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Antifaschismus

Ein AfD-Parteitag und ein toter Neonazi

In Bies­dorf begin­nt der Auf­bau des Zelts für den AfD-Parteitag. Das von der Sen­atsver­wal­tung für Finanzen ver­mi­etete Grund­stück wird von der Fir­ma „Ger­man Secu­ri­ty“ aus Falkensee bewacht, die enge Verbindun­gen zur organ­isierten Krim­i­nal­ität und zur Neon­aziszene hat, ins­beson­dere zur mil­i­tan­ten Brud­er­schaft „Ham­mer­skins“, die auch den NSU unter­stützte. Die AfD greift gerne und regelmäßig auf die Dien­ste der Fir­ma zurück.

Clubs, Stadt­feste, Einkauf­szen­tren, Sportevents, Städte und Gemein­den – die Kun­den­liste von „Ger­man Secu­ri­ty“ aus Falkensee kann sich sehen lassen. Die 2003 von Chris­t­ian Hecht gegrün­dete Fir­ma ist ein etabliert­er Play­er im Sicher­heits­gewerbe in Bran­den­burg und Berlin. Mit regelmäßi­gen Klein­spenden an Vere­ine im Havel­land wird das Image aufgebessert, was auch nötig ist, denn immer wieder wer­den neon­azis­tis­che Bezüge und die ras­sis­tis­che Arbeitsweise der Fir­ma deut­lich, so z.B. als 2016 bei ein­er Par­ty im Oranien­burg­er „Oranien­werk“ zwei syrische Geflüchtete mit den Worten „nur für Deutsche“ abgewiesen wurden.

Weitaus mehr öffentliche Aufmerk­samkeit bekam „Ger­man Secu­ri­ty“ im Sep­tem­ber 2017, als man den Schutz für eine AfD-Kundge­bung mit Björn Höcke in Pots­dam stellte. Beobachter*innen erkan­nten unter den Mitar­beit­ern vor Ort den Pots­damer Neon­azi Gabor Grett, der den „Freien Kräften Pots­dam“ zugerech­net wurde und sich heute im Umfeld der Neon­azi­partei „Der Dritte Weg“ bewegt. 2008 posierten Grett und Kam­er­aden mit Hit­ler­gruß, Base­ballschläger und Macheten. Dank antifaschis­tis­ch­er Inter­ven­tio­nen ver­lor Grett eine Rei­he von Sicher­heits-Jobs, bei „Ger­man Secu­ri­ty“ wurde er aber freilich mit offe­nen Armen emp­fan­gen. Kein Einzelfall, wie sich noch zeigen wird.#

Gabor Grett bei der Höcke-Kundgebung am 9.9.2017 in Potsdam. Foto: RechercheNetzwerk Berlin
Gabor Grett bei der Höcke-Kundge­bung am 9.9.2017 in Pots­dam. Foto: Recherch­eNet­zw­erk Berlin
Gabor Grett (r.u.) mit Hit­ler­gruß, seine Kam­er­aden mit Waf­fen. Foto: arpu / Anti­farecherche Potsdam/Umland

Für die AfD in Bran­den­burg und Berlin ist „Ger­man Secu­ri­ty“ ein ver­lässlich­er und regelmäßiger Part­ner. Neben der Pots­damer Höcke-Kundge­bung wurde die Fir­ma bspw. am 7.11.2018 für eine Ver­anstal­tung mit dem Berlin­er „Flügel“-Chef und Abge­ord­neten Thorsten Weiß im „Casa Toro Negro“ in Nauen ange­heuert. In Berlin greift der Bezirksver­band Mitte von Beat­rix von Storch regelmäßig auf die Fir­ma zurück – zulet­zt wurde am 27.3.2021 ein Info­s­tand in der Müller­straße im Wed­ding von zwei „Ger­man Security“-Mitarbeitern bewacht. Auch das Bezirk­samt Span­dau wird zu den Kun­den gezählt, was auf die Zuständigkeit für Facil­i­ty Man­age­ment des AfD-Stad­trats Andreas Otti zurück­zuführen sein dürfte. Und nun die Lan­desparteitage bzw. Wahlver­samm­lun­gen in Bies­dorf: ein durchge­hen­der Ein­satz über mehrere Wochen, der nach Ein­schätzung von Beobachter*innen einen mit­tleren fün­f­stel­li­gen Betrag in die Kasse spülen dürfte. Geld, das dann wieder teil­weise für PR-Aktio­nen mit Vere­inen ver­wen­det wird, die regelmäßig auf Face­book doku­men­tiert werden.

