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(Anti-)Rassismus

Kein Winterabschiebestopp für Roma in Brandenburg

Mit einem Schreiben vom 5. Jan­u­ar bat der Flüchtlingsrat Bran­den­burg die Lan­desregierung um einen Win­ter­ab­schieb­stopp für Roma in die Län­der des ehe­ma­li­gen Jugoslaw­iens nach dem Vor­bild des Lan­des Nor­drhein-West­falen. Lei­der erhiel­ten wir aus­gerech­net am 27. Jan­u­ar, dem offiziellen Gedenk­tag an die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus und dem Tag der bewe­gen­den Rede des europäis­chen Vertreters der Sin­ti und Roma Zoni Weisz im Bun­destag, ein ablehnen­des Antwortschreiben aus dem Innen­min­is­teri­um. Darin heißt es u. a. „gegen einen generellen Abschiebestopp spricht auch die Ver­ant­wor­tung, die die Staat­en des ehe­ma­li­gen Jugoslaw­ien gegenüber allen ihren Staats­bürg­ern haben und wahrnehmen müssen. Eine Aus­set­zung von Rück­führun­gen würde ihnen die Ver­ant­wor­tung abnehmen“.

Das sieht Zoni Weisz anders. Wir zitieren ihn im Fol­gen­den und schick­en vor­weg, dass die Sit­u­a­tion, die er z.B. für Bul­gar­ien beschreibt, für Ser­bi­en, Maze­donien und Koso­vo ähn­lich doku­men­tiert ist und ver­weisen auf ein Fea­ture im Deutsch­land­funk: „Falsche Heimat — Die Abschiebung der Roma in den Koso­vo“ dlf, heute, 1.Feb.2011, 19 uhr 15 

Aus der Rede von Zoni Weisz:
„Heute erin­nern wir an die Schreck­nisse der Nazi-Ära, doch erlauben Sie mir, etwas zur Stel­lung von Sin­ti und Roma, meinem Volk, im heuti­gen Europa zu sagen. In zahlre­ichen Län­dern sind wir die älteste Min­der­heit­en­gruppe. Es ist men­sche­nun­würdig, wie Sin­ti und Roma, ins­beson­dere in vie­len osteu­ropäis­chen Län­dern wie zum Beispiel Rumänien und Bul­gar­ien, behan­delt wer­den. Der weitaus größte Teil ist chan­cen­los, hat keine Arbeit, keine Aus­bil­dung und ste­ht ohne ordentliche medi­zinis­che Ver­sorgung da. Die Lebenser­wartung dieser Men­schen ist wesentlich geringer als die der dort leben­den “nor­malen” Bürg­er. Diskri­m­inierung, Stig­ma­tisierung und Aus­gren­zung sind an der Tage­sor­d­nung. (…) Diese Län­der sind vor Kurzem erst der Europäis­chen Gemein­schaft beige­treten, beze­ich­nen sich selb­st als kul­tiviert. Es ist kein Wun­der, dass seit eini­gen Jahren ins­beson­dere Roma auf der Suche nach einem besseren Leben und nach Zukun­ft für ihre Kinder nach Wes­teu­ropa kom­men. In manchen Län­dern Wes­teu­ropas wie Ital­ien und Frankre­ich wird man dann wieder diskri­m­iniert, aus­ge­gren­zt und lebt unter men­sche­nun­würdi­gen Umstän­den in Ghet­tos. Man wird wieder des Lan­des ver­wiesen und in das Herkun­ft­s­land abgeschoben. Diese Men­schen sind jedoch Ein­wohn­er von Län­dern, die der Europäis­chen Gemein­schaft ange­hören. Die Europäis­che Kom­mis­sion hat in Per­son ihrer Vizepräsi­dentin Viviane Red­ing mit deut­lichen Worten gegen diesen nicht hin­nehm­baren Zus­tand Stel­lung bezo­gen. Ich hoffe, dass man die betr­e­f­fend­en Regierun­gen darauf auch weit­er­hin ansprechen wird. Wir sind doch Europäer und müssen diesel­ben Rechte wie jed­er andere Ein­wohn­er haben, mit gle­ichen Chan­cen, wie sie für jeden Europäer gel­ten. Es kann und darf nicht sein, dass ein Volk, das durch die Jahrhun­derte hin­durch diskri­m­iniert und ver­fol­gt wor­den ist, heute, im ein­undzwanzig­sten Jahrhun­dert, immer noch aus­geschlossen und jed­er ehrlichen Chance auf eine bessere Zukun­ft beraubt wird.“ 

Ein Abschiebestopp für Roma und Sin­ti wenig­stens für die Win­ter­monate wäre eine Geste gewe­sen, die wir vom der Lan­desregierung Bran­den­burg min­destens erwartet hätten.

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