion war ein
erneuter Brandanschlag von Neonazis auf den Integrationgarten am Schlaatz.
Der Flyertext:
6 Brandanschläge sind 6 zuviel
Bereits zum sechsten mal verübten Unbekannte in der Nacht zum Samstag
einen Brandanschlag auf den Integrationsgarten am Schlaatz. Für insgesamt
14 Schlaatzer Familien unterschiedlicher Nationalitäten ist er ein Ort des
Kennenlernens. Neben dem Anbau von Obst und Gemüse finden hier auch
Konzerte, Lesungen und Kinderfeste statt. Ebendso gibt es eine Bibliothek
und ein grünes Klassenzimmer für die Schüler_innen der benachbarten
Weidenhofschule.
2004 wurde der Garten in gemeinschaftlicher Arbeit errichtet, im Frühjahr
2006 brannte es zum ersten mal. Die Gemeinschaftslaube wurde dabei völlig
zerstört. Nachdem im Dezember 2007 die Laube zunächst aufgebrochen und
ein paar Tage später wieder in Brand gesetzt wurde, errichtete der
Kulturbund die Laube aus Stein. Ohne Spenden und viel ehrenamtliches
Engagement hätte der Verein das Projekt an dieser Stelle schon aufgeben
müssen. Doch auch der massive Neubau sollte nicht vor zwei weiteren
Brandanschlägen im Jahr 2008 schützen.
Bei einer Brandserie im Mai diesen Jahres griffen Unbekannte dann zum
ersten mal auch die Geschäftsräume des Kulturbundes, Betreiber des
Integrationsgartens, an. Zahlreiche wichtige Unterlagen wurden dabei
verbrannt. An diesem Tag wurden auch ein Gebäudeteil des leeren
Asylbewerber_innenheims am Lerchensteig sowie das Café Goldmund von
unbekannten angezündet. Auf dem Gelände des Cafés befindet sich auch das
jüdische Kultur‑, Integrations- und Beratungszentrum (KIBuZ). Ein
Zusammenhang oder rechtsextremes Motiv wurde zwar von den Geschädigten
vermutet, von der Polizei jedoch nie bestätigt.
Nachdem beim Brandanschlag am 18.10., den vergangenen Samstag nun unter
anderem auch ein 20x20cm großes Hakenkreuz gesprüht wurde, ist ein
rassistisches Motiv nur schwer zu leugnen. Offenbar wird hier gezielt und
gewalttätig dem Integrationsprojekt sowie der Arbeit des Kulturbundes
entgegengewirkt.
Der Rassismus wendet sich schon längst nicht mehr nur gegen Menschen mit
Migrationshintergrund oder Menschen, die eine andere Hautfarbe haben,
anders sprechen oder aussehen. Betroffen sind auch die, die sich gegen
Rassismus und für ein gegenseitiges Kennenlernen einsetzen.
Die Antwort der Stadt auf die Brandanschläge waren 2006 und sind auch
heute noch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. Ein höherer Zaun, ein
Sicherheitssystem, Bewegungsmelder und höhere Polizeipräsenz. Der Garten,
eigentlich ein Ort zum offenen und ungezwungenen Kennenlernen, wird so in
seiner Freiheit eingeschränkt. In einem Hochsicherheitstrakt macht ein
solches Integrationsprojekt nur wenig Sinn. Die Sicherheitsmaßnahmen sind
keine langfristige Lösung und bekämpfen das tatsächliche Problem nicht.
Das können wir besonders stark nach der Verlegung des
Asylbewerber_innenheimes in den Schlaatz sehen. Auch hier reißen die
Übergriffe und Bedrohungen nicht ab. Sowohl das Heim selbst als auch die
Bewohner_innen sind fast täglich mit rassistischen Anfeindungen
konfrontiert und auch die Anzahl der Propagandaaktionen, in Form von
Nazi-Aufklebern oder Plakaten ist hoch. Wer sich mit der Situation am
Schlaatz und den Betroffenen auseinandersetzt, kann nicht mehr leugnen,
dass ein Bedrohungszenario besteht.
Egal ob mit oder ohne zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen: an ein Abflauen
der rassistischen Aktivitäten am Schlaatz glauben nach 3 Jahren
kontinuierlicher Brandanschläge und zahlreicher anderer Übergriffe wohl
nur die wenigsten der Betroffenen.
Viel wirksamer ist ein Umfeld, dass im rassistischen Alltag nicht weg-
sondern genau hinsieht, die Betroffenen unterstützt und gegen rassistische
Übergriffe aktiv vorgeht. Wir möchten alle Anwohner_innen des Schlaatz
aufrufen, sich in täglicher Zivilcourage zu üben und rechtem und
rassistischem Gedankengut keinen Platz zu lassen. Nur weil wir Rassismus
nicht selbst zu spüren bekommen, heißt es nicht, dass er uns nichts an
geht. Wir alle wissen, was es heißt, einen rechten Konsens stillschweigend
zu akzeptieren und nicht dagegen anzukämpfen!
Also werdet aktiv, vernichtet Nazi-Propaganda, greift ein wenn wieder
jemand bedroht oder zusammengeschlagen wird, schließt euch zusammen mit
den Betroffenen!
Rassismus geht uns alle an!