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Antifaschismus Gender & Sexualität

Toxische Männlichkeit in Brandenburg

Die Sil­vester­nacht in Köln, die Städte Kan­del, Chem­nitz und Köthen sind zu Schlag­worten gewor­den. Sie ste­hen für ras­sis­tis­che Mobil­isierun­gen, die eines gemein­sam haben: Sex­u­al­isierte Gewalt wird benutzt, um gegen Geflüchtete, Migrant*innen und Peo­ple of Colour (POC) zu het­zen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um reale sex­u­al­isierte Über­griffe han­delt. Wenn nur der „ferne Ver­dacht [beste­ht], dass eine Gewalt­tat (mit sex­ueller Kom­po­nente) von einem nicht-deutschen Mann began­gen wurde, wird sie für Rechte und besorgte Bürg­erIn­nen zum Anlass und zur Legit­i­ma­tion ras­sis­tis­ch­er Het­ze, während sex­u­al­isierte Gewalt durch weiße deutsche Täter gän­zlich aus­ges­part und damit tabuisiert wird.“ (Berg, Goetz & Sanders, 2018). Zulet­zt, vor nur weni­gen Tagen, mobil­isierten aus genau diesem Anlass sowohl die AfD und die ras­sis­tis­che Ini­tia­tive Zukun­ft Heimat, als auch die NPD zu Kundge­bun­gen im Bran­den­bur­gis­chen Königs Wuster­hausen.
Unser Text ist in Anlehnung an den Artikel „Tox­is­che Männlichkeit von Kan­del bis Chem­nitz“ ent­standen, der sich mit der Instru­men­tal­isierung sex­u­al­isierte Gewalt durch die extreme Rechte beschäftigt und Anfang Sep­tem­ber kurz nach den Eskala­tio­nen in Chem­nitz von Anna Berg, Judith Goetz und Eike Sanders auf der Seite des apabiz veröf­fentlicht wurde. Wir sehen ihn als einen für eine antifaschis­tis­che Analyse und Debat­te wichti­gen Beitrag, da er sich aus fem­i­nis­tis­ch­er Per­spek­tive den ras­sis­tis­chen Mobil­isierun­gen nähert.
Nun sind einige Monate seit den Eskala­tio­nen in Chem­nitz und auch Köthen ver­gan­gen. Beim #wirsind­mehr-Konz­ert in Chem­nitz set­zten 65.000 Men­schen ein Zeichen; über 200.000 demon­stri­erten in Berlin für Unteil­barkeit und Sol­i­dar­ität. Nicht nur die Groß- und Masse­nak­tio­nen bekom­men Zus­pruch, auch auf lokaler Ebene, in kleinen Städten in Bran­den­burg engagieren sich Men­schen gegen die ras­sis­tis­che Mobil­isierung. Das gibt Kraft und Mut! Aber es ist noch lange kein Grund, sich wieder gemütlich zurückzulehnen.
Wir schauen auf die Lage in Bran­den­burg und beschreiben, welche Rolle hier „tox­is­che Männlichkeit“¹ spielt. Außer­dem wollen wir einige Vorschläge und Ideen für fem­i­nis­tis­che und antifaschis­tis­che Inter­ven­tio­nen vorstellen.
Chem­nitz, Köthen, Cot­tbus, Königs Wusterhausen
Der Ver­gle­ich springt förm­lich ins Gesicht: Nach Chem­nitz und Köthen blick­ten viele in Bran­den­burg nach Cot­tbus. Würde es hier zur näch­sten Eskala­tion rechter Gewalt kom­men? Zu Recht rück­te Cot­tbus in den Fokus, denn hier demon­stri­ert inzwis­chen seit über einem Jahr die, auch über Bran­den­burg hin­aus ver­net­zte, ras­sis­tis­che Ini­tia­tive Zukun­ft Heimat Hand in Hand mit der Bran­den­burg­er AfD. Nach­dem anfangs mehrere Hun­dert Men­schen demon­stri­erten, steigerte sich die Beteili­gung in diesem Jahr auf bis zu 3.000 Teil­nehmende. Der Anlass: Eine Auseinan­der­set­zung zwis­chen Recht­en und Geflüchteten nach einem Jungge­sel­len­ab­schied Anfang Mai 2017, bei der auch Mess­er einge­set­zt wur­den. Dem voraus­ge­gan­gen waren, laut der Ini­tia­tive Cot­tbus schaut hin, ras­sis­tis­che Auf­s­tachelun­gen durch rechte Hooli­gans. Ähn­lichkeit­en zur Mobil­isierung in Chem­nitz sind – neben per­son­eller Beteili­gung – in Cot­tbus fol­gende zu beobachten:
Ersten schüren rechte Hooli­gans wie die Fans des Energie Cot­tbus um die Hooli­gan-Grup­pierun­gen Infer­no Cot­tbus, Unbe­queme Jugend und deren Umfeld die ras­sis­tis­che Stim­mung und damit die Gewalt­bere­itschaft (zum Zusam­men­hang von Fußball und Männlichkeit siehe zum Beispiel: hier). Sie stellen nicht nur wesentliche Teile der Zukun­ft Heimat ‑Demon­stra­tio­nen, son­dern marschierten bere­its Anfang 2017, also vor der Demon­stra­tionskam­pagne, durch Cot­tbus und riefen „Nafris raus“. Auch an unmit­tel­baren Angrif­f­en am Rand der Demon­stra­tio­nen waren sie beteiligt.
Zweit­ens kön­nen Ras­sistIn­nen in Cot­tbus, wie auch in Chem­nitz, auf eine organ­isierte rechte Szene zurück­greifen. Den Demon­stra­tio­nen von Zukun­ft Heimat gelingt ein Schul­ter­schluss der extremen Recht­en von AfD, NPD, Hooli­gans, ehe­ma­li­gen Spreelichter-Aktivis­ten, Aktivis­ten der Iden­titären Bewe­gung, der Kam­pagne Ein­Prozent, Recht­sRock-Musik­ern und ver­schiede­nen anderen Neon­azis. Seit Monat­en sagen Umfra­gen für die AfD in Cot­tbus die höch­sten Wahlergeb­nisse im Land voraus. Verbindun­gen der recht­en Szene in Cot­tbus und Süd­bran­den­burg ins benach­barte Sach­sen sind über Jahre gewachsen.
Stärk­er sei der dritte Punkt betont: Auch in Cot­tbus nehmen die Instru­men­tal­isierung sex­u­al­isiert­er Gewalt und das Bild des männlichen Beschützers einen wichti­gen Platz in der Mobil­isierung ein. Frauen*, Kinder (und hier ins­beson­dere Mäd­chen*) und ältere Men­schen wer­den als beson­ders schutzbedürftige Ziel­grup­pen von Gewalt in der Stadt aus­gemacht. Bezüge zu sex­u­al­isierten Über­grif­f­en in der Köl­ner Sil­vester­nacht 2015/16, und dem Mord an ein­er 15-jähri­gen Jugendlichen in Kan­del wer­den immer wieder hergestellt. Zeit­gle­ich wird auf die Gefahr ein­er ver­meintlichen Islamisierung ver­wiesen, die bald alle Frauen* unter Schleier hüllt. Junge Mäd­chen* wer­den gar auf die Bühne gez­er­rt, um als Objekt des Beschützers präsen­tiert zu wer­den. Frauen* wer­den dabei stets als pas­sive Opfer insze­niert. Dort, wo Frauen* aktive Rollen übernehmen, tun sie das in der ihnen zugewiese­nen Sphäre: Als Müt­ter, die ihre Töchter beschützen.
Tox­is­che Männlichkeit heißt in Cot­tbus und auch anderenorts weiße, deutsche, cis-Frauen zu schützen. Sei es die Groß­mut­ter vor „krim­inellen Aus­län­der­ban­den“ ganz im Stile der NPD, oder die junge Frau vor sex­u­al­isiert­er Gewalt, wie sie in Cot­tbus auf diversen Plakat­en und Reden zur Schau gestellt wird. Die Frau ist und bleibt dabei ein Objekt unter Ver­fü­gung des Mannes. Sie müsse davor geschützt wer­den, dass „fremde junge Män­ner unsere Mäd­chen als jed­erzeit ver­füg­bare Beute betra­cht­en“ (EJGF, S.8). Die Täter sind ange­blich auss­chließlich nicht-weiße Män­ner. Dass sex­u­al­isierte Gewalt haupt­säch­lich im (famil­iären) Nah­feld geschieht und die (meist männlichen) Täter häu­fig Väter, Ehemän­ner, Bekan­nte oder Nach­barn sind, wird in dieser Skan­dal­isierung aus­ges­part genau­so wie der Fakt, dass die Fälle häus­lich­er Gewalt auch in Bran­den­burg steigen. Die vie­len Fälle von famil­iär­er und häus­lich­er Gewalt und Gewalt inner­halb von (Liebes-)Beziehungen wer­den dabei jedoch nicht nur inner­halb der extrem recht­en Mobil­isierung ver­schwiegen. Auch in Presse­bericht­en zu solchen Fällen von (tödlich­er) Gewalt ist nicht sel­ten schlicht von „Fam­i­lien­dra­men“ oder „erweit­ertem Suizid“ zu lesen, wenn ein Mann Frau* und Kinder ermordet, um eine Tren­nung zu ver­hin­dern. Dabei ist diese extrem­ste Form der tox­is­chen Männlichkeit, in der ein Mann über das Leben ein­er Frau und möglich­er Kinder ver­fügt, nicht geografisch beschränkt: Im Jahr 2017 kamen in Deutsch­land 147 Frauen bei Fällen häus­lich­er Gewalt ums Leben. Eine Auss­parung dieser Fälle männlich­er Gewalt gegen Frauen*, die eben nicht von schein­bar „zugereis­ten Frem­den”, son­dern zum großen Teil von hier gebore­nen Män­nern aus­geübt wird, weist umso mehr auf die Instru­men­tal­isierung der The­matik zur ras­sis­tis­chen Mobil­isierung weit­er Kreise hin. Genau­so lässt sich das Auss­paren von betrof­fe­nen Schwarzen Frauen*, Women* of Col­or und queeren Men­schen deuten, die, über die sex­is­tis­che Diskri­m­inierung hin­aus, auch durch ras­sis­tis­che oder homo- und trans*-feindliche Zuschrei­bun­gen betrof­fen sind.
Dabei ist Cot­tbus nicht der einzige Ort in Bran­den­burg, in dem ein neues Chem­nitz dro­ht. Erst ver­gan­gene Woche fan­den mehrere Kundge­bun­gen in Königs Wuster­hausen statt. Anlass dafür war ein Vor­fall Ende Novem­ber, bei dem eine 15-Jährige zwei Män­nern ein­er sex­uellen Nöti­gung beschuldigte. Schnell war klar, dass die Herkun­ft der Män­ner die ras­sis­tis­che Stim­mung weit­er anheizen würde. Dabei gossen Boule­vardzeitun­gen wie Bild und B.Z. fleißig Öl ins Feuer. So zitierte die B.Z. anonym einen Polizis­ten, der Stadt und Polizeileitung vor­warf, den Vor­fall unter Ver­schluss gehal­ten zu haben, aus Angst vor ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen. Die lokale Polizei­di­rek­tion wies den Vor­wurf zurück. Am 3. Dezem­ber 2018 verkün­dete schließlich die Staat­san­waltschaft, dass sich die Beschuldigun­gen gegen die bei­den Män­ner nicht erhärtet hät­ten. Ein Sprech­er der Staat­san­waltschaft erk­lärte der Öffentlichkeit, dass man nicht auss­chließen könne, dass die junge Frau den Vor­wurf erfun­den habe. Doch obwohl die Staat­san­waltschaft kurz zuvor die Vor­würfe gegen die bei­den Män­ner entkräftete, wurde der Vor­fall als Aufhänger genutzt, um über die Asylpoli­tik zu schimpfen und poten­tielle Opfer (Frauen und Mäd­chen) zu „vertei­di­gen“. In sozialen Medi­en werteten Ras­sistIn­nen die Entkräf­tung der Vor­würfe als „Fak­e­news“, die bei­den geplanten Kundge­bun­gen wur­den trotz der neuen Infor­ma­tio­nen durchge­führt. Bei der Kundge­bung von Zukun­ft Heimat vor der Stadtverord­neten­ver­samm­lung, bei der der extrem rechte AfD-Spitzen­funk­tionär Andreas Kalb­itz als Red­ner auf­trat, nah­men allerd­ings lediglich 70 Men­schen teil. Am Bahn­hof von Königs Wuster­hausen ver­sam­melten sich hinge­gen einige Stun­den später mehrere Hun­dert Men­schen. Zu der Kundge­bung hat­te eine Nein zum Heim-Face­book-Seite aufgerufen, hin­ter der die NPD steht.
