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Antifaschismus

Pritzwalk: Proteste gegen AfD-Versammlung


An ein­er von einem Kreistagsab­ge­ord­neten der recht­spop­ulis­tis­chen „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) angemelde­ten Ver­samm­lung in Pritzwalk (Land­keis Prig­nitz) nah­men am Mon­tagabend unge­fähr 160 Men­schen teil. Die Ver­anstal­tung hat­te das Mot­to „Gegen das Poli­tikver­sagen“ und richtete sich über­wiegend gegen die weit­ere Auf­nahme von Flüchtlin­gen. Die Kundge­bung in der Mark­t­straße wurde zuvor sowohl vom AfD Kreisver­band Prig­nitz, von einem „Prig­nitzer Bürg­erzusam­men­schluss“ und der latent neon­azis­tis­chen Inter­net-Ini­tia­tive „Pritzwalk sagt NEIN zur Asylpoli­tik“ bewor­ben. Zeit­gle­ich zu der flüchtlings­feindlichen Ver­samm­lung fand zwis­chen St. Niko­laikirche und Markt eine Gegen­ver­anstal­tung statt, an der ins­ge­samt 100 Men­schen teilnahmen.
Proteste in Hör- und Sichtweite
Zen­traler Pro­tes­tort war der Platz nördlich der Mark­t­straße, zwis­chen Stadtver­wal­tung und einem Kred­itin­sti­tut. Dort hat­ten sich unge­fähr 50 Men­schen ver­sam­melt und laut­stark ver­sucht, die AfD-Kundge­bung auf der anderen Straßen­seite mit Pfif­f­en und Rufen zu stören. Die Polizei hielt jedoch die Teilnehmer_innen bei­der Ver­anstal­tun­gen weit­ge­hend auf Dis­tanz. Zwis­chen den kon­trären Ver­samm­lun­gen war ein Raum von 15 bis 20m in der Bre­ite, der mit Git­tern abge­tren­nt war. Dort hiel­ten sich auch zusät­zliche Beamt_innen der Bere­itschaft­spolizei, mit Blick­rich­tung Gegen­demon­stra­tion, auf. Der Protest in Hör- und Sichtweite blieb allerd­ings friedlich.
Eine zweite Ver­samm­lung, die eben­falls als Gegenkundge­bung zur AfD-Ver­samm­lung gew­ertet wer­den kann, fand wenige Meter weit­er in um die St. Niko­laikirche statt. Bei dieser Ver­anstal­tung han­delte es sich um ein Friedens­ge­bet. Unge­fähr 50 Men­schen beteiligten sich daran.
AfD-Kundge­bung mit flüchtlings­feindlichem Charakter
Hin­ter­grund der AfD-Ver­samm­lung soll die derzeit­ige „Asylpoli­tik” gewe­sen sein. Anmelder Thomas Schlaf­fke hat­te der Lokalzeitung „Der Prig­nitzer“ gegenüber erwäh­nt, dass sich bei so genan­nten „Bürg­er­stammtis­chen“ sein­er Partei einige Men­schen nicht aus­re­ichend über das The­ma Asyl informiert sahen. Obwohl er als Kreistagsab­ge­ord­neter Zahlen und Fak­ten kenne, sei er trotz­dem um eine Anmel­dung zu ein­er Demon­stra­tion gebeten worden.
Die Gründe hier­für scheinen auf der Hand zu liegen. Flüchtlings­feindliche Ver­samm­lun­gen sind momen­tan pop­ulär und ver­sprechen kün­ftige Wähler_innenstimmen. Momen­tan liegt die momen­tan nicht im Bun­destag vertre­tende AfD, laut For­sa-Umfrage vom 11. Novem­ber 2015, im Bun­de­strend bei stolzen 7 %, bei INSA sog­ar bei 10 % (Umfrage vom 9. Novem­ber 2015).
Bei den let­zten Kom­mu­nal­wahlen im Mai 2014 holte die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ im Land­kreis Prig­nitz allerd­ings ger­ade ein­mal 1,0 % der gülti­gen Wähler_innenstimmen und lag damit sog­ar noch unter dem Lan­des­durch­schnitt von 1,3 %. Für das Man­dat von Thomas Schlaf­fke im Land­kreis Prig­nitz reichte es also ger­ade so. Deshalb vielle­icht zur Ver­stärkung, hat­te die AfD am Mon­tagabend mit Andreas Kalb­itz und Stef­fen Königer auch zwei ihrer Land­tagsab­ge­ord­neten zur Kundge­bung nach Pritzwalk entsandt. Ihr The­ma war vor allem die derzeit­ige Flüchtlingssituation.
