Diesen Samstag, den 17.11., findet endlich Inforiot’s Geburtstags-Zeckentreff statt. Um 20:00 geht es im Spartacus los. Euch erwarten eine Lesung, Konzerte, im Anschluss Party und natürlich alles, was sonst noch zu einer guten Geburtstagsfeier dazugehört.
Als Einstimmung werden diese Woche Redaktionsmitglieder erzählen, wie sie eigentlich zu Inforiot gekommen sind und was das Projekt für sie bedeutet.
Den Anfang macht Summer.
„Ich komme aus einer Kleinstadt im Speckgürtel von Berlin. Geboren bin ich in einem ganz anderen Land. Wie es zu der Zeit nicht ganz unüblich war, ist der Nachbarsjunge irgendwann ein Nazi geworden. Er fing an meine Familie, die einen eindeutig ausländisch klingenden Namen hat, zu terrorisieren, indem er nächtliche Saufgelage bei sich veranstaltete. So eine Plattenbau-Wand ist dünn. Und so kam es, dass ich regelmäßig unter „Sieg Heil“ und „Ausländer Raus“-Rufen sowie dem Trällern von Landser-Songs mitten in der Nacht geweckt wurde. Die Polizei kam hin und wieder an, nachdem meine Eltern dort ganz entnervt anriefen. Aber sobald die Polente weg war, ging der Psycho-Terror von vorne los. Irgendwann reichte es mir und ich beschloss, selbst dagegen vor zu gehen. Während ich vorgab Hausaufgaben zu machen, suchte ich nach Kontakt zu Gleichgesinnten im Internet, denn meine Mitschüler_innen haben sich einen Dreck für Politik interessiert. Ich stieß dabei auf die Seite „antifa.de“. Die schrieb ich dann an. In ihrer Antwort verwiesen sie mich an die Opferperspektive, die lokale Antifa-Gruppe und eben an Inforiot. Das war der Tag, an dem Inforiot meine Verbindung zu einem gewaltigen Micro-Kosmos wurde, in dem ich mich nicht mehr alleine gefühlt habe. Noch bevor ich die Leute aus der lokale Antifa-Gruppe kennenlernen konnte, machten diese Abitur und verpissten sich nach Berlin. Aber Inforiot blieb und wurde zu meinem täglichen Begleiter. Fünf Jahre nach diesem Erlebnis wurde ich dann gefragt, ob ich Teil der Redaktion werden möchte. Mittlerweile bin ich nun fast sieben Jahre dabei und hoffe all denen, die sich in den Kleinstädten und Dörfern auch so ohnmächtig und allein fühlen, wie ich es einst war, Mut und Hoffnung zu geben.“
Heute erzählt Jess seine Geschichte.
„Als Jugendlicher, in einer kleinen Stadt in Brandenburg, ohne Smartphones, gutes Internet oder einen Raum, in dem man sich hätte treffen können, war es manchmal gar nicht so einfach aufzuwachsen und sich politisch außerhalb von Parteien einzubringen. Die Bedrohung durch Neonazis war regelmäßig gegeben und es war auch keine Seltenheit, dass 20 Neonazis vor der Schule warteten, um links aussehende Jugendliche abzufangen und einzuschüchtern. Oft stand man damit allein da oder hatte das Gefühl, nichts machen zu können, da es an eigenen Erfahrungen mangelte und der Austausch mit älteren Generationen von linken Menschen nicht möglich war.
Da fühlt man sich als linker Jugendlicher schnell sehr allein. Mit dem Fachabitur, welches ich in der nächst größeren Stadt machte, lernte ich zum ersten Mal ein Hausprojekt kennen und weitere Menschen, die den Wunsch nach Räumen ohne Neonazis mit mir teilten. Dort hörte ich auch das erste Mal von Inforiot.
Mit dem Umzug in eine größere Stadt in Brandenburg, ergab sich auch die Möglichkeit, sich mit vielen verschiedenen Themen zu beschäftigen. Zentral dabei war immer die Prävention der extremen Rechten, woraus natürlich auch politische Arbeit resultierte, für die IR nicht wegzudenken war. Einerseits war es sehr bestärkend zu sehen, dass so viel in Brandenburg passiert und nicht nur in Berlin. Wie viele linke Häuser es gibt, wie viele Gruppen, Veranstaltungen oder Bildungswochenenden. Das zu sehen gab auf jeden Fall Kraft.
Nach Jahren der politischen Arbeit in Brandenburg blieb IR immer ein fester und wichtiger Bestandteil für mich und somit war es eine große Freude, dann auch gefragt zu werden und selbst dieses, für mich so wichtige, Projekt unterstützen zu können.“
Kalle:
„Nachdem mir Inforiot von einem guten Freund nahe gelegt wurde, fing ich innerhalb kurzer Zeit an, dort genauso oft nach Neuigkeiten zu suchen wie auf linksunten.indymedia. Für mich, als jugendlichen Antifa, war Inforiot nicht nur ein Anschluss an die “Szene”, die es in der eigenen Stadt nicht gab. Inforiot war auch eine Art riesiger virtueller Bibliothek. Ich habe damals auch oder vor allem tagelang ungeduldig auf den nächsten Rechercheartikel gewartet. Egal ob aus Nord‑, Süd, Ost- oder Westbrandenburg, ich habe alles verschlungen.
Ich finde, dass Inforiot eine extrem wichtige Struktur, auch in social media dominierten Zeiten, ist. Obwohl jüngere Menschen mittlerweile oft gar nicht mehr auf Webseiten gehen, weil Facebook alles bis in den Feed liefert, sind und bleiben Projekte wie Inforiot strukturell wichtig.“
Zum Abschluss erzählt Rachel ihre Geschichte zu Inforiot:
„Als ich nach Brandenburg gezogen bin (Ja, bei IR gibt es Leute aus dem kapitalistischen Westen!), war Inforiot meine erste Adresse, um zu schauen, was in meiner neuen (Provinz-)Heimatstadt so geht. Die Übersicht über Gruppen und Projekte war ein guter Einstieg.
Um so cooler, dass ich jetzt Teil des Redaktionskollektives sein kann! Gerade wenn mensch noch nicht so eingebunden ist, sei es, weil mensch neu in der Region oder frisch politisiert ist, ist eine landesweite Plattform enorm hilfreich, um sich zu orientieren.“
Feiert morgen, 17.11.2018, mit uns zusammen im Spartacus den Inforiot-Geburtstag. Wir freuen uns!
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