Ob die ras­sis­tis­che Mobil­isierung in Königs Wuster­hausen fort­ge­set­zt wer­den soll, ist ungewiss. Derzeit liegen keine Anmel­dun­gen vor. Es lässt sich nur eine vage Ver­mu­tung aussprechen, dass die Entkräf­tung der Vor­würfe gegen die Beschuldigten durch die Staat­san­waltschaft eine weit­ere Mobil­isierung und Eskala­tion gedämpft habe. Auf der anderen Seite ist auch die Aus­sage der Staat­san­waltschaft, dass es sich wom­öglich um eine erfun­dene Tat han­delte, mit großer Vor­sicht zu genießen. Zwar gilt seit 2017 im Fall von Verge­wal­ti­gung das Prinzip „Nein heißt Nein“. Für die Straf­barkeit eines Über­griffes kommt es danach nicht mehr darauf an, ob mit Gewalt gedro­ht oder diese angewen­det wurde. Und, ob sich die betrof­fene Per­son gegen den Über­griff kör­per­lich gewehrt hat. Entschei­dend ist – the­o­retisch –, dass das Opfer die sex­uelle Hand­lung nicht gewollt hat. Dabei hat sich an der Beweis­lage in den meis­ten Fällen aber nichts geän­dert. Betrof­fene müssen detail­liert ihre Peini­gung schildern und am Ende ste­ht Aus­sage gegen Aus­sage. Ein unsen­si­bler Umgang von Polizei, Staat­san­waltschaft und Gericht mit Betrof­fe­nen, beispiel­sweise durch die Bagatel­lisierung der Tat, führt dazu, dass Betrof­fene sich nicht ernst genom­men fühlen. Kein Wun­der also, dass der Straf­be­stand der Verge­wal­ti­gung weltweit eine der niedrig­sten Verurteilungsrat­en aufweist. Zudem sehen sich Frauen* per­ma­nent (medi­al und gesellschaftlich) mit dem Vor­wurf kon­fron­tiert, sich Vor­würfe sex­u­al­isiert­er Gewalt auszu­denken, um Män­ner zu Unrecht zu belas­ten. Die Bere­itschaft von Betrof­fe­nen über­haupt einen sex­u­al­isierten Über­griff oder eine Verge­wal­ti­gung anzuzeigen, ist Umfra­gen zufolge ger­ing, ins­beson­dere, wenn sich der Vor­fall im nahen Umfeld ereignet hat (1, 2). Zu groß ist das Schamge­fühl, das viele Betrof­fene empfind­en. Jede zweite und dritte Tat bleibt im Dunkelfeld. All diese Gründe führen dazu, dass viele Betrof­fene eine (juris­tis­che) Auseinan­der­set­zung mit dem Täter mei­den. Nicht zu unter­schätzen ist dabei die dop­pelte psy­chis­che Belas­tung und weit­ere Trau­ma­tisierung: zunächst durch die aggres­siv motivierte Gewalt­tat selb­st, in der Sex­u­al­ität als Mit­tel einge­set­zt wird, um Betrof­fene zu erniedri­gen und Macht auszuüben und im weit­eren Ver­lauf durch die Aberken­nung und Infragestel­lung der Wahrnehmung der betrof­fe­nen Per­son durch Gesellschaft und Jus­tiz (3, 4).
Fem­i­nis­tisch-antifaschis­tis­che Intervention
Wie kön­nen fem­i­nis­tis­che und antifaschis­tis­che Strate­gien ausse­hen, die sich gegen die ras­sis­tis­che Instru­men­tal­isierung sex­u­al­isiert­er Gewalt richt­en, ohne dabei die Glaub­würdigkeit von Betrof­fe­nen infrage zu stellen und somit Ras­sis­mus gegen Sex­is­mus auszus­pie­len? Wir haben ein paar Anre­gun­gen gesammelt:
1. Vor Ort zu sein und Sol­i­dar­ität zu zeigen, kann nach­haltig wirken. Es gilt, lokale Struk­turen zu stärken und Sol­i­dar­ität mit den Betrof­fe­nen ras­sis­tis­ch­er Gewalt zu zeigen. Dabei ist ein mar­tialis­ches Auftreten im schwarzen Block nicht immer hil­fre­ich, wie es Inter­ven­tio­nen in der Ver­gan­gen­heit gezeigt haben. Das poli­tis­che Ange­bot sollte sich an die Bedürfnisse der lokalen Gegeben­heit­en und poten­tiellen Bündnispartner*innen anpassen.
2. Zudem soll­ten wir den Blick für die Betrof­fe­nen sex­u­al­isiert­er Gewalt nicht ver­lieren. Dass es bei den Mobil­isierun­gen in Chem­nitz, Köthen, Cot­tbus und Königs Wuster­hausen nicht um das Ern­st­nehmen von Betrof­fe­nen geht, son­dern hier die Glaub­würdigkeit von Frauen* gegen Ras­sis­mus aus­ge­spielt wird, ist eine Dynamik, die wir schon von der Sil­vester­nacht Köln 2015 ken­nen. Wir müssen immer wieder aufzeigen, dass der ver­meintliche Fem­i­nis­mus des weißen Mannes, kein Fem­i­nis­mus ist, nie war und nie sein wird, son­dern Aus­druck ein­er tox­is­chen Männlichkeit und eines rück­wärts­ge­wandten patri­ar­chalen Welt­bildes ist. Dies erkan­nten schon die Autor*innen des Artikels „Tox­is­che Männlichkeit von Kan­del bis Chem­nitz“: „Die einzige stich­haltige Argu­men­ta­tion gegen die monokausal-ras­sis­tis­che Erk­lärung sex­u­al­isiert­er Gewalt und das daraus resul­tierende Mobil­isierungspo­ten­tial ist der immer wieder zu führende Beweis, dass das Prob­lem nicht die Eth­niz­ität oder die Migra­tions­geschichte von Tätern und Betrof­fe­nen ist, son­dern eine bes­timmte Form von Männlichkeit. Ein Iden­tität­sange­bot, für das sich Typen aus Tune­sien, Afghanistan und Sach­sen gemein­sam entschei­den, über alle poli­tis­chen Gren­zen hin­weg. Und solange der gesamte Rest der Gesellschaft sex­u­al­isierte Gewalt als Resul­tat dieser Männlichkeit nicht ernst nimmt, wer­den die fak­tis­chen und aus­gedacht­en Betrof­fe­nen von auss­chließlich als migrantisch gedachter Män­nerge­walt immense mobil­isierende Wirkung haben.“ (Berg, Goetz & Sanders) Aus diesem Grund müssen wir eine bre­ite Öffentlichkeit schaf­fen zur The­ma­tisierung (sex­u­al­isiert­er) Gewalt gegen FLTI*, die sich nicht an der Herkun­ft und Reli­gion des Täters ori­en­tiert. Zeigt euch sol­i­darisch mit allen Betrof­fe­nen sex­u­al­isiert­er Gewalt, hört ihnen zu und unter­stützt sie. Achtet aufeinan­der und schaut nicht weg.
3. Wir müssen über „tox­is­che Männlichkeit“ sprechen! Genau­so fehlt es im deutschen Sprachraum bish­er an ein­er klaren Benen­nung der fast alltäglichen sex­is­tis­chen Morde an Frauen*. Im Englis­chen existiert seit Langem der Begriff „femi­cide“, der Morde an Frauen* auf­grund ihres Geschlechts beschreibt. Erst seit kurz­er Zeit wird auch in Deutsch­land das Wort „Fem­izid“ benutzt, um so die Aufmerk­samkeit auf die struk­turelle Ebene dieser Morde zu lenken, die eben nicht ein­fach nur „Tragö­di­en“ sind.
4. Recherche und Infor­ma­tio­nen sind auch weit­er­hin wichtig: Der Hin­weis, dass in der AfD Nazis aktiv sind, lässt zwar schein­bar kaum jeman­den mehr auf­schreck­en. Doch in den kleinen Städten, in denen wir uns bewe­gen, spielt dieses Wis­sen auch weit­er­hin eine Rolle. Die poli­tis­che Einord­nung und die lokale Wirk­lichkeit aufzuzeigen, hil­ft denen, die sich seit Jahren gegen Nazis engagieren und den­jeni­gen, die es sich bish­er noch zu bequem gemacht haben, den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Recherche kann dabei auch dazu beitra­gen, die Dop­pel­moral der Nazis zu offen­baren: Nicht sel­ten ver­suchen ger­ade diese sich auf Demon­stra­tio­nen als besorgte Män­ner, die sex­u­al­isierte Über­griffe verurteilen, zu stil­isieren und gle­ichzeit­ig poli­tis­che Gegner*innen in sozialen Net­zw­erken mit der Andro­hung sex­u­al­isiert­er Gewalt einzuschüchtern.
5. Wir brauchen bre­it­ere Bünd­nisse – aber nicht um jeden Preis. Fem­i­nis­mus darf nicht gegen Antifaschis­mus aus­ge­spielt wer­den. Der Kampf gegen Neon­azis und Ras­sistIn­nen darf nicht auf Kosten fem­i­nis­tis­ch­er Kämpfe gehen. Zu Recht kri­tisieren Anna Berg, Judith Goetz und Eike Sanders, dass nicht nur die Geschehnisse in Chem­nitz von Män­nern gemacht wer­den, son­dern auch von Män­nern analysiert und disku­tiert wer­den. Antifaschis­tis­che Poli­tik dro­ht „wieder zur reinen Män­ner­sache zu wer­den“. Seid sol­i­darisch mit anderen Kämpfen! Nur durch mehr Sicht­barkeit von FLTI* in antifaschis­tis­chen Debat­ten und das Zusam­men­führen fem­i­nis­tis­ch­er mit anderen poli­tis­chen Kämpfen, kön­nen wir wirk­sam wer­den. Dazu gehört auch (wieder) eine ver­stärk­te Kri­tik an Männlichkeit­skonzepten, dem Geschlechter­ver­hält­nis und dem Umgang mit sex­u­al­isiert­er Gewalt (nicht nur) in linken Räumen.
6. Zulet­zt der in unseren Augen wichtig­ste Tipp: Achtet auf euch und achtet aufeinan­der. Die per­ma­nente Präsenz von repres­siv­en, reak­tionären und men­schen­feindlichen Poli­tik­erIn­nen, AktivistIn­nen, Demon­stri­eren­den, State­ments, Debat­ten und Aktio­nen spüren wir im All­t­ag. Häu­fig sind wir uns gar nicht klar, dass wir ger­ade nicht mit indi­vidu­ellen Prob­le­men zu kämpfen haben, son­dern sie Abbild der gesellschaftlichen Verän­derun­gen sind. Sprecht über eure Erfahrun­gen, eure Äng­ste und darüber, wie diese euch als Indi­vidu­um und eure poli­tis­che Arbeit beeinflussen.
Be care­ful with each oth­er, so we can be dan­ger­ous together!
 
