Der BraMM-Pegida-Spaziergang
Ab 18:00 Uhr riefen die Organisator_innen zur Auftaktkundgebung der BraMM auf, bis kurz vor 18:30 blieb der Kundgebungsort jedoch mit circa 15 Personen relativ leer, dann strömten aus verschiedenen Richtungen größere Gruppen von eindeutig erkennbaren Neonazis zum Versammlungsort. Insgesamt folgten dem Aufruf der BraMM-Pegida circa 170 Menschen. Im Folgenden wollen wir einzelne Gruppen von Teilnehmer_innen näher beleuchten.
Ebenfalls eine größeren Gruppe Neonazis hatte der NPD-Kommunalpolitiker Michel Müller aus Rathenow im Schlepptau. Michel Müller saß wegen Beihilfe zum versuchten Mord im Gefängnis. [2] Ebenso nahmen Personen aus dem Umfeld der Jungen Nationaldemokraten an dem Spaziergang teil. Insgesamt kann die Teilnehmer_innenzahl aus dem Umfeld der NPD und JN mit circa 25 bis 30 beziffert werden.
Wie auch auf ihrer Internetpräsenz angekündigt, waren Personen der Gruppe „Ein Licht für Deutschland – Unser
Zeichen gegen Überfremdung“ vor Ort. Sie führt en ein kleines Hochtransparent und mehrere Schilder mit. Auf diesen war jeweils ihr Symbol, ein muskulös anmutender Arm mit einer Fackel, zu sehen. Federführend scheint hierbei M. Emi
nger, Bruder des im NSU-Prozess, als vermutlicher Unterstützer des NSU, Angeklagten A. Eminger, zu sein. [3] Diese Gruppe war mit 5 bis 10 Personen vor Ort.
Auch ein Vertreter der Identitären Bewegung, eine Organisation aus dem Spektrum der Neuen Rechten die ursprünglich aus Frankreich kommt, war mit einer Fahne in Brandenburg an der Havel. Erste Ableger bildeten sich im Jahr 2012 in Deutschland, diese konnten jedoch keine wichtige Stellung innerhalb der rechtskonservativen oder neonazistischen Szene erlangen.
Neben den zahlreichen organisierten Neonazis konnten weitere, nicht fest in Strukturen integrierte, Neonazis beim Spaziergang beobachtet werden. Zu diesen zählt unter anderem S. Lücke. Er überfiel am 15. Februar 1996 den schmächtigen Punk Sven Beuter, dieser verstarb wenige Tage später an den Folgen des Übergriffs. Lücke saß daraufhin mehrere Jahre im Gefängnis und wanderte anschließend in die Schweiz aus. Seit dem Jahr 2012 lebt er jedoch wieder in Deutschland. [4] Im Zuge einer Razzia der Polizei in Berlin am 13. Februar 2013 wurde auch die Wohnung von Lücke durchsucht. [5] Am 26. Januar konnte Lücke sich zum Zeitpunkt der Auftaktkundgebung ungehindert außerhalb des für dieseabgegitterten Bereichs unbehelligt mit anderen Neonazis versammeln, obwohl er einschlägig bekannt ist und anhand seiner Kleidung auch für Personen die ihn nicht kennen klar dem neonazistischem Spektrum zuzuordnen war. Später, auf der Auftaktkundgebung, fiel er durch einen „verbotenen Nazigruß“ auf und wurde deswegen angezeigt. [6]
Eine weitere circa 5 bis 10 Personen umfassende Gruppe kommt aus dem Hooligan-Milieu des lokalen Sportvereins Stahl Brandenburg. Es handelt sich hierbei um Leute ab Mitte 30 und älter, die in den 1990er Jahren in der lokalen Neonaziszene aktiv waren und sich dann nach und nach dem Fußball alsneues Betätigungsfeld widmeten. Dass gerade solche Personen von einem asylkritischen und rassistischen Spaziergang angesprochen werden, kommt nicht von ungefähr, denn schon in den 1990er Jahren waren diese Themen in der Neonaziszene und der bürgerlichen Mitte besonders präsent. Es sei hier an die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen und die Hetzjagden auf Menschen mit
Migrationshintergrund erinnert.
Wenige Tage vor dem Spaziergang suchte die BraMM-Pegida noch nach Ordner_innen für diesen. Bei einem Ordner handelte es sich um Andreas Jahnke, Jugendbeauftragter der Partei Die Republikaner. Ein weiterer stammte aus dem neonazistischen Spektrum der Havelstadt, er trug wiederholt das Banner der „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“. [7]
Dieser Ordner nahm erst im Oktober an einer neonazistischen Kundgebung in der Havelstadt teil und trug gemeinsam mit S. Lücke ein Banner der Jungen Nationaldemokraten. [8] Weitere Personen aus dem Umfeld der „Freien Kräfte
Brandenburg/Havel“ nahmen ebenfalls am Spaziergang teil.
