INFORIOT Aufgrund einer Sabotageaktion konnte eine Neonazi-Demonstration am Samstag in Spremberg (Spree-Neiße) nur mit massiver Verspätung stattfinden.
Obendrein wurde der NPD-Aufzug zu einem späteren Zeitpunkt aus einem leer stehenden Haus in eine Feuerlöscher-Nebelschwade gehüllt.
An der rechten Demo nahmen 120 Personen teil. An verschiedenen Protestaktionen beteiligten sich insgesamt mehrere hundert Menschen.
Keine deutsche Pünktlichkeit
Offenbar war ein Zug mit anreisenden Neonazis vor der Ankunft gestoppt worden. Es hieß, es sei ein Baumstamm auf die Gleise gelegt worden, der die Weiterfahrt verhindert hätte. Dadurch verzögerte sich der Beginn der rechten Demonstration um über zwei Stunden: anstatt um 12 Uhr ging es erst 14.15 Uhr vom Spremberger Bahnhof aus los.
Die 120 Neonazis liefen von dort einen großen Bogen vom Bahnhof in die Innenstadt, in ein Neubaugebiet und dann zurück Richtung Bahnhof. Mit dem Aufzug unter dem Motto “Arbeit statt Abwanderung! Gegen Globalisierung und Kapitalismus” wollte die NPD den Startpunkt für eine “Antiabwanderungskampagne” in Spremberg setzen.
Unter den TeilnehmerInnen befanden sich NPD-Aktive sowie “Kameradschafts”-AnhängerInnen, die vor allem aus der Region und aus dem restlichen Land Brandenburg kamen.
Hetzerische Parolen
Die NPD behauptet bei anderen Gelegenheiten gerne, dass sie selbst “demokratisch” sei. In Spremberg hingegen waren die meistgerufenen Parolen offen demokratiefeindlich und pronazistisch: “Wer hat uns verraten? Die Demokraten! Wer macht damit Schluss? Nationaler Sozialismus!” wurde ebenso skandiert wie “BRD heißt Kapitulation! Ruhm und Ehre der deutschen Nation!”
Als RednerInnen traten Ronny Zasowk (NPD-Kreischef Lausitz), Arne Schimmer (NPD-Landtagsabgeordneter in Sachsen) und Bea Koch (Region Neuruppin und Osthavelland) auf. Als Einpeitscher für die Parolen fungierte der JN-Aktivist Pierre Dornbrach. Auffallend viele einheimische Neonazis trugen T‑Shirts mit der Aufschrift “Nationaler Widerstand Spremberg”.
Antifa setzte auf dezentrale Aktionen
Antifas aus Spremberg hatten im Vorfeld zu dezentralen Protestaktionen aufgerufen. In der Innenstadt war eine spürbare Präsenz von Antifas vorhanden. Und auch direkt an der Route der Neonazis kam es immer wieder zu lauten Protestbekundungen.
Unternehmens-Fest am Marktplatz
Am Marktplatz in Spremberg fand derweil ein “Tag des offenen Unternehmens” statt, der ein Zeichen “gegen Extremismus” setzen sollte. Bis auf wenige Plakate wurde dieses Anliegen jedoch kaum vermittelt.
Essenstände boten Imbisse an, verschiedene Firmen präsentierten ihre Tätigkeit und dazu gab es ein Kulturprogramm von Volksmusik bis Spielmannszug. Auf dem “Tag des offenen Unternehmens” hielten sich — bei einer gewissen Fluktuation — meist rund 70 Personen auf.
Umzug von “Laut:Stark”
Eine Initiative mit dem Namen “Laut:Stark gegen Nazis” hatte indes zu einem Umzug durch Spremberg aufgerufen. Mit einem Zeitabstand von einer halben Stunde wurde zu den Klängen von Popmusik auf der Neonaziroute den Rechten hinterhergelaufen.
Die VeranstalterInnen wollten “die gesellschaftliche Mitte” ansprechen und gegen Nazis, aber vor allem gegen “Extremismus und Gewalt, egal woher” demonstrieren: “Wo keine Nazis sind, sind auch keine Linksextremen”. Ein Hauptargument gegen die NPD-Demo: “zahlreiche ausländische Investoren und Unternehmer” seien “Garant und Rückgrat unserer regionalen Arbeitsplätze”.
Anstatt der erhofften zwei bis dreitausend Personen nahmen am Umzug von “Laut:Stark” nur rund 150 Menschen teil, die neben den beiden Lautsprecher-LKWs zeitweise etwas verloren wirkten.
Somit waren die Protestaktionen aus sehr unterschiedlichen Motiven gestartet und voneinander entfernt durchgeführt worden. Insgesamt kamen sicherlich dennoch mehrere hundert Personen zusammen — die Neonazis blieben in der Unterzahl.
Großes Polizeiaufgebot
Die Polizei war mit einem personenstarken Aufgebot in Spremberg präsent und es standen zwei Räumpanzer bereit. Zu wievielen Festnahmen oder Ingewahrsamnahmen es gekommen ist, ist derzeit unbekannt. Laut einer Meldung der Lausitzer Rundschau wurden 17 Personen nach einem Flaschenwurf in der Innenstadt in Gewahrsam genommen. Über weitere mögliche Zwischenfälle nach dem Demonstrationsende ist derzeit nichts bekannt.
In Spremberg und der umliegenden Region hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder, oft auch massive Nazigewalt gegeben.