¹ Tox­is­che Männlichkeit meint ein in unser­er Gesellschaft vorherrschen­des Kon­strukt von Männlichkeit. Männlich sozial­isierte Per­so­n­en sollen dem­nach hart, furcht­los und stark sein. Empathie, Zärtlichkeit oder Acht­samkeit dage­gen find­en in dieser Vorstel­lung keinen Platz. Sie wirkt sich auf das eigene emo­tionale Erleben und die sozialen Beziehun­gen aus (mehr Infor­ma­tio­nen dazu u.a. hier: https://missy-magazine.de/blog/2018/08/16/hae-was-heisst-toxic-masculinity/).

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Antifaschismus Law & Order

Proteste gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz begleiten die erste Lesung im Landtag

Gestern, am 14. Novem­ber wurde das geplante neue Polizeige­setz für Bran­den­burg erst­ma­lig im Pots­damer Land­tag berat­en. Nach dem Willen der Koali­tion kön­nte das Gesetz schon im ersten Quar­tal 2019 beschlossen werden.
Auch die Gegner*innen des neuen Polizeige­set­zes haben ihre Arbeit am Mittwoch fort­ge­set­zt. Die Organisator*innen der Großdemon­stra­tion am ver­gan­genen Sam­stag in Pots­dam, an der sich 2.300 Per­so­n­en beteiligt haben, hat­ten zu weit­eren Aktio­nen in dieser Woche aufgerufen.
Während der Diskus­sion im Land­tag ließen Aktivist*innen ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift „Neues Polizeige­setz stop­pen!“ von der Empore. Die Land­tagspräsi­dentin reagierte mit einem Ordnungsruf.
In Cot­tbus hat­te das Bünd­nis gegen das neue Polizeige­setz in Bran­den­burg zu ein­er Kundge­bung um 17 Uhr aufgerufen. Die Veranstalter*innen geben die Teil­nehmerzahl mit 50 an. Auf der Kundge­bung sprachen unter anderem Geg­n­er des Berlin­er Polizeige­set­zes, Fußball­fans, eine Vertreterin des Frauen­café Cot­tbus und ein Mit­glied der Inter­na­tionalen Jugend.
Sask­ia Thiele, Sprecherin des Bünd­niss­es in Cot­tbus, bew­ertete die Aktion pos­i­tiv: „Hier ist ein wirk­lich­er Quer­schnitt unser­er Stadt zusam­mengekom­men. Wir haben heute als Schüler*innen, Studierende, Fußball­fans, linke Aktivist*innen, Industriearbeiter*innen, Lehrer und Renter*innen gemein­sam laut­stark gegen dieses undemokratis­che Gesetz protestiert. So ein bre­it­er Protest ist gut, denn genau­so groß ist die Zahl der poten­tiellen Betrof­fe­nen solch eines Geset­zes. Ger­ade jet­zt müssen wir im Bezug auf den weit­eren Geset­zge­bung­sprozess unseren Wider­stand entschlossen fortsetzen.“

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Inforiot’s Geburtstags-Rückblick

Diesen Sam­stag, den 17.11., find­et endlich Inforiot’s Geburt­stags-Zeck­en­tr­e­ff statt. Um 20:00 geht es im Spar­ta­cus los. Euch erwarten eine Lesung, Konz­erte, im Anschluss Par­ty und natür­lich alles, was son­st noch zu ein­er guten Geburt­stags­feier dazugehört.
Als Ein­stim­mung wer­den diese Woche Redak­tion­s­mit­glieder erzählen, wie sie eigentlich zu Infori­ot gekom­men sind und was das Pro­jekt für sie bedeutet.
 