Kalb­itz, der eine Biografie in der extremen Recht­en hat, beklagte vor allem die, sein­er Mei­n­ung nach, „völ­lig unkon­trol­lierte Zuwan­derung“ und wandte sich gegen den Zuzug von Fam­i­lien­ange­höri­gen von Flüchtlin­gen. Weit­er­hin schürte er Über­frem­dungsäng­ste und warf den „Poli­tik­ern“ im All­ge­meinen den „Ver­rat am deutschen Volk“ vor. Speziell wurde aber auch Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel in sein­er Rede ange­grif­f­en. Weit­er­hin the­ma­tisierte Kalb­itz den demografis­chen Wan­del und präsen­tierte als ein­fach­es Rezept, statt Aus­län­der ins Land zu holen, ein­fach mehr Kinder zu machen. Ähn­lich argu­men­tiert übri­gens auch die extreme Rechte inner­halb ihrer so genan­nten „Volkstod“-Kampagne. Mit „Nazis“ wolle die AfD jedoch nichts zu tun haben. Dies­bezüglich meinte Stef­fen Königer in seinem Rede­beitrag, dass er hier, auf der Kundge­bung, keine Ver­fas­sungs­feinde sehe. Diese ver­mutete er eher im Bun­destag in Berlin. Die Schwarz-weiß-rote Reichs­flagge, die auf der AfD Kundge­bung wehte, war Königer anscheinend nicht aufge­fall­en. Er bejam­merte stattdessen, dass gegen seine Partei immer wieder die „Nazikeule“ geschwun­gen werde. Dies beklagte auch der aus Neu­rup­pin angereiste ehe­ma­lige Vor­sitzen­der des Parteiver­ban­des Ost­prig­nitz-Rup­pin, Klaus Engel­bertz, in seinem Rede­beitrag. Er kri­tisierte vor allem die Gew­erkschaften für deren ver­meintlichen „Goebbels-Jar­gon“ und set­zte die Antifa mit der „SA“ gle­ich. Zu dem deut­lichen Anstieg von Anschlä­gen auf Flüchtling­sun­terkün­fte ver­lor er hinge­gen kein Wort.
Neon­azis auf der AfD-Kundgebung
Trotz der schein­heili­gen Dis­tanzierungsver­suche, scheinen die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ und die extreme Rechte zumin­d­est in der Beant­wor­tung der Flüchtlings­frage gemein­same Schnittstellen zu haben. Auch gestern zog es so einige Sympathisant_innen des neon­azis­tis­chen Milieus, es mögen zwis­chen 30 und 40 gewe­sen sein, zu der AfD-Kundge­bung auf den Pritzwalk­er Mark­t­platz. Auch Neon­azis aus lose organ­isierten Grup­pen, wie den „Freien Kräften Prig­nitz“ oder den „Freien Kräften Wittstock/Dosse“ waren anwe­send. Sie waren offen­bar dem Aufruf der latent neon­azis­tis­chen Inter­net-Ini­tia­tive „Pritzwalk sagt NEIN zur Asylpoli­tik“ gefol­gt. Eine deut­liche Dis­tanzierung der AfD zu dieser Seite gab es im Vor­feld nicht. Eben­so wenig erfol­gte der Auss­chluss der Neon­azis von der Ver­samm­lung. Dies wäre übri­gens ohne weit­eres möglich gewe­sen, da der Kundge­bung­sort kom­plett mit Polizeigit­tern abgezäunt war und die Zugänge von Ordner_innen der Ver­samm­lung kon­trol­liert wur­den. Stattdessen wur­den einzelne Neon­azis von den Ord­nungskräften per Hand­schlag per­sön­lich begrüßt.
Fotos: hier

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