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Geplante AnKER-Zentren verletzen elementare Rechte von Minderjährigen

Anlässlich des Inter­na­tionalen Kindertages wen­den sich Lan­des­flüchtlingsräte, Jugendliche ohne Gren­zen, der Bun­des­fachver­band unbe­gleit­ete min­der­jährige Flüchtlinge und PRO ASYL gegen die Errich­tung soge­nan­nter AnKER-Ein­rich­tun­gen. Stu­di­en von Ver­bän­den und Organ­i­sa­tio­nen und die Erfahrun­gen aus der Arbeits- und Beratung­sprax­is der Flüchtlingsräte zeich­nen bun­desweit ein klares Bild: Die Unter­bringung von Kindern in großen Sam­melun­terkün­ften gefährden das Wohl der dort leben­den Kinder und ver­let­zen ele­mentare Rechte von Minderjährigen.
Die Auf­nahme von Kinder­recht­en in das Grundge­setz, wie es CDU/CSU und SPD in ihrem Koali­tionsver­trag fest­geschrieben haben, ist zu begrüßen. Überzeu­gen kann der Ansatz allerd­ings nur, wenn dieser auch diskri­m­inierungs­frei für alle Kinder gilt — unab­hängig von Herkun­ft und Aufenthaltsstatus.
Bere­its jet­zt ist der All­t­ag der Kinder und Jugendlichen in Erstauf­nah­meein­rich­tun­gen und Tran­sitzen­tren, die als Vor­bild der AnKER-Zen­tren dienen sollen, jedoch oft geprägt von beengten Wohnverha?ltnissen, fehlen­der Pri­vat­sphäre, dem Auss­chluss von der Regelschule, unzure­ichen­der gesund­heitlich­er Ver­sorgung sowie vom Nicht­stun, vom Warten und dem Miter­leben von Gewalt. Abschiebun­gen, die zum Teil mit­ten in der Nacht durchge­führt wer­den, sor­gen für eine Sit­u­a­tion der Schut­zlosigkeit und Angst. Sach­leis­tungsver­sorgung, fehlende Ther­a­pieange­bote und man­gel­nde Hygiene in über­lasteten San­itär­bere­ichen ver­schär­fen vielerorts die Situation.
In der Bran­den­burg­er Erstauf­nahme hat das Innen­min­is­teri­um den Weg für ein möglich­es AnKER-Zen­trum bere­its struk­turell geeb­net. Iso­la­tion und gesellschaftliche Aus­gren­zung prä­gen schon jet­zt das Aufwach­sen von Min­der­jähri­gen in den Unterkün­ften der hiesi­gen Erstauf­nah­meein­rich­tung: Für Kinder und Jugendliche gilt medi­zinis­che Notver­sorgung, immer wieder wird der Auszug von Min­der­jähri­gen mit z.T. schw­eren kör­per­lichen und psy­chis­ch­en­Erkrankun­gen trotz medi­zinis­ch­er Gutacht­en nicht ges­tat­tet. Kinder verbleiben immer wieder weit über die max­i­mal zuläs­si­gen sechs Monate hin­aus in der Erstauf­nah­meein­rich­tung. Schulpflichtige Kinder wer­den – obwohl die Geset­zes­lage im Bun­des­land einen Regelschulzu­gang ab dem drit­ten Monat vor­sieht – weit­er­hin in Lager­schulen auf dem Gelände der Erstauf­nah­meein­rich­tung unter­richtet, deren Stun­den­in­halte und ‑umfang weit hin­ter dem Cur­ricu­lum von Regelschulen zurück­ste­hen. Auch die Angst vor Abschiebun­gen ist dauer­haft für sie präsent: Die Abschiebezahlen aus der Erstauf­nahme von Kindern und Jugendlichen im Alter zwis­chen 0 und 20 Jahren stiegen von 6 Abschiebun­gen im Jahr 2014 auf 94 Abschiebun­gen im Jahr 2017.
Innen- und Heimat­min­is­ter Horst See­hofer plant die Iso­la­tion und Diskri­m­inierung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen durch das Son­der­sys­tem der AnKER-Zen­tren weit­er voranzutreiben.
In den AnKER-Ein­rich­tun­gen sollen die Auf­nahme, die Alter­sein­schätzung von unbe­gleit­eten Min­der­jähri­gen, Asylver­fahren und die Abschiebung nach Ablehnung eines Asy­lantrages gebün­delt wer­den. Für unbe­gleit­ete min­der­jährige Flüchtlinge dro­ht damit eine Unter­bringung in Ein­rich­tun­gen für und mit (frem­den) Erwach­se­nen bis zu ihrer Inob­hut­nahme durch die Jugendämter. Dies wider­spricht dem Min­der­jähri­gen­schutz sowie dem Pri­mat der Kinder- und Jugend­hil­fe und ist mit gel­ten­dem Recht nicht zu vere­in­baren. Darüber hin­aus sollen unbe­gleit­ete Min­der­jährige, deren Min­der­jährigkeit nicht anerkan­nt wird, und begleit­ete Kinder und Jugendliche bis zu 18 Monat­en oder länger in den AnKER-Ein­rich­tun­gen verbleiben müssen. (Schutz)Standards, die in Ein­rich­tun­gen der Kinder- und Jugend­hil­fe gel­ten, wer­den nicht berücksichtigt.
„/Der Aufen­thalt in der Erstauf­nahme macht Kinder krank. Viele von ihnen haben ihre Kind­heit in Lagern ver­bracht – in der Türkei, im Sudan, in Libyen, in Griechen­land, im Libanon. Sie hof­fen auf Schule, ein Zuhause und Sicher­heit. Was sie dann aber in Deutsch­land erwartet, sind neue Lager mit Stacheldraht“,/ berichtet Jibran Khalil, Mit­glied der Ini­tia­tive Jugendliche ohne Gren­zen, der eigene Erfahrun­gen im Erstauf­nah­me­lager in Eisen­hüt­ten­stadt (Bran­den­burg) gemacht hat.
„/Die geplanten AnKER-Zen­tren, die die Kasernierung von Kindern und ihre Diskri­m­inierung durch Son­derge­set­zge­bung auf die Spitze treiben, sind das Zeichen ein­er absoluten Ver­ro­hung der Politik/“, so Khalil weiter.
Die Lan­des­flüchtlingsräte, der Bun­des­fachver­band unbe­gleit­ete min­der­jährige Flüchtlinge, Jugendliche ohne Gren­zen und PRO ASYL fordern die Rechte von Kindern und Jugendlichen sowie ihr Wohl in allen flüchtlingspoli­tis­chen Erwä­gun­gen diskri­m­inierungs­frei zu gewährleis­ten und die dezen­trale Unter­bringung von Geflüchteten in Woh­nun­gen zu forcieren.
Die Organ­i­sa­tio­nen fordern daher alle Bun­deslän­der auf, sich nicht am Pilot-Pro­jekt der AnKER-Zen­tren zu beteiligen.
 
Pressean­fra­gen: Lot­ta Schwedler, Flüchtlingsrat Bran­den­burg: 0176 21 42 5057

Flüchtlingsrat Bran­den­burg Geschäftsstelle Rudolf-Bre­itscheid-Straße 164 14482 Pots­dam Tel.: 0331 — 716499 www.fluechtlingsrat-brandenburg.de

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