Notwehrfonds: Spendenkampagne wird ausgesetzt
Die Opferperspektive hat am 7. Mai einen Spendenaufruf gestartet, um Musa E. bei einer Berufungsverhandlung eine Verteidigung zu ermöglichen. Diesen Aufruf haben wir heute zurückgezogen, denn durch die Beiordnung eines Pflichtverteidigers werden die Kosten von der Staatskasse getragen. Es werden zunächst keine Spenden benötigt.
Musa E. war zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil er sich gegen die Bedrohung seiner Familie durch rechts orientierte Jugendliche zur Wehr gesetzt hatte. Er hat sich entschieden, das Urteil des Amtsgerichts Potsdam anzufechten. Die Opferperspektive unterstützt ihn dabei.
In einem Spendenaufruf schrieben wir gestern, dass ein Pflichtverteidiger nicht beigeordnet worden sei, daher würden etwa 5.000 Euro benötigt, um das Urteil anzufechten. Dabei stützten wir uns auf die Angaben des Anwaltes; dieser teilte uns heute mit, dass er seine Beiordnung übersehen habe.
Wir danken allen, die ihre Unterstützung für Herrn E. zeigen. Wir werden Sie weiterhin informieren. Wir hoffen auf einen Freispruch. Sollte Musa E. aber vor dem Landgericht tatsächlich verurteilt werden, wird er erhebliche Gerichts- und Anwaltskosten zu tragen haben. In diesem Fall würden wir Sie erneut um Spenden bitten.
Potsdam, 8.5.2009
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Vom Opfer zum Täter gemacht
Potsdam — Musa E. wurde verurteilt, weil er sich gegen einen rassistischen Angriff auf seine Familie zur Wehr setzte: Fünf Monate Haft auf Bewährung. Der Kurde hat gegen das Urteil des Amtsgerichts Potsdam Berufung vor dem Landgericht eingelegt.
Was würden Sie tun, wenn junge Männer gegen Ihre Wohnungstür schlagen und Ihre Familie bedrohen? Frau E. rief die Polizei, zwei Mal. Die kam aber erst eine halbe Stunde später. Rechte Jugendliche waren in das Haus eingedrungen, in dem die kurdische Familie wohnt, hämmerten an die Tür, brüllten »Scheiß-Ausländer« und »Wir ficken Dich«. Ihr Ehemann, der Schweißer Musa E., jagte die Jugendlichen mit einem Tischbein die Treppe hinunter, wobei ein Angreifer leichte Verletzungen an Schulter und Unterarm erlitten haben soll.
Wegen gefährlicher Körperverletzung wurde der Familienvater zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Notwehr konnte das Amtsgericht Potsdam nicht erkennen, und von einem rassistischen Angriff könne keine Rede sein. Die Jugendlichen hätten lediglich »eine Sache klären« wollen.
Musa E. hat Berufung eingelegt.