Legale Struk­turen für mil­i­tante Neonazis

Eben­falls auf Face­book doku­men­tiert ist eine Trauer­anzeige für den „Mitar­beit­er, Fre­und und Kam­er­aden“ Mir­co Jäp­pelt, der Anfang 2021 im Alter von 56 Jahren das zeitliche seg­nete. Jäp­pelt ist Berlin­er Antifaschist*innen schon seit über 20 Jahren ein Begriff. Schon in der ersten Aus­gabe des Antifam­agazins „Fight Back“ 2001 wurde Jäp­pelt als Chef der NPD Pren­zlauer Berg / Mitte benan­nt. Ein undatiertes Foto zeigt ihn am Front­trans­par­ent auf ein­er Demon­stra­tion, die der „Blood & Honour“-Führungskader Thorsten Heise organ­isiert hat­te. Seine Schwest­er Clau­dia Jäp­pelt war eben­falls NPD-Funk­tionärin und hat­te zuvor mit der späteren Berlin­er NPD-Vizechefin Stel­la Palau den „Skingirl Fre­un­deskreis Deutsch­land“ (SFD) aufgebaut.

Trauer­anzeige von „Ger­man Secu­ri­ty“. Foto: Facebook
Mir­co Jäp­pelt (3.v.r.) am Front­trans­par­ent, Organ­isator Thorsten Heise (l.). Foto: Fight Back / antifa-berlin.info

Mir­co Jäp­pelt, der vor allem in der recht­en Hooli­gan­szene des Berlin­er Fußball Club Dynamo (BFC) organ­isiert war, unter­hielt seit den 1990ern gute Kon­tak­te in die Struk­tur der mil­i­tan­ten Neon­az­i­brud­er­schaft „Ham­mer­skins“. So besuchte er 1996 ein Konz­ert im Raum Anklam, das den Ham­mer­skins zugeschrieben wurde, und war 1998 Teil­nehmer ein­er Feier­lichkeit der Ham­mer­skins in der Nähe von Lüneb­urg. In der Nacht vom 6.3. auf den 7.3.1999  war er zudem an einem bru­tal­en Über­fall auf einen Jugend­club im ost­säch­sis­chen Gohrisch beteiligt. Ham­mer­skins aus Berlin und Sach­sen waren gemein­sam mit BFC-Hools dor­thin aufge­brochen, um eine Auseinan­der­set­zung eines ihrer Kam­er­aden mit Neon­azis von den „Skin­heads Säch­sis­che Schweiz“ (SSS) zu rächen – als diese nicht erschienen, sucht­en sie sich willkür­lich das Punkkonz­ert im Jugend­club als Angriff­sziel aus. Bei dem Angriff wur­den mehrere Jugendliche verletzt.

Zu den Kon­do­len­ten auf Face­book gehören alte Bekan­nte der Berlin­er Neon­aziszene wie Alexan­der Bahls, ehe­mals Schlagzeuger der Band „Spreegeschwad­er„, die sich in den 1990er Jahren im Milieu der Ham­mer­skins bewegte. Bahls selb­st gehörte später der Neon­azi-Gruppe „Van­dalen“ an. Let­zte Grüße gab es auch von Timo Eck­hardt. Er war ein­er enger Fre­und von Jäp­pelt, gehört bis heute zur recht­en Hooli­gan­szene Berlins. Mit Jäp­pelt und beteiligte er sich eben­falls an dem Über­fall im säch­sis­chen Gohrisch 1999. Vor weni­gen Jahren gehörte Eck­hardt zudem dem nahen Umfeld von Alexan­der Bahls und dessen Bek­lei­dungs­geschäft „Herz und Seele“ in Hellers­dorf an.