Der Kreisverband der AfD Brandenburg an der Havel distanzierte sich von dem BraMM-Pegida-Spaziergang und wollte diesen lediglich beobachten, anders verhielt sich der Kreisverband Havelland. Das Vorstandsmitglied N. Wollenzien nahm mit einem Schild teil, auf dem Stand: „Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern“ [9]. Eine weitere Diskussion bezüglich dieser Aussage erübrigt sich.
Insgesamt nahmen mindestens 40 bis 50 bekannte Neonazis und Hools an dem Spaziergang teil, daher verwundert es auch nicht, dass unter anderem Parolen wie „Wir sind das Volk“, „Ehre vor Geld“, „Wir wollen keine Asylantenheime“ und „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert wurden. [10] Es kann somit sicher gesagt werden, dass Neonazis und ihre Sympathiesant_innen einen nicht unbedeutenden Teil zum Erfolg des Spaziergangs beigetragen haben und diese zeitgleich ihr menschenverachtendes Weltbild durch Parolen und Kleidung zur Schau stellten.
Nun wird es spannend, wie sich die Organisator_innen von PEGIDA in Dresden, drohten sie doch mit rechtlichen Schritten gegenüber der BraMM-Pegida, verhalten. Beide Gruppen wollen sich nach ihren Aussagen nicht von Neonazis vereinnahmen lassen, aber wie soll das gelingen, wenn sowohl ein Teil der Ordner als auch circa ein Drittel der Teilnehmer_innen des ersten Spazierganges in Brandenburg an der Havel zu diesen gehören? Selbiges gilt für die Republikaner die den Spaziergang bewarben und sich in der Vergangenheit mehrmals von Neonazis distanzierten. [11]
Die Gegenproteste
Insgesamt folgten circa 500 Personen dem Aufruf von Parteien, Gewerkschaften und Initiativen sich an der stationären Kundgebung für „Ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“. Unter diesen waren unter anderem Bildungsminister Günter Baaske (SPD) und Justizminister Helmuth Markov (DIE Linke). Die Kundgebung und der Stadtspaziergang wurden durch die Polizei räumlich getrennt. Diese Trennung hat bis zur Auflösung der BraMM-Pegida Versammlung Bestand gehabt. Danach verließen jedoch größere Gruppen gewaltbereiter Neonazis und Hooligans gemeinsam den Ort der Abschlusskundgebung und bewegten sich wieder Richtung Neustadt Markt oder zum Bahnhof. Es kam glücklicherweise zu keinem Übergriff.
Auch für den kommenden Montag, den 02. Februar, hat sich BraMM-Pegida wieder angekündigt. Eine Gegenkundgebung ist ebenfalls in Planung. Ob es jedoch ein probates Mittel ist, lediglich am Auftaktort des Spaziergangs seinen Unmut kundzutun gilt es in den kommenden Tagen zu diskutieren. Hierbei ist besonders die Zivilgesellschaft als Hauptakteur gefragt, denn die Ängste und Vorurteile die PEGIDA und ihre Ableger in der Bevölkerung schüren, sprechen nicht nur Neonazis sondern auch Bürger_innen aus der Mitte an. Eine demokratische Gesellschaft muss sich geschlossen gegen rassistische und islamfeindliche Tendenzen innerhalb dieser stellen und klar benennen woher diese
kommen. Wir sehen hier für Brandenburg an der Havel großes Potential und waren erstaunt, dass sich sowohl die Oberbürgermeisterin Frau Tiemann als auch Stadtverordnetenvorsteher Walter Paaschen (beide CDU) so klar vom BraMM-Pegida-Spaziergang und den teilnehmenden Neonazis und Rechtspopulist_innen distanzierten und für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge in der Havelstadt warben. Wir hoffen, dass es nicht bei Worten bleibt sondern in den kommenden Tagen und Wochen auch Taten folgen werden.
Entschlossen gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit!
[1] http://www.aktionsbuendnis-brandenburg.de/vom-knastbruder-zum-kommunalen-ruder-pascal-stolle; MAZ, 27. Mai 2014
[2] http://www.aktionsbuendnis-brandenburg.de/gewalttaeter-npd-kandidat-michel-mueller‑0
[3] http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/931393/
[4] http://afn.blogsport.de/2012/02/
[5] http://www.tagesspiegel.de/berlin/razzia-schlag-der-berliner-polizei-gegen-neonazis/7771746.html
[6] http://www.internetwache.brandenburg.de/sixcms/detail.php?id=12384184;
[7] https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16188243298/in/set-72157648164598064/
http://afn.blogsport.de/2012/03/22/neonazis-in-brandenburg-an-der-havel-ein-aktueller-ueberblick/
[8] https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/15438150439/in/set-72157648545751127
[9] MAZ, 28. Januar 2014
[10] MAZ, 27. Januar 2014
[11] http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/die-republikaner-rep