Den Anfang macht Sum­mer.
„Ich komme aus ein­er Kle­in­stadt im Speck­gür­tel von Berlin. Geboren bin ich in einem ganz anderen Land. Wie es zu der Zeit nicht ganz unüblich war, ist der Nach­barsjunge irgend­wann ein Nazi gewor­den. Er fing an meine Fam­i­lie, die einen ein­deutig aus­ländisch klin­gen­den Namen hat, zu ter­ror­isieren, indem er nächtliche Saufge­lage bei sich ver­anstal­tete. So eine Plat­ten­bau-Wand ist dünn. Und so kam es, dass ich regelmäßig unter „Sieg Heil“ und „Aus­län­der Raus“-Rufen sowie dem Trällern von Landser-Songs mit­ten in der Nacht geweckt wurde. Die Polizei kam hin und wieder an, nach­dem meine Eltern dort ganz ent­nervt anriefen. Aber sobald die Polente weg war, ging der Psy­cho-Ter­ror von vorne los. Irgend­wann reichte es mir und ich beschloss, selb­st dage­gen vor zu gehen. Während ich vor­gab Hausauf­gaben zu machen, suchte ich nach Kon­takt zu  Gle­ich­gesin­nten im Inter­net, denn meine Mitschüler_innen haben sich einen Dreck für Poli­tik inter­essiert. Ich stieß dabei auf die Seite „antifa.de“. Die schrieb ich dann an. In ihrer Antwort ver­wiesen sie mich an die Opfer­per­spek­tive, die lokale Antifa-Gruppe und eben an Infori­ot. Das war der Tag, an dem Infori­ot meine Verbindung zu einem gewalti­gen Micro-Kos­mos wurde, in dem ich mich nicht mehr alleine gefühlt habe. Noch bevor ich die Leute aus der lokale Antifa-Gruppe ken­nen­ler­nen kon­nte, macht­en diese Abitur und ver­pis­sten sich nach Berlin. Aber Infori­ot blieb und wurde zu meinem täglichen Begleit­er. Fünf Jahre nach diesem Erleb­nis wurde ich dann gefragt, ob ich Teil der Redak­tion wer­den möchte. Mit­tler­weile bin ich nun fast sieben Jahre dabei und hoffe all denen, die sich in den Kle­in­städten und Dör­fern auch so ohn­mächtig und allein fühlen, wie ich es einst war, Mut und Hoff­nung zu geben.“
 
Heute erzählt Jess seine Geschichte.
„Als Jugendlich­er, in ein­er kleinen Stadt in Bran­den­burg, ohne Smart­phones, gutes Inter­net oder einen Raum, in dem man sich hätte tre­f­fen kön­nen, war es manch­mal gar nicht so ein­fach aufzuwach­sen und sich poli­tisch außer­halb von Parteien einzubrin­gen. Die Bedro­hung durch Neon­azis war regelmäßig gegeben und es war auch keine Sel­tenheit, dass 20 Neon­azis vor der Schule warteten, um links ausse­hende Jugendliche abz­u­fan­gen und einzuschüchtern. Oft stand man damit allein da oder hat­te das Gefühl, nichts machen zu kön­nen, da es an eige­nen Erfahrun­gen man­gelte und der Aus­tausch mit älteren Gen­er­a­tio­nen von linken Men­schen nicht möglich war.
Da fühlt man sich als link­er Jugendlich­er schnell sehr allein. Mit dem Fach­abitur, welch­es ich in der nächst größeren Stadt machte, lernte ich zum ersten Mal ein Haus­pro­jekt ken­nen und weit­ere Men­schen, die den Wun­sch nach Räu­men ohne Neon­azis mit mir teil­ten. Dort hörte ich auch das erste Mal von Inforiot.
Mit dem Umzug in eine größere Stadt in Bran­den­burg, ergab sich auch die Möglichkeit, sich mit vie­len ver­schiede­nen The­men zu beschäfti­gen. Zen­tral dabei war immer die Präven­tion der extremen Recht­en, woraus natür­lich auch poli­tis­che Arbeit resul­tierte, für die IR nicht wegzu­denken war. Ein­er­seits war es sehr bestärk­end zu sehen, dass so viel in Bran­den­burg passiert und nicht nur in Berlin. Wie viele linke Häuser es gibt, wie viele Grup­pen, Ver­anstal­tun­gen oder Bil­dungswoch­enen­den. Das zu sehen gab auf jeden Fall Kraft.
Nach Jahren der poli­tis­chen Arbeit in Bran­den­burg blieb IR immer ein fes­ter und wichtiger Bestandteil für mich und somit war es eine große Freude, dann auch gefragt zu wer­den und selb­st dieses, für mich so wichtige, Pro­jekt unter­stützen zu können.“
 
Kalle:
„Nach­dem mir Infori­ot von einem guten Fre­und nahe gelegt wurde, fing ich inner­halb kurz­er Zeit an, dort genau­so oft nach Neuigkeit­en zu suchen wie auf linksunten.indymedia. Für mich, als jugendlichen Antifa, war Infori­ot nicht nur ein Anschluss an die “Szene”, die es in der eige­nen Stadt nicht gab. Infori­ot war auch eine Art riesiger virtueller Bib­lio­thek. Ich habe damals auch oder vor allem tage­lang ungeduldig auf den näch­sten Recherc­heartikel gewartet. Egal ob aus Nord‑, Süd, Ost- oder West­bran­den­burg, ich habe alles verschlungen.
Ich finde, dass Infori­ot eine extrem wichtige Struk­tur, auch in social media dominierten Zeit­en, ist. Obwohl jün­gere Men­schen mit­tler­weile oft gar nicht mehr auf Web­seit­en gehen, weil Face­book alles bis in den Feed liefert, sind und bleiben Pro­jek­te wie Infori­ot struk­turell wichtig.“
 
Zum Abschluss erzählt Rachel ihre Geschichte zu Inforiot:
„Als ich nach Bran­den­burg gezo­gen bin (Ja, bei IR gibt es Leute aus dem kap­i­tal­is­tis­chen West­en!), war Infori­ot meine erste Adresse, um zu schauen, was in mein­er neuen (Provinz-)Heimatstadt so geht. Die Über­sicht über Grup­pen und Pro­jek­te war ein guter Einstieg.
Um so cool­er, dass ich jet­zt Teil des Redak­tion­skollek­tives sein kann! Ger­ade wenn men­sch noch nicht so einge­bun­den ist, sei es, weil men­sch neu in der Region oder frisch poli­tisiert ist, ist eine lan­desweite Plat­tform enorm hil­fre­ich, um sich zu orientieren.“
 
Feiert mor­gen, 17.11.2018, mit uns zusam­men im Spar­ta­cus den Infori­ot-Geburt­stag. Wir freuen uns!
 

