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Haftskandal sorgt für Stühlewackeln

(TAZ) POTSDAM dpa Nach dem Skan­dal um Mis­shand­lun­gen von Häftlin­gen in der JVA
Brandenburg/Havel ist nach Ansicht der SPD eine Rück­tritts­forderung an
Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein (CDU) aus dem Par­la­ment her­aus nicht
auszuschließen. Der Recht­sauss­chuss des Land­tages werde sich zunächst heute
von Rich­stein informieren lassen, bevor es eine Entschei­dung geben werde,
sagte der Vize-Vor­sitzende Peter Muschahlla (SPD). Nach seinen Worten sei es
unwahrschein­lich, dass Rich­stein von den Vor­fällen — trotz der seit Januar
gegen unbekan­nt laufend­en Ermit­tlun­gen — erst jet­zt erfahren habe. Der
Sender RBB hat­te unter Beru­fung auf zwei Exge­fan­gene und einen noch
inhaftierten Mann berichtet, dass Insassen der JVA in den Jahren 2001 bis
2004 durch ver­mummt auftre­tende Vol­lzugs­beamte schw­er mis­shan­delt wurden. 

Wider­sach­er im eige­nen Haus?

Bran­den­burgs Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein heute vor Rechtsausschuss

(Tagesspiegel, Michael Mara und Thorsten Met­zn­er) Pots­dam. Es war kein guter Fernseh-Auftritt. Bar­bara Rich­stein muss es
gespürt haben. Bran­den­burgs CDU-Jus­tizmin­is­terin wirk­te unsich­er, als die
Fra­gen des RBB-Mod­er­a­tors zu Mis­shand­lun­gen in der Jus-tizvollzugsanstalt
Bran­den­burg immer boh-ren­der wur­den. “Ziehen Sie per­sön­liche Konsequenzen?”
Da geri­et Rich­stein, mit 38 Jahren die jüng­ste im Kabi­nett, aus der Fassung.
Doch die Frage wird immer lauter gestellt. Nicht nur PDS, FDP und Grüne
fordern ihren Rück­tritt. Auch Sozialdemokrat­en, die gemein­sam mit der CDU
regieren. Dabei hat die Anwältin, die im Som­mer 2002 als politische
Seit­ene­in­steigerin über­raschend Nach­fol­gerin des über eine Immobilienaffäre
gestürzten Kurt Schel­ter wurde, zumin­d­est nach Bekan­ntwer­den der Vorwürfe
keinen Fehler gemacht: Sie sus­pendierte sofort fünf Vol­lzugs­beamte, die am
13. Jan­u­ar einem herzkranken Häftling trotz eines schw­eren Herzinfarkts
ärztliche Hil­fe ver­weigerten und den 55-jähri­gen stattdessen fes­sel­ten und
in eine Arrestzelle sper­rten. Sie leit­ete gegen acht Beamte
Diszi­pli­narver­fahren ein. Und sie will die Anstalt­sleitung zur Verantwortung
ziehen. 

Trotz­dem wird sie sich auf der heuti­gen Son­der­sitzung des Rechtsausschusses
unbe­queme Fra­gen gefall­en lassen müssen: Wie kon­nten dem Ministerium
Strafanzeigen von Häftlin­gen über Mis­shand­lun­gen ver­bor­gen bleiben? Warum
hat sie erst durch eine RBB-Sendung von der unter­lasse­nen Hil­feleis­tung im
Jan­u­ar und den schon vor zwei Monat­en ein­geleit­eten Ermit­tlun­gen der
Staat­san­waltschaft erfahren? Wieso kon­nten in der JVA Bran­den­burg jahrelang
Wärter mit Stur­m­masken ver­mummt gegen ren­i­tente Häftlinge vorgehen? 

“Das ist mir nicht bekan­nt gewe­sen”, sagt Rich­stein, die das Tra­gen der noch
unter Jus­tizmin­is­ter Hans-Otto Bräutigam 1994 angeschafften Masken umgehend
ver­boten hat. Sie ver­schärfte inzwis­chen auch per Erlass die
Bericht­spflicht­en der Anstalt­sleitun­gen. Und sie lässt frühere Anzeigen von
Mis­shand­lun­gen über­prüfen. “Was hätte ich denn noch tun sollen?”, fragt die
Min­is­terin — über­rascht von der Wucht der Anwürfe. “Den Vor­wurf, dass ich
ver­tusche, lasse ich mir nicht machen.” Schon bei der Trennungsgeld-Affäre
griff sie hart durch, ver­an­lasste eine Über­prü­fung der gesamten Jus­tiz — und
machte sich damit dort viele Feinde. Denn hochrangige Juris­ten ste­hen jetzt
im Visi­er der Staat­san­waltschaft. Ließ der Appa­rat sie deshalb ins offene
Mess­er laufen? 

Selb­st Parteifre­unde räu­men ein, dass Rich­stein “geschwächt ist”. Schon seit
län­gerem wird in der CDU beklagt, dass die Vize-Parte­ichefin, die bereits
als poten­zielle Nach­fol­gerin von Parte­ichef Jörg Schön­bohm galt, “poli­tisch
blass geblieben” sei. Bere­its vor dem Gefäng­nis-Skan­dal gab es Stör­feuer aus
den eige­nen Rei­hen: Sie ver­nach­läs­sige die Europa­poli­tik, für die sie
zuständig ist, habe keine offen­sive Öffentlichkeit­sar­beit betrieben. Dennoch
glauben nur wenige, dass die Partei sie jet­zt fall­en lässt, wo Wahlkampf
herrscht und Ge-schlossen­heit ange­sagt ist. Auf die Zeit nach der
Land­tagswahl wollen sich Christ­demokrat­en nicht fes­tle­gen, zumal immer
wieder eine Verkleinerung des Kabi­netts disku­tiert wird. 

Aber Bar­bara Rich­stein, die Marathon­läuferin, sieht sich nicht als
“Wack­elka­n­di­datin” bei ein­er Neuau­flage der Großen Koali­tion. “Ich habe die
Aus­dauer, das durchzuste­hen.” Allerd­ings weiß sie, dass keine neuen “Minen” hochge­hen dürfen.

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