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Brandenburg an der Havel: Informationsveranstaltung zur Errichtung einer Asylunterkunft am Neuendorfer Sand

Titel
Am gestri­gen Abend führten Vertreter_innen der Stadtver­wal­tung von Bran­den­burg an der Hav­el eine Infor­ma­tionsver­anstal­tung zum geplanten Neubau ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende am Neuen­dor­fer Sand durch. Unge­fähr 50 Men­schen nah­men diesen Ter­min wahr. Sowohl Asylgegner_innen als auch Befür­worter kamen dabei zu Wort.
All­ge­meine Informationen
Zunächst ver­mit­telte ein Vertreter der Stadt erst ein­mal all­ge­meinen Überblick, über die Men­schen, die kom­men wer­den, ihren rechtlichen Sta­tus und welche Art der Unter­bringung für sie angestrebt wird. Im Übri­gen wurde auch in dieser Ver­anstal­tung noch ein­mal dargestellt, dass die Auf­nahme von Asyl­suchen­den geord­net und nach einem bes­timmten Regle­ment abläuft.
Erster Anlauf­punkt für Men­schen, die im Land Bran­den­burg Asyl suchen, ist so zunächst die Erstauf­nah­meein­rich­tung in Eisen­hüt­ten­stadt (Land­kreis Oder-Spree). Dort find­et dann u.a. eine Erfas­sung ihrer Dat­en sowie eine gesund­heitliche Unter­suchung statt. Anschließend wer­den die Asyl­suchen­den über einen Verteilungss­chlüs­sel auf die einzel­nen Land­kreise und kre­is­freien Städte verteilt.
Die Stadt Bran­den­burg an der Hav­el hat dies­bezüglich beispiel­sweise die Pflicht 2,7 % der im Land aufzunehmenden Men­schen eine Unterkun­ft zur Ver­fü­gung zu stellen.
Momen­tan leben 258 Asyl­suchende in der Havel­stadt, davon 179 in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft in der Flämingstraße und ins­ge­samt 79 in Wohnungen.
Um bis Ende 2015 weit­ere Men­schen aufnehmen zu kön­nen, ist nun geplant die Flämingstraße um 50 neue Plätze zu erweit­ern und neue Unterkün­fte in der Fohrder Land­straße, mit 105 Plätzen, sowie eben am Neuen­dor­fer Sand, mit 100 Plätzen, zu schaf­fen. Des Weit­eren­sollen 160 Woh­nun­gen angemietet werden.
Fra­gen, Antworten und Willkommenskultur
In der anschließen­den Frages­tunde bracht­en dann zunächst die Asylgegner_innenihre Vorurteile gegenüber Asyl­suchen­den durch entsprechende Anfra­gen an die Mod­er­a­tion zum Aus­druck. Warum der Stan­dort Neuen­dor­fer Sand? Warum soviel Geld für Asyl­suchende aus­geben? Kom­men eigentlich nur Män­ner und wäre es nicht bess­er, wenn sie ihre Heimat auf­bauen wür­den? Wie sieht der Gesund­heitss­chutz aus? Woher haben die das Geld für teure Fitnessstudios?
Die Stadtver­wal­tung ihrer­seits hat­te sich aber anscheinend gut auf die Ver­anstal­tung vor­bere­it­et und entsprechende Sach­bear­beit­er gle­ich mit ein­ge­laden, die auch auf die abstruses­ten Fra­gen kom­pe­tent antworten und so die beste­hen­den Vorurteile – zumin­d­est für die Mehrheit­der Anwe­senden – sach­lich entkräften konnten.
Hin­sichtlich der Stan­dort­wahl wurde noch ein­mal betont, dass die Sied­lung am Neuen­dor­fer Sand nicht der einzige Ort in Bran­den­burg an der Hav­el ist, in dem Asyl­suchende unterge­bracht wer­den sollen. Allerd­ings gäbe es für die hier geplante Neuein­rich­tung an anderen Punk­ten in der Stadt kaum ver­gle­ich­bar gute Stan­dortbe­din­gun­gen. Dies­bezüglich wur­den alle möglichen alter­na­tiv­en Stan­dorte, so der Sach­bear­beit­er der Stadt, genau geprüft und sorgfältig gegeneinan­der abge­wogen, auch im Hin­blick auf die Kosten. Dazu bemerk­te übri­gens ein Bürg­er, dass die Kosten­frage irrel­e­vant sei. Schließlich wer­den, sein­er Mei­n­ung nach, jährlich Mil­liar­den­werte an Waf­fen­tech­nik in die Krisen­län­der geliefert, so dass sich jet­zt nicht gewun­dert muss, wenn die Men­schen von dort aus Furcht vor Krieg, Folter und Vertrei­bung nun hier­her kommen.