Die von „Ger­man Secu­ri­ty“ organ­isierte Trauer­feier soll am 26.6.2021 im Club­haus des „Lone’s MC“ in Dall­gow-Döberitz bei Span­dau stattfinden.

Foto: Alexan­der-Willibald Bahls. Foto: linksun­ten / antifa-berlin
Foto: Heiko For­manows­ki. Foto: Facebook

Präsi­dent des „Lone’s MC“ ist Heiko For­manows­ki, der um 2000 Mit­glied der Berlin­er Ham­mer­skins war. Zulet­zt kon­nte er auf der Jahres­feier der Neon­azi-Brud­er­schaft in 2003 in Berlin fest­gestellt wer­den, die let­ztlich durch das SEK aufgelöst wurde. Bilder der Feier zeigen ihn in einem Pullover, auf dem das Erken­nungsze­ichen der Ham­mer­skins gedruckt war: die gekreuten Häm­mer, dazu der Schriftzug „Ham­mer­skins Berlin“. For­manows­ki betreibt heute das Tat­toos­t­u­dio „Inkperi­um“ im Wes­t­end, wo er auch Naz­i­mo­tive sticht. Auch mit Timo Eck­hardt ist For­manows­ki befreundet.

Im Club­haus von For­manowskis „Lone’s MC“ fan­den in der Ver­gan­gen­heit bere­its ein­schlägige Ver­anstal­tun­gen statt. Etwa Konz­erte der recht­en Oi-Band „Bul­len­schub­ser“ aus Berlin und das kon­spir­a­tiv organ­isierte rechte Oi-Fes­ti­val „Oi! The New Old Breed“ im Juli 2019, mit Bands wie „Con­demned 84“ aus England.

Sebas­t­ian Kairies (l.), Vizepräsi­dent der „Schwarzen Schar“. Foto: Facebook
Neon­azis­tis­ches Tat­toomo­tiv, das im „Inkperi­um“ gestochen wurde. Foto: Inkperium

Eine weit­ere bemerkenswerte Bekan­ntschaft des „Ger­man Security“-Geschäftsführers Hecht tritt auf der Face­book­seite der Fir­ma nicht namentlich auf, son­dern nur unter dem pathoss­chwan­geren Mot­to „Tät­towierte gegen Krebs“ – Sebas­t­ian Kairies aus Wis­mar, Vizepräsi­dent des Out­law-MC „Schwarze Schar“, der 2014 ver­boten wurde. Die Mit­glieder der „Schwarzen Schar“ hat­ten nicht nur durchge­hend Neon­az­i­hin­ter­gründe, son­dern beg­in­gen neben Pros­ti­tu­tion und Dro­gengeschäften auch schw­er­ste Gewaltverbrechen.

Fol­gerichtige Zusammenarbeit

Per­so­n­en aus dem Ham­mer­skin-Milieu und andere Neon­azistruk­turen, mit denen „Ger­man Secu­ri­ty“ ver­ban­delt ist, sind für unzäh­lige Gewalt­tat­en bis hin zu Mor­den ver­ant­wortlich. So war der Berlin­er Ham­mer­skin Nor­man Züh­lke am Mord an Gün­ter Schwan­necke beteiligt und auch Thomas Ger­lach, langjährig aktiv­er Ham­mer­skin beim säch­sis­chen Ableger der Neon­azi-Brud­er­schaft, unter­hält Kon­tak­te in recht­ster­ror­is­tis­che Struk­turen. Er zählte zum Unter­stützungskreis des „Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grund“ (NSU).

Die Verbindung der Berlin­er und Bran­den­burg­er AfD zu diesen Struk­turen, in denen die „Ger­man Secu­ri­ty“ einge­bet­tet ist, spricht Bände. Sie rei­ht sich ein in eine lange Liste, die bekräftigt, dass die Partei der par­la­men­tarische Arm gefes­tigter, mil­i­tan­ter und gar recht­ster­ror­is­tis­ch­er Neon­azi-Struk­turen ist und diese, am Beispiel des Sicher­heit­sun­ternehmens, finanziell unter­stützt. Diesen Arm gilt es zu brechen.

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