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Antifaschismus Law & Order

Kundgebung gegen Polizeigesetz geplant

Bran­den­burgs Regierung um Innen­min­is­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) will das Polizeige­setz ver­schär­fen. Dage­gen regt sich Wider­stand. Am 14.11. find­et dazu eine Kundge­bung in Cot­tbus statt – genau an dem Tag, an dem die erste Lesung im Pots­damer Land­tag stat­tfind­en wird.
Deshalb ruft an diesem Mittwoch das Bünd­nis #noPol­GB­bg – ein bre­it­er Zusam­men­schluss von poli­tis­chen Ini­tia­tiv­en, Geflüchteten, Studieren­den und weit­eren zivilge­sellschaftlichen Akteuren – zu ein­er Kundge­bung am Platz am Stadt­brun­nen (Heron­platz) in Cot­tbus auf.
Dazu erk­lärt Sask­ia Thiele vom Sprecher*innenrat des Bünd­nis fol­gen­des: „Das Polizeige­setz soll ver­schärft wer­den, um bess­er gegen Ter­rorge­fahren gerüstet zu sein – aber nicht nur. Von den Geset­zen und ihren Auswirkun­gen sind let­z­tendlich alle betrof­fen. Die Ver­schär­fung kann auf den ersten, ober­fläch­lichen Blick für ein größeres Sicher­heits­ge­fühl sor­gen. Beim zweit­en, genauen Blick wird deut­lich, dass die Geset­ze einen Ein­schnitt in die per­sön­liche Frei­heit brin­gen. Der aktuelle Entwurf beschreibt etwa vor­beu­gende Inge­wahrsam­nahme, Telekom­mu­nika­tion­süberwachung, Aufen­thaltsvor­gaben und Kon­tak­tver­bote. Mit diesen Maß­nah­men wer­den Repres­sio­nen gegenüber allen Men­schen vere­in­facht. Dage­gen set­zen wir uns entsch­ieden zur Wehr.“
Bere­its am ver­gan­genen Sam­stag nah­men rund 2000 Men­schen an der Großdemon­stra­tion gegen das neue Polizeige­setz in Pots­dam Teil. Nun muss der Protest in alle Regio­nen Bran­den­burgs getra­gen wer­den, um den flächen­deck­enden Wider­stand zu zeigen. „Vor allem in Cot­tbus, wo seit Jahres­be­ginn die Polizeikon­trollen mas­siv aus­ge­baut wor­den sind, ist spür­bar, was ver­stärk­te Repres­sion macht.“ ergänzt Sask­ia Thiele. „Es geht nicht, darum das Miteinan­der zu stärken, son­dern einzig darum, Macht zu demon­stri­eren und die Bevölkerung kon­trol­lier­bar zu machen. Wir protestieren solange bis das Gesetz vom Tisch ist, auch am Mittwoch in Cot­tbus.“, sagt Sask­ia Thiele abschließend.
Weit­ere Infos: www.nopolgbbg.de Kon­takt:kontakt@nopolgbbg.de

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Antifaschismus

Es „brandenburgt“

Bran­den­burg muss bren­nen, damit wir grillen kön­nen“ ist wohl ein­er der witzig­sten Buchti­tel, der derzeit in gut sortierten Buch­län­den zu find­en ist. Der Roman ist geschrieben von Flo­ri­an Lud­wig, der als Link­er im Bran­den­burg­er Städtchen Rathenow aufgewach­sen ist. Wort­ge­wandt schreibt er über die Zeit Ende der Achtziger und den Beginn der Neun­ziger Jahre. Eine Zeit, die eigentlich alles andere als witzig war. Infori­ot wollte mehr darüber wis­sen und sprach mit Flo­ri­an über sein neues Buch.
 
Infori­ot: „Nachts sind alle Glatzen blau“ ist ein­er dieser Sätze in deinem Buch: er trägt Humor in sich, aber auch die bit­tere Real­ität der Neun­ziger Jahre. Du schreib­st über die Zeit nach dem Ende der DDR, als Jugendlich­er mit vie­len Möglichkeit­en und einem Haufen Scheiße an der Backe.  Wie war es denn damals mit den Nazis in dein­er Stadt?
Flo­ri­an: Vielle­icht würde ich eher fra­gen, wie es für uns damals war. Einige der dama­li­gen Pro­tag­o­nis­ten bracht­en ja sub­kul­turelle For­men aus DDR-Zeit­en mit rüber in die soge­nan­nte Wen­dezeit, ob nun als Punks, Grufties oder Autonome.
Im Zeitraum zwis­chen der Gren­zöff­nung 1989 und der offiziellen Wiedervere­ini­gung am 3. Okto­ber 1990 explodierte die Naziskin­bombe, jed­er Dödel kon­nte sich auf den Wochen­märk­ten zwis­chen Stral­sund und Suhl eine grüne Bomber­jacke und Springer­stiefel kaufen. So auch in Rathenow. Kevin, Mau­rice, Ron­ny und Mario (klis­chee­be­ladene Beispiel­na­men) hat­ten den Gle­ich­schritt ja schon aus DDR-Zeit­en drauf.
Das Prob­lem war, dass sich in Rathenow eine rechte, extrem enthemmte Gewalt­szene entwick­elte. Für uns als linksalter­na­tive Sub­kul­tur stellte sich die Frage, bis zu welchem Niveau gehen wir da mit. Die Ost­bullen, als reg­ulieren­der Fak­tor, spiel­ten keine Rolle mehr. Aus Selb­stschutz wur­den zum Beispiel Häuser beset­zt, da einige Leute selb­st in ihren Woh­nun­gen nicht mehr sich­er waren. Das Pos­i­tive an diesen Beset­zun­gen war, dass die Leute sich untere­inan­der bess­er ken­nen­lern­ten, gemein­sam neue Aktions­for­men aus­pro­bieren kon­nten. Aus diesen Struk­turen entwick­el­ten sich Pro­jek­te, die in eini­gen Städten in Bran­den­burg noch heute existieren.
Schade, dass damals soviel Energie und Kreativ­ität für antifaschis­tis­che Arbeit aufge­bracht wer­den musste. Aber es war eben notwendig, ja ohne zu drama­tisieren, exis­ten­ziell notwendig.
Infori­ot: Im Buch geht es um Berndte, um Oimel und andere junge Punks, auf der Suche nach Freiräu­men, die sie im Fußball, im Alko­hol, auf Par­tys oder beset­zten Häusern find­en. Sie wollen provozieren und wollen sich aus­pro­bieren. Welche Bedeu­tung hat­te und hat in deinen Augen linke Sub­kul­tur in ein­er Kleinstadt?
Flo­ri­an: Zum einen hat sie die selbe Funk­tion wie in Großstädten auch. Sie ste­ht für Protest gegen die Sauereien in dieser Gesellschaft und kann Ori­en­tierung und Basis sein für junge Leute, die Fra­gen haben, auf der Suche nach Ori­en­tierung, Fre­und­schaft und auch Spaß sind.
Das Prob­lem in Kle­in­städten beziehungsweise im ländlichen Raum ist, dass alle alle ken­nen, sowohl Fre­und als auch Feind. Da quatscht der Bürg­er­meis­ter die Poli­tak­tivistin in der Kaufhalle mit Vor­na­men an, der Dorf­bulle erken­nt deine let­zte gesprühte Parole am Geruch und die Nach­barn tratschen schon über deine Ent­gleisun­gen beim let­zten Punkkonz­ert, obwohl du noch nicht mal zu Hause angekom­men bist.
Infori­ot: Wie ist es heute in Rathenow? Das Bürg­er­bünd­nis Havel­land, mit seinen ras­sis­tis­chen Ver­samm­lun­gen, hast du dir ja schon angeschaut. Der Gegen­protest ist eher ver­hal­ten. Gibt es denn noch Punks in der Stadt?
Flo­ri­an: Na gut, der Protest gegen diese Dödel­truppe ist ja nicht von Punks abhängig. Soweit ich das ver­folge, gab und gibt es diesen Protest, manch­mal leise, manch­mal laut, oft auch intelligent.
Punk in Rathenow, ja den gibt es! Selb­st aus mein­er Gen­er­a­tion sind da noch Leute in Bands aktiv. Andere organ­isieren Ver­anstal­tun­gen zu Punk in der DDR oder lassen sich auch mal von mir was vorlesen.
Infori­ot: „Gehen oder bleiben?“ – die Frage, stellen sich wohl die meis­ten mit 18 Jahren. Du leb­st schon seit vie­len Jahren in Berlin. Hast du jemals drüber nachgedacht wieder nach Bran­den­burg zu ziehen?
Flo­ri­an: Holt die Lüneb­urg­er Hei­de nach Bran­den­burg und ick komm zurück!
Vor ein paar Jahren hat­te ich mal so was wie Land­sehn­sucht. Aber nach mehr als 20 Jahren bin ich hier ver­wurzelt, habe erlebt, wie die Stadt sich verän­dert. So manch­er Urber­lin­er spendierte mir inzwis­chen eine Bock­wurst und es gibt immer noch Eck­en in der Stadt, da „bran­den­burgt“ es ganz schön…
Infori­ot: Und zu guter Let­zt: Infori­ot wird nun auch volljährig. Sollen wir gehen oder bleiben?
Flo­ri­an: Bleiben, auf jeden Fall!
Bran­den­burg ohne Infori­ot, das wäre wie Polizeiruf 110 ohne Wacht­meis­ter Horst Krause, wie ein gut sortiert­er Info­laden ohne die SUPER­il­lu, wie Pots­dam ohne Frauenkirche und Zwinger – oder so…
 
