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Verhandlung gegen Neonazistin: “Hund ist Hund”

INFORIOT — Ein Blut­bad würde es an der End­halt­stelle der Straßen­bahn in Frankfurt/Oder geben – so jeden­falls dro­ht­en Per­so­n­en aus dem Umfeld der neon­azis­tis­chen Hooli­gan­grup­pierung FCV (mehr) ein­er Gruppe von Antifaschist_innen, die sich im Novem­ber 2006 auf dem Weg zu Protesten gegen das von Halbe nach Seelow ver­legte, soge­nan­nte Heldenge­denken befand. Heute fand am Amts­gericht der Oder­stadt die Ver­hand­lung gegen die an der Tat beteiligte Jen­nifer Keller, ehe­mals Klee­berg, statt (mehr). Ihr wurde gemein­schaftliche Nöti­gung, schw­er­er Raub und gefährliche Kör­per­ver­let­zung vorgeworfen.

Nach­dem die Jugendgericht­shil­fe unter Auss­chluss der Öffentlichkeit über die per­sön­liche Sit­u­a­tion der Angeklagten Auskun­ft gab, bekam diese Gele­gen­heit den Sachver­halt aus ihrer Sicht zu schildern: Friedlich hätte sie sich an diesem Novem­bertag vor zwei Jahren ver­hal­ten und nichts mit der Tat zu tun. Was Staat­san­waltschaft und Neben­klage als Raub darstell­ten, sei lediglich ein Reflex gewe­sen – der Reflex nach dem Ruck­sack eines der Bedro­ht­en zu greifen, als dieser aus der Straßen­bahn gedrängt wurde. Eben­so friedlich soll sich auch ihr Box­er­mis­chling ver­hal­ten haben, der sie an diesem Tag begleit­ete. Aber Hund ist Hund, wie die Vor­sitzende Rich­terin klarstellte. Ob friedlich oder nicht.

Anders stellte sich der Sachver­halt aus Sicht eines der Geschädigten dar, der als Neben­kläger im Prozess auf­trat. Bere­its als sich die Gruppe orts­fremder Antifaschist_innen durch die Stadt bewegte, wurde sie von Hooli­gans des FCV (darunter Phillip Steinicke) bemerkt, die ihnen in eine Straßen­bahn fol­gten. Dort trafen alle Beteiligten auf die Angeklagte und ihren Fre­und Tom­my Keller. Auf anfängliche Belei­di­gun­gen fol­gten Dro­hun­gen, in denen durch die Rechtsextremist_innen wortre­ich ein bevorste­hen­des Blut­bad geschildert wurde. Die Sit­u­a­tion eskalierte vol­lends, als die Antifaschist_innen die Tram ver­lassen woll­ten. Dabei wurde ein Zeuge durch Jen­nifer Keller daran gehin­dert, indem sie seinen Ruck­sack fasste und diesen mit Hil­fe ihres Kampfhun­des, den sie von der Leine ließ, entwendete.

Diese Vor­würfe kon­nten auch Nach­fra­gen der Angeklagten und ihrer Vertreterin nicht entkräften. In einem die Ver­hand­lung unter­brechen­den Rechts­ge­spräch wurde schließlich entsch­ieden, keine weit­eren Zeug_innen mehr zu hören. Der Sachver­halt schien gek­lärt zu sein, die Anklagepunk­te der gemein­schaftlichen Nöti­gung und Kör­per­ver­let­zung wur­den fall­en gelassen. Jen­nifer Keller wurde zu ein­er Frei­heitsstrafe von sieben Monat­en verurteilt. Das Urteil nach Jugend­strafrecht wurde zu zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt.

Dass die Angeklagte mit dem Min­dest­straf­maß bedacht wurde und nicht die von Staat­san­waltschaft und Neben­klage geforderten zehn Monate erhielt, wurde vom Gericht mit ihrer famil­iären Sit­u­a­tion begrün­det: Sie sei an ihrer Rolle als Mut­ter und Ehe­frau, die sie seit gut einem Jahr ist, gewachsen.

Dass Fam­i­lie Keller – die Beschuldigte ist mit dem eben­falls an der Tat beteiligten Neon­azi Tom­my Keller ver­heiratet – nicht geschlossen auf der Anklage­bank saß, kon­nte sie para­dox­er­weise ein­er voraus­ge­gan­genen Verurteilung Tom­my Kellers ver­danken. Dieser war nach dem Angriff auf vier Antifaschist_innen im April 2006 im Umfeld eines NPD-Info­s­tands in Frankfurt/Oder zu ein­er zwei­jähri­gen Bewährungsstrafe nach Jugend­strafrecht verurteilt wor­den (mehr). Für die Jus­tiz Grund genug das zweite Ver­fahren gegen ihn einzustellen. Der eben­falls Beschuldigte Phillip Steinicke, der laut Aus­sage von Jen­nifer Keller einem der Geschädigten in den Brustko­rb sprang, kon­nte sich dem Prozess durch die Zahlung von 2000 Euro entziehen.

Mehr Infor­ma­tio­nen zu Jen­nifer und Tom­my Keller sowie weit­eren Frank­furter Neon­azis auf der Home­page der Antifaschis­tis­chen Recherchegruppe Frankfurt/Oder.

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