Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen kurdischen Flüchtling
Am Donnerstag um 9:00 Uhr beginnt die Hauptverhandlung gegen den Schweißer Musa E., der im Jahre 2003 vor politischer Verfolgung nach Deutschland geflüchtet ist und hier Asyl beantragt hat. Er und seine Frau, die kurze Zeit danach mit ihrer kleinen Tochter ebenfalls nach Deutschland flüchtete, leiden immer noch psychisch unter den Folgen von Folter und Mißhandlung. Das Verwaltungsgericht Dresden hat den Mandanten nach umfangreicher Verhandlung im August 2007 als asylberechtigt anerkannt. (Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.)
Am 18.03.2007 wurde in ihrer Wohnung in Potsdam, Gaußstraße, wo die Familie mit einem weiteren Kleinkind seit längerem lebt, Sturm geklingelt, als Musa E. gerade dabei war, in der Küche das Essen vorzubereiten, und dabei aus dem Fenster auf der Straße an der Haltestelle der Straßenbahn eine Gruppe randalierender Jugendlicher bemerkte. Als er über die Sprechanlage fragte, was los ist, hörte er wüstes Geschrei, rassistische ausländerfeindliche Parolen und die Aufforderung, er sollte herauskommen. die Kinder begannen zu weinen. In ihrer Angst verständigten sie die Polizei, die versprach eine
Streifenwagen vorbeizuschicken.
Einige Zeit später hörten sie, wie eine Gruppe der Jugendlichen durch das Treppenhaus zu ihnen hoch stürmten und gegen die Wohnungstür traten und schlugen. Mein Mandant rief erneut bei der Polizei an und berichtete, daß die Jugendlichen jetzt hochgekommen seien und die Tür einschlagen wollten, um reinzukommen. Der Polizist stellte immer neue Fragen nach Zahl, Alter und Vorgehen der Angreifer, während die Situation eskalierte, ohne daß die Polizei erschien oder auch nur definitiv zusagte, die Familie unterstützen zu wollen. In panischer Angst um Frau und Kinder nahm Musa E. schließlich ein Tischbein, riß die
Wohnungstür auf und schlug die Jugendlichen in die Flucht.
Wegen gefährlicher Körperverletzung an einem der Jugendlichen steht er jetzt vor Gericht, während das Strafverfahren gegen den Jugendlichen eingestellt worden ist. Aufgrund der Einlassung des Mandanten im vorangegangenen Hauptverhandlungstermin im Februar d.J. hat die Amtsrichterin ein Sachverständigengutachten zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten eingeholt. Zur Hauptverhandlung am Donnerstag sind vier der Jugendlichen als Zeugen geladen.
Das Verfahren wird unter anderem beobachtet von dem Verein Opferperspektive in Potsdam.
Ort: Amtsgericht Potsdam Jägerallee 10 — 12, 14469 Potsdam