Vor 18 Jahren wurde Infori­ot als ein linkes Por­tal für Poli­tik und Sub­kul­tur in Bran­den­burg ins Leben gerufen. Viele, die mit uns aufgewach­sen sind, waren Punks oder sind es heute noch. Am 17. Novem­ber feiern wir daher ein wenig Retro mit einem Punkkonz­ert. Und Flo­ri­an wird aus „Bran­den­burg muss bren­nen, damit wir grillen kön­nen“ lesen.
17. Novem­ber | ab 20 Uhr | Frei­land Potsdam

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Antifaschismus Gender & Sexualität

Tipps & Tricks für F_Antifas

Angelehnt an die Broschüre „Tipps und Tricks für Antifas“ hat die fabb (F_Antifa Bran­den­burg) ein eigenes Heft mit „Tipps und Tricks für F_Antifas“ erstellt.
Was kannst du machen, wenn du in dein­er Kle­in­stadt-Antifa die einzige Frau* bist? Ist es auss­chließend, wenn ihr ein Frauen*-Plenum ein­fordert? Und was zur Hölle soll eine Emo-Runde sein und was hat diese mit poli­tis­ch­er Arbeit zu tun? Auf all diese Fra­gen will die Broschüre Antworten geben. Dafür wur­den unter­schiedlich­ste Instru­mente zusam­menge­tra­gen, die FLTI*s (Frauen­Les­ben­TransIn­ter) in ihrer poli­tis­chen Prax­is unter­stützen kön­nen, und diese um Erfahrun­gen aus Bran­den­burg­er Struk­turen ergänzt.
 
Die Her­aus­forderun­gen, denen FLTI*s in ländlichen Regio­nen begeg­nen, sind oft anders als die in der (Groß-)Stadt. Sex­is­mus wird als unwichtiges Prob­lem betra­chtet, die Auswahl an fem­i­nis­tis­chen Ver­bün­de­ten ist ger­ing und Abgren­zun­gen schwierig. Trotz­dem oder ger­ade deswe­gen ist es wichtig, eine fem­i­nis­tis­che Prax­is einzu­fordern und die Arbeit von FLTI*s in ländlichen Gegen­den sicht­bar zu machen.
Die Broschüre will Mut machen und empow­ern. Dabei sind alles Tipps und Tricks nur als Anre­gun­gen gedacht, ein Scheit­ern bei neuen Meth­o­d­en und Ideen gehört (lei­der) oft dazu.
Für eine fem­i­nis­tis­che Praxis!
 
Die Broschüre find­et ihr zum Down­load unter: http://fabb.blogsport.eu/2018/10/10/broschuere-tipps-tricks-fuer-f_antifas/

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Flucht & Migration

Seebrücke Cottbus — Demo: Schafft sichere Häfen!

Kommt zur See­brück­en-Demo am 20. Okto­ber um 14 Uhr vor dem Staat­sthe­ater am Schillerplatz!
Während Cot­tbus sich weit­er­hin durch den beste­hen­den Zuweisungsstopp von Geflüchteten von der Welt abschot­tet, sind dieses Jahr bere­its über 1500 Men­schen bei der gefährlichen Über­fahrt im Mit­telmeer gestor­ben. Gle­ichzeit­ig wer­den die Men­schen, die auf Hil­f­ss­chif­f­en ver­suchen zu ret­ten, angeklagt und ihnen wird die Weit­er­fahrt oder das Ankom­men in sicheren Häfen unter­sagt. Doch Migra­tion ist und war schon immer Teil unser­er Gesellschaft!
Die SEEBRÜCKE ist eine inter­na­tionale Bewe­gung, getra­gen von ver­schiede­nen Bünd­nis­sen und Akteur*innen der Zivilge­sellschaft. Auch in Cot­tbus sol­i­darisieren wir uns mit allen Men­schen auf der Flucht. Wir fordern, dass Retter*innen auf Hil­f­ss­chif­f­en nicht weit­er mit dem Gefäng­nis rech­nen müssen, dass sichere Fluchtrouten für Geflüchtete geschaf­fen wer­den und dass es in Europa, in Deutsch­land und auch in Cot­tbus sichere Orte zum Ankom­men und zum Bleiben gibt. Unser Protest richtet sich dabei auch gegen die abschot­tende Asylpoli­tik der EU und der Bun­desregierung, die den Tod von so viele Men­schen in Kauf nimmt. Wir wollen Cot­tbus als eine offene und sol­i­darische Stadt für Alle!
See­brücke, schafft sichere Häfen! Auch in Cottbus!
Bitte bringt orange Klei­dung mit. In anderen Städten sind z.B. auch Warn- und Ret­tungswest­en ein gemein­sames Erken­nungsze­ichen. Vom Zeigen von Nation­al- und Partei­flaggen bit­ten wir abzuse­hen. Bis dann!

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Antifaschismus

Rücknahme des Aufrufs zur Teilnahme am rbb-Talk

Das rbb Fernse­hen ver­anstal­tet mor­gen eine Talk-Runde bei der unter anderem Mar­i­anne Spring-Räum­schüs­sel von der AfD Cot­tbus und Christoph Berndt vom völkischen Vere­in Zukun­ft Heimat auf dem Podi­um stehen.
Wir von Cot­tbus Naz­ifrei! und der Fördervere­in Cot­tbuser Auf­bruch e.V. haben Erk­lärun­gen abgegeben warum wir das gewählte For­mat und diese Gäste für einen Dia­log zum The­ma Migra­tion und Inte­gra­tion in Cot­tbus für vol­lkom­men ver­fehlt hal­ten. [1]
Inzwis­chen haben weit­ere geladene Gäste wie Rain­er Drogla (SPD) und Hans-Joachim Weißflog (Grüne) ihre Teil­nahme abge­sagt. [2] Gle­ichzeit­ig haben die AfD und das neo­faschis­tis­che Kam­pag­nen­net­zw­erk „Ein­Prozent“, sowie die Iden­titären damit begonnen zur voll­ständi­gen Kape­rung dieser Ver­anstal­tung zu mobil­isieren. [3]
Ein­Prozent schreibt über seinen deutsch­landweit­en E‑Mail-Verteil­er: „Wir alle kön­nen Christoph Berndt im Stu­dio unter­stützen. Fassen Sie sich ein Herz und fahren Sie nach Cot­tbus!“ Die anderen Diskus­sion­spart­ner wer­den als „Vertreter der Alt­parteien“ und als „Gegen­spiel­er“ beze­ich­net. Hier wird deut­lich welch Geistes Kind das Net­zw­erke hin­ter dem ver­meintlichen Heimatvere­in ist. Mit Hil­fe von bun­desweit­en herangekar­rten Unterstützer*innen soll hier in Cot­tbus „Das Volk“ simuliert wer­den. Es geht ihnen aus­drück­lich nicht um einen Dialog.
Wir sind auf lokaler Ebene und so kurzfristig nicht in der Lage auf eine ähn­liche Weise zu mobil­isieren und wollen das in diesem Fall auch nicht! Durch die Absagen aus der Cot­tbuser Stadt­ge­sellschaft und die Kape­rung von rechts hat diese Sendung ihre Funk­tion als Seis­mo­graph der Stim­mung in Cot­tbus voll­ständig verloren.
Der rbb beschädigt aus unser­er Sicht mit der Durch­führung dieser Ver­anstal­tung den Begriff „Dia­log“ und auch sich selb­st mas­siv. Wie zweifeln daran, dass die Sicher­heit der Gäste in den Räu­men der Alten Chemiefab­rik sichergestellt wer­den kann. Die rechte Mobil­isierung stellt außer­dem eine nicht zu unter­schätzende Gefahr für das linke Haus­pro­jekt „Zelle79“ in der unmit­tel­baren Nach­barschaft dar.
Wir kön­nen und wollen unter diesen Umstän­den einen Aufruf zur Beteili­gung am rbb-Talk nicht verantworten.
[1] https://www.facebook.com/cottbus.stellt.sich.quer/posts/2035584666485327?__xts__%5B0%5D=68.ARBcFHwFhiZ0tjCjH2CwtKRXjZzw0r-MTTPauv3amyAv8s8PzwY3uSUO5-AIFsi0wu7clQKH5I7LDYQqQSHZGJu5XcssKx7KS0da1LatRi0JbbJAsR5lVWrNHRNYWDa6neqQvmupSbKAJ-mwflyHXH-97_K2kY3jnLC_Ac4a5jWdmf_zQpyl3w&__tn__=K‑R
[2] https://www.lr-online.de/…/rbb-kassiert-weit­ere-absagen-fue…
[3] https://einprozent.de/…/donnerstag-zukunft-heimat-im‑r…/2372

