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Law & Order

Freischlag für Polizisten

Rück­blick: 24.09.2011, Neu­rup­pin. Anlässlich eines Nazi­auf­marsches in der Stadt kommt es zu friedlichen Sitzblock­aden gegen diesen. Ein Neu­rup­pin­er im Rentenal­ter ist für das “Aktions­bünd­nis Neu­rup­pin bleibt bunt” als Ord­ner tätig. Er wird von zwei Polizis­ten aufge­fordert, den Kreuzungs­bere­ich auf dem die Block­ade stat­tfind­et, zu ver­lassen. Dabei stand die Per­son am Rande der Block­ade und erk­lärte ihre Auf­gabe wäre die Deeskala­tion der Sit­u­a­tion. Sie wird trotz­dem aufge­fordert, zwecks Iden­titäts­fest­stel­lung in den Bere­ich des polizeilichen Kessels mitzukom­men. Nach ver­balem Wider­spruch dage­gen wird die Per­son von bei­den Beamten gegrif­f­en und abge­führt. Als der ver­bale Protest nicht aufhört, ver­set­zt ein­er der Beamten ihm einen Faustschlag in die Rip­pen. Die betrof­fene Per­son fotografiert den schla­gen­den Polizis­ten und stellt Strafanzeige gegen ihn.
Es verge­hen einige Jahre und schließlich kommt es zum Prozess gegen den Schläger. In der Ver­hand­lung bestre­it­et er die Vor­würfe. Das Amts­gericht Neu­rup­pin verurteilt ihn erstin­stan­zlich zu ein­er Geld­strafe von 60 Tagessätzen zu je 50,00€ (ins­ge­samt 3.000,00€). Der Polizist legt Revi­sion ein und der Fall wird an das Landgericht verwiesen.
Heute, am 09.02.2015 fand dieses Ver­fahren statt. Gle­ich zu Beginn der Ver­hand­lung zeich­nen sich Absprachen zwis­chen der Vertei­di­gung und der Staat­san­waltschaft ab. Der Beamte geste­ht dann die Vor­würfe und begrün­det den Vor­fall mit “ein­er Sicherung, die ihm kurzzeit­ig durchgek­nallt sei”. Im Tausch gegen dieses Geständ­nis wird eine Ein­stel­lung des Ver­fahrens gegen Zahlung ein­er Geld­summe (siehe §153a) in Aus­sicht gestellt. Nach Beratung kom­men die Richter zum Urteil, dass dieser Vorge­hensweise zuzus­tim­men ist, da die Schuld ger­ing (“nur” eine Prel­lung des Rip­pen­bo­gens bei einem Rent­ner) und dem öffentlichen Inter­esse mit der Geldzahlung genüge getan wäre. Es sei ange­merkt, dass die öffentliche Sitzung gut besucht war. Der Beamte zahlt jet­zt also 3.000,00€ an einen Hos­pizvere­in und darf sich weit­er­hin als nicht vorbe­straft beze­ich­nen. Dien­stliche Kon­se­quen­zen wird es für ihn wohl nicht geben.
Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht für alle Men­schen, die sich Neon­azi­aufmärschen in den Weg stellen. Wir erwarten und haben in der Ver­gan­gen­heit allerd­ings kein anderes Ver­hal­ten von der deutschen Jus­tiz beobachtet. Ver­fahren gegen Polizeibeamte wer­den nicht zur Verurteilung gebracht.
Trotz­dem hal­ten wir es für notwendig, auf die offen­sichtliche Ver­tuschung von “ungerecht­fer­tigter Gewal­tan­wen­dung” durch Polizeibeamte aufmerk­sam zu machen. An diesem Fall ist exem­plar­isch zu sehen, wie Beamte – selb­st wenn sie ihre Straftat­en zu geben – von der Jus­tiz geschont wer­den. Zwar muss der Beamte eine Geld­strafe zahlen – der Fall wird aber in der Öffentlichkeit verz­er­rt wahrgenom­men. Nochmal: Da geste­ht ein Polizist eine Kör­per­ver­let­zung (zumal noch in ein­er Sit­u­a­tion ohne jede Rechts­grund­lage) und das Ver­fahren gegen ihn wird trotz­dem eingestellt! Polizeige­walt wird so zum pri­vat­en Prob­lem der Betrof­fe­nen und nicht etwa Teil der öffentlichen Sta­tis­tiken. Wer dann über Polizeige­walt sprechen möchte, kriegt dann zu hören: “Polizeige­walt? Welche Polizeige­walt? Es gibt doch fast keine Verurteilun­gen.” Genau das ist das Prob­lem! Die deutsche Jus­tiz ist schlicht nicht bere­it, ihre Polizeibeamten für deren Gewal­texzesse zur Ver­ant­wor­tung zu ziehen.
Mit Hin­blick auf den anste­hen­den soge­nan­nten “Tag der deutschen Zukun­ft” am 06.06.2015 durch Neon­azis in Neu­rup­pin hal­ten wir es für ein fatales Sig­nal an gewalt­bere­ite Polizis­ten und alle Men­schen, die es nicht hin­nehmen wollen, dass Faschis­ten ohne Wider­stand aufmaschieren.

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