Das jedoch vor allem Män­ner aus diesen Län­dern kom­men, lässt sich hinge­gen nicht bestre­it­en. Hier wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Stra­pazen ein­er Flucht, zum Teil über mehrere tausend Kilo­me­ter, durch Krisen­ge­bi­ete, übers Mit­telmeer, für viele Frauen und Kinder ein­fach nicht trag­bar sind und häu­fig den sicheren Tod bedeuten. Das heiße allerd­ings nicht, dass diese in ihren Heimatlän­dern keine Gefahr aus­ge­set­zt sind. Hin­ter jedem Akt der Flucht steckt eben meist noch ein viel größeres Dra­ma. Zudem wurde auch noch ein­mal darauf hingewiesen, dass keines der Krisen­län­der dieser Welt mit europäis­chen Staat­en ver­gle­ich­bar ist und ein gefordert­er „Auf­bau der Heimat“ auf­grund der Gegeben­heit­en vor Ort wohl eher eine roman­tis­che Illu­sion sei.
Hin­sichtlich des Gesund­heitss­chutzes müsse sich hinge­gen keine Sor­gen gemacht wer­den, da alle Asyl­suchen­den bere­its in Eisen­hüt­ten­stadt unter­sucht wür­den. Sollte es trotz­dem zu Krankheit­saus­brüchen kom­men, würde zunächst die gesamte Erstauf­nah­meein­rich­tung so lange in den Quar­an­tänezu­s­tand ver­set­zt, bis kein Risiko mehr für die Bevölkerung beste­ht. Zudem wurde im Hin­blick auf die zuvor konkret the­ma­tisierten Masern hingewiesen, dass der Tod eines kleinen­Jun­gen in Berlin vor allem auf die Impfver­weigerung sein­er deutschen Eltern zurück­zuführen ist.
Klar wider­sprochen wurde auch den immer wieder aufk­om­menden Fra­gen, ob Asyl­suchende beson­ders und ins­beson­dere finanziell bevorteilt wür­den. Laut den Angaben der Sozialdez­er­nentin erhal­ten Men­schen, die in Bran­den­burg an der Hav­el Asyl gefun­den haben und in Woh­nun­gen unterge­bracht sind, jedoch lediglich 359,00 € im Monat, das sind 40,00 € weniger als deutschen Staats­bürg­ern gemäß geset­zlich­er Grund­sicherung nach dem zweit­en Sozialge­set­zbuch (Hartz IV) zu ste­ht. Asyl­suchende die in einem Heim unterge­bracht sind, erhal­ten sog­ar noch weniger, näm­lich unge­fähr 328,00 € im Monat. Was sie mit Ihrem Geld allerd­ings machen, ob sie sich damit Essen und Klei­dung kaufen oder Sport treiben, bleibt ihnen allein überlassen.
Darüber hin­aus wird natür­lich angestrebt, dass die Asyl­suchen­den möglichst schnell in ein Beschäf­ti­gungsver­hält­nis kom­men, so dass sie sich ihren Leben­sun­ter­halt selb­st finanzieren kön­nen. Dies ist jedoch erst früh­estens nach drei Monat­en nach der Ankun­ft möglich und auch nur dann, wenn dadurch keine deutschen Staatsbürger_innen oder EU-Bürg­er_in­nen benachteiligt werden.
Damit waren dann auch die wesentlich­sten Fra­gen beant­wortet. Sicher­lich blieben einige der Anwe­senden, u.a. eine kleinere Gruppe älter­er Herrschaften, die ver­sucht­en aus­län­der­feindliche Ressen­ti­ments zu schüren, oder Einzelper­so­n­en, die unlängst bei den BraMM-Demos mitliefen, weit­er­hin skep­tisch, dafür melde­ten sich im Laufe des Abends immer mehr Men­schen, die sich erkundigten, wie genau geholfen wer­den kann.
Dies griff die Stadt natür­lich gerne auf und betonte, dass ehre­namtliche Hil­fe sehr willkom­men ist. Ins­beson­dere Men­schen die Deutschken­nt­nisse ver­mit­teln kön­nten wür­den drin­gend gebraucht wer­den. Über­haupt sei die Sprache eines der besten Mit­tel um sich einan­der kennenzulernen,so Vorurteile abzubauen und Inte­gra­tion dadurch zu fördern.
Auch der Leit­er der beste­hen­den Asy­lun­terkun­ft in der Flämingstraße meldete sich zu Wort und bestätigte, dass er bish­er keine schlecht­en Erfahrun­gen in seine Heim gemacht habe. Viele der dort unterge­bracht­en Men­schen seien von der Sit­u­a­tion in ihrem Heimat­land und der lan­gen Flucht geze­ich­net und sehn­ten sich eher nach Ruhe. Vie­len muss auch in der Bewäl­ti­gung ihres All­t­ags geholfen wer­den, da manche Dinge, die hier selb­stver­ständlich sind, in ihren Heimatlän­dern gar nicht existierten.
Des Weit­eren wur­den Begeg­nungsmöglichkeit­en und Willkom­mensfeste angeregt um sich bess­er ken­nen­zuler­nen. Dies­bezüglich ver­wies die Stadt aber auch auf schon beste­hende Ange­bote, wie die „Interkul­turelle Woche“ und ähn­liche Ver­anstal­tungsrei­hen, die gern häu­figer fre­quen­tiert wer­den können.
Die neue Asy­lun­terkun­ft am Neuen­dor­fer Sand soll ab Herb­st 2015 bezugs­bere­it sein.
Fotos: hier

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