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

rbb-Talk im rassistischen Fahrwasser

Seit 2017 führt der Vere­in „Zukun­ft Heimat“ monatlich Demon­stra­tio­nen in #Cot­tbus durch. Als Aufhänger dafür wer­den Straftat­en genutzt, die in das Fre­und-Feind-Schema Aus­län­der-gegen-Deutsche passen. Nach den bish­er größten Demon­stra­tio­nen im Feb­ru­ar organ­isierte das rbb Fernse­hen am 1. März 2018 eine Fernse­hde­bat­te, die von sich behauptete ein Dia­log zu sein. Das dafür gewählte For­mat war eine Art Are­na aus ste­hen­den Zuschauern in deren Mitte sich sechs Teilnehmer*innen und die bei­den Mod­er­a­toren gegenüberstanden.
Bei den Fra­gen und Antworten ging es nicht darum sich aufeinan­der zu beziehen oder einen Per­spek­tivwech­sel einzunehmen, son­dern ähn­lich wie bei einem Wahldu­ell die Sendezeit zu nutzen, um seine Posi­tion vorzu­tra­gen und als Sieger*in oder Verlierer*in aus der Debat­te her­vorzuge­hen. Obwohl es um #Migra­tion in #Cot­tbus ging, hat­te nie­mand einen Migra­tionsh­in­ter­grund oder arbeit­ete auch nur im Inte­gra­tions­bere­ich. Die Stim­mung im Saal war aggres­siv und vor allem die rechte Klien­tel im Pub­likum unter­brach Redner*innen immer wieder lautstark.
Die Kri­tik im Nach­hinein wurde von den Ver­ant­wortlichen nicht berück­sichtigt. An diesem Don­ner­stag soll genau diese Ver­anstal­tung unter ähn­lichen Rah­menbe­din­gun­gen in der Alte Chemiefab­rik wieder­holt wer­den. Aus­ges­trahlt wird die Sendung mit etwas Verzögerung um 21:00 Uhr. Auf dem Podi­um ste­hen neben Hol­ger Kelch (CDU), Mar­tin Gro­holt (SPD) und Prof. Dr. Dierk Bors­tel erneut die bei­den AfD-Mit­glieder Mar­i­anne Spring-Räum­schüs­sel und Christoph Berndt. Den Vertreter der Regierungspoli­tik wird damit allein die Posi­tion der­jeni­gen ent­ge­genset­zt, die die seit Monat­en mit ein­er ras­sis­tis­chen Kam­pagne ver­suchen die Stim­mung in der Stadt aufzuheizen. Dazwis­chen ste­ht ein ver­meintlich­er Recht­sex­trem­is­mus-Experte aus Dort­mund dem die Sit­u­a­tion hier in Cot­tbus kaum ver­traut sein dürfte.
In der Ankündi­gung der Ver­anstal­tung hat der rbb die rechte Erzäh­lung von der per­ma­nen­ten Auseinan­der­set­zung von „Aus­län­dern gegen Deutsche“, die Cot­tbus zu einem „Bren­n­glas deutsch­er Migra­tionspoli­tik“ machen wür­den, sog­ar gle­ich ganz über­nom­men. [1]
Die Ein­gren­zung gesellschaftlich­er Kon­flik­te und Krim­i­nal­ität auf die Frage nach der nationalen Zuge­hörigkeit bietet die ide­ale Grund­lage für ras­sis­tis­che Stim­mungs­mache. Die Per­spek­tive der tausenden Men­schen, die nach Cot­tbus fliehen mussten oder die einen anderen Migra­tionsh­in­ter­grund haben soll offen­bar kom­plett ignori­ert wer­den, obwohl viele von ihnen inzwis­chen gut Deutsch sprechen, gesellschaftlichen Funk­tio­nen übernehmen und sich tagtäglich mit ras­sis­tis­chen Anfein­dun­gen auseinan­der­set­zen müssen.
Vor allem die erneute Ein­ladung von Christoph Berndt als Vertreter des Zukun­ft Heimat e.V. durch den rbb ist beson­ders kri­tik­würdig. Bei der Gespräch­srunde im März han­delte es sich bei dem Vere­in um einen noch ver­gle­ich­sweise jun­gen Akteur in #Cot­tbus, der eventuell von den Ver­ant­wortlichen noch nicht richtig eingeschätzt wer­den kon­nte. Inzwis­chen sind die Ver­strick­un­gen von Christoph Berndt und seinem Vere­in in die neo­faschis­tis­che Szene aber wei­thin bekan­nt. Selb­st der lange schweigende Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg hat bestätigt, dass Mit­glieder der ver­bote­nen Neon­azi-Vere­ini­gung „Spreelichter“ für den Vere­in arbeit­en und die Medi­en­ar­beit übernehmen. Die Vor­sitzende des Vere­ins­büros in der Müh­len­straße 44 Melanie Kreissl war sog­ar per­sön­lich an der Aktion der Iden­titären Bewe­gung bei der Beset­zung des Stadthal­len­daches beteiligt. [2] Auf der let­zten Kundge­bung hat Christoph Berndt die Ermit­tlung gegen die rechte Ter­ror­gruppe in #Chem­nitz als Lüge beze­ich­net. [3]
Das aus­gerech­net mit diesen Leuten über Migra­tion und Inte­gra­tion von Aus­län­dern gesprochen wer­den soll ist schlicht absurd. Die #Iden­titären wer­ben mit dem Slo­gan „Inte­gra­tion ist eine Lüge“, denn inner­halb ihres völkischen Welt­bildes wer­den Men­schen klar ent­lang ras­sis­tis­ch­er und nation­al­is­tis­ch­er Zuschrei­bun­gen unter­schieden. Migra­tion und Ver­mis­chung sind ver­meintlich wider­natür­liche Vorgänge. Men­schen mit dun­kler Haut oder mus­lim­is­chen Glaubens wird pauschal die Fähigkeit zur Inte­gra­tion abge­sprochen. Natür­lich gibt es im Zusam­men­leben von Men­schen unter­schiedlich­er Herkun­ft auch Prob­leme und Kon­flik­te. Aber Ras­sis­ten und Nation­al­is­ten haben dafür keine men­schlichen Lösungen.
Ohne dieser Talk-Runde zu viel Bedeu­tung beizumessen stellt sie als Podi­um eines öffentlich-rechtlichen Senders doch ein Art Seis­mo­graph für die aktuelle gesellschaftliche Stim­mung dar. Die #AfD und der Zukun­ft Heimat e.V. sind sich dem bewusst und ver­suchen deswe­gen auch gezielt ihre Anhänger*innen am Don­ner­stag in den Saal zu mobil­isieren und die Stim­mung vor Ort zu dominieren. Beispiel­sweise der Neon­azi Fried­bert Müller hat sein Kom­men schon angekündigt. Dieser beze­ich­net auch schon mal Mithelfer in Auschwitz als „Diener des Volkes“. [4] Diese Men­schen wollen kein Recht und Ord­nung, son­dern die totale Eskala­tion um ihre Ver­nich­tungsphan­tasien unges­traft ausleben zu können.
Das Zusam­men­leben und Inte­gra­tion in ein­er #Ein­wan­derungs­ge­sellschaft bedeutet, dass die Inte­gra­tions­bere­itschaft sowohl bei den Zuge­wan­derten als auch bei den Ein­heimis­chen gefördert wer­den muss. Das Find­en ein­er gemein­samen Sprache, der Dia­log auf Augen­höhe und das Machen von gemein­samen pos­i­tiv­en Erfahrun­gen hal­ten wir für den richti­gen Weg. Der rbb geht mit dieser Ver­anstal­tung lei­der in die ent­ge­genge­set­zte Rich­tung. Wir von Cot­tbus Naz­ifrei! wer­den uns deswe­gen daran nicht beteili­gen – rufen aber trotz­dem alle dazu auf den Zuschauer­raum zu beset­zen und die per­sön­liche Kri­tik direkt an die Beteiligten und den rbb zu richten.
WANN: 11. Okto­ber 2018, 18:15 Uhr
WO: Alte Chemiefab­rik Cot­tbus (Parzel­len­straße 21)
Als echt­es Dialog­for­mat zwis­chen Ein­heimis­chen und Migranten empfehlen wir anson­sten das Sprech­café Cot­tbus und die Ini­tia­tive Start with a Friend.
[1] https://www.rbb-online.de/…/progr…/11_10_2018/925142378.html
[2] https://www.pnn.de/…/verfassungsschutz-aeusse…/22916578.html
[3] https://www.lr-online.de/…/zukunft-heimat-demonstriert-am‑3…
[4] https://www.facebook.com/…/rpp.175289609…/1745693848807745/…

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Sonstiges

Termine im Oktober 2018 im KuZe

Fre­itag, 12.10., 20 Uhr: Impropedia
Beschrei­bung: Die Her­aus­forderung ist kom­plex: 3 absolute Spezial­fra­gen, gestellt von einem Experten aus Pots­dam sollen von Improspiel­ernIn­nen beant­wortet wer­den. Was zum Scheit­ern verurteilt scheint, wird durch die Gun­st des Pub­likums möglich. In vergnüglich­er Szenen­folge rin­gen die Impro­visa­teure um Punk­te, mit denelun­gen und Aus­führun­gen einer/s Expert/in. Ein­tritt frei!/ // *n sie sich die Lösun­gen erkaufen kön­nen. Egal wie, am Ende gewin­nt das Pub­likum — einen bun­ten The­at­er­abend, span­nen impro­visiert­er Szenen und Geschicht­en inspiri­ert von den Erzäh­lun­gen und Aus­führun­gen einer/s Expert/in. Ein­tritt frei!
 
