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Abwärtstrend: AfD-Kundgebungen im Brandenburgischen Neuruppin kommen die Teilnehmer abhanden

Unter dem Titel „Kundge­bung gegen das Poli­tikver­sagen“ ver­anstal­tete der AfD- Kreisver­band Ost­prig­nitz-Rup­pin am 23. Mai ihre bere­its vierte Ver­anstal­tung dieser Art auf dem Neu­rup­pin­er Schulplatz. Als Red­ner waren neben dem Vor­sitzen­den des Kreisver­bands Ost­prig­nitz-Rup­pin, Michael Nehls, der Vor­sitzende der AfD-Frak­tion im Bran­den­bur­gis­chen Land­tag und Bun­desvor­stand, Alexan­der Gauland, sowie sein Frak­tions-Vize, Andreas Kalb­itz, vertreten.
Demge­genüber mobil­isierte das Bünd­nis „Für Tol­er­anz und Demokratie“ unter dem Mot­to „Unsere Alter­na