Dien­stag, 16.10., 18:30 Uhr: Improvisations-Workshop
Beschrei­bung: Das Ort­sju­gendw­erk Pots­dam lädt zu einem Kennlern-Abend ins KuZe, Her­mann-Elflein-Str. 10 in Pots­dam, ein. Das Ortju­gendw­erk ist ein Zusam­men­schluss junger Men­schen, die sich regelmäßig über poli­tis­che und gesellschaftliche The­men aus­tauschen und vielfältig betäti­gen. ? An diesem Abend laden wir zu einem zwei-stündi­gen Impro­vi­sa­tions-Work­shop ein. Wir wer­den uns zunächst mit Spie­len und Übun­gen eini­gen Tech­niken der Impro­vi­sa­tion auf der Bühne näh­ern und diese im zweit­en Teil in ver­schiede­nen For­mat­en aus­pro­bieren. Dazu braucht ihr keine Vorken­nt­nisse — ein­fach unter ojw.potsdam@gmail.com anmelden, damit wir den Überblick behal­ten. ? Danach kön­nt Ihr uns und das Ort­sju­gendw­erk an der Bar des KuZe näher ken­nen­ler­nen. Ein­tritt frei!
 
Dien­stag, 23.10., 20 Uhr: Refugee-Theater
Beschrei­bung: „Refugees The­ater Groups“ wurde vor 3 Jahren ins Leben gerufen. Wir wollen den Umgang der Europäis­chen Union und beson­ders der deutschen Regierung mit Geflüchteten und Migrant_innen darstellen, anprangern und bekämpfen. Wir schreiben Szenen, die vom realen Leben der Geflüchteten in einem hin­ter­hälti­gen Sys­tem inspiri­ert sind. So zum Beispiel: Der Asy­lantrag | Die Abschiebung | Der unver­ständliche Brief | Fron­tex: Die Mauer | Gren­zen: Die Welt zerteilen | Aus­län­der-behörde | Trau­ma­tisiert vom Sys­tem | Mod­erne Ver­sklavung | Die Geflüchteten haben keine Rechte | Die Gesund­heit­skarte | Warten, Warten, Warten… Wir wollen der Öffentlichkeit und der Welt diese Geschicht­en erzählen. Wir möcht­en einem bre­it­en Pub­likum die schlimme Sit­u­a­tion aufzeigen, in der Geflüchtete und Migrant_innen in Europa und beson­ders in Deutsch­land leben. Die Szenen wer­den auf Franzö­sisch aufge­führt, mit deutschen Unter­titeln. Vor und nach dem The­ater­stück kön­nt ihr gern auf ein Getränk oder Gespräch beim Pangea-Tre­sen vorn in der Kneipe vor­beikom­men! Ein­tritt frei!
 
Fre­itag, 26.10., 19 Uhr: Inter­sex Aware­ness Day — Amnesty Pots­dam lädt ein!
Beschrei­bung: Inter­sex­u­al­ität? Was ist das eigentlich? Was ist das für ein Gesetz zum drit­ten Geschlecht, das Ende des Jahres in Kraft treten soll? Und was hat das Ganze über­haupt mit Amnesty und den Men­schen­recht­en zu tun? All diese Fra­gen und noch viele mehr wollen wir anlässlich des ‘Inter­sex Aware­ness Day’ mit euch bei einem gemein­samen Filmabend klären und disku­tieren! Ab 19 Uhr zeigen wir den neuseeländis­chen Doku­men­tarfilm “Inter­sex­ion” (2012). Im Anschluss wird es eine kurze Ein­führung in das The­ma durch eine/n Inter*Aktivist*in und eine offene Diskus­sion­srunde geben. Ein­tritt frei!
 
Sam­stag, 27.10., 20 Uhr: Schneller Vor­lauf — Fast for­ward — ein inter­na­tionales Jugend-Kunst-Projekt
Beschrei­bung:/ Alles bewegt sich immer schneller. Immer weniger Zeit zum nach­denken. Zum fühlen. Der tech­nol­o­gis­che Fortschritt ist schneller, als viele fol­gen kön­nen, aber was ist mit den Jugendlichen? Wie erleben sie diesen Wirbel­wind? Schaf­fen sie es, einen Moment zu find­en, um ihre Emo­tio­nen anzuschauen — oder gibt es dafür auch keine Zeit? Wie sehen sie sich als Men­schen, wenn sie einen “Zeitraf­fer” ‑Knopf drück­en und die Zukun­ft erre­ichen kön­nten? Dies ist ein Gedanke­naus­tausch, der dritte Teil der Begeg­nung von Jugendlichen zwis­chen 13 und 18 Jahren aus Spanien, Frankre­ich und Deutsch­land. Mit der Sprache des The­aters, mit den Mit­teln des Zirkus, mit Musik, Video und Tanz wer­den wir dem Pub­likum zeigen, was wir in diesem “schnellen Vor­lauf” gefun­den haben. Eine Ver­anstal­tung des Offe­nen Kun­stvere­ins (OKeV). Ein­tritt frei!
 
Dien­stag, 30.10., 20 Uhr: Filmabend „3 Räume der Melan­cholie“ (2004)
Beschrei­bung: Der Fach­schaft­srat Slav­is­tik lädt ein zu Film­schau und Podi­ums­diskus­sion: “3 Räume der Melan­cholie” (2004) von Pir­jo Honkasa­lo Die Repub­lik Tschetsche­nien ist eine autonome Teil­re­pub­lik der Rus­sis­chen Föder­a­tion im nördlichen Kauka­sus. In den 1990er und frühen 2000er Jahren wurde sie Schau­platz zweier ver­heeren­der Kriege, in denen die Moskauer Zen­tral­macht tschetschenis­che Bestre­bun­gen nach Unab­hängigkeit mit Gewalt nieder­schlug. Die außeror­dentliche Bru­tal­ität des Kon­flik­tes und die hohe Zahl zivil­er Opfer führte im In- und Aus­land zu mas­siv­er Kri­tik am Vorge­hen Moskaus. Als es Anfang der 2000er Jahre entsprechend der Dok­trin des “Krieges gegen den Ter­ror” neue Feinde zu bekämpfen galt, gelang es der rus­sis­chen Regierung, ihr Vorge­hen in Tschetsche­nien als ihren Beitrag in dieser Sache umzudeklar­i­eren.  Die Stim­men des Protestes wur­den leis­er. Die Tschetsche­nien-Kriege haben nach­haltige Auswirkung auf die tschetschenis­che- und rus­sis­chsprachige Lit­er­atur. Die Fol­gen für Beteiligte sowie Betrof­fene sind bis heute in Poli­tik, Gesellschaft und Kul­tur spür­bar. In Tschetsche­nien wächst eine Gen­er­a­tion her­an, für die von Geburt an der Krieg All­t­ag bedeutet. Die finnis­che Regis­seurin Pir­jo Honkasa­lo doku­men­tierte in den frühren 2000er Jahren das Her­anwach­sen eben dieser Gen­er­a­tion mit der Kam­era. Ihr Film “3 Räume der Melan­cholie” fol­gt Jun­gen, die in ein­er Kadet­ten­schule nahe Sankt Peters­burg zur neuen mil­itärischen Elite des Lan­des erzo­gen wer­den, und ein­er Tschetschenin, die sich um die ver­wais­ten Kinder der tschetschenis­chen Haupt­stadt Gros­ny bemüht. Da in Deutsch­land nie für den Ver­leih vorge­se­hen, wird der Film in Orig­i­nal­fas­sung mit englis­chen Unter­titeln gezeigt. Begleit­et wird der Abend von einem Gespräch mit Dr. Nina Frieß, ehe­ma­lige Mitar­bei­t­erin am Insti­tut für Slav­is­itk, die die Ver­anstal­tung um eine kul­tur- und lit­er­atur­wis­senschaftliche Per­spek­tive ergänzen wird. Denn Tschetsche­nien ist bei Weit­em nicht erst seit den 1990er Jahren ein wiederkehren­des Motiv der rus­sis­chen Kul­tur. Ein­tritt frei!
 
Alle Ver­anstal­tun­gen find­en statt im:
Stu­den­tis­ches Kul­turzen­trum Pots­dam [KuZe]
Her­mann-Elflein-Str, 10 14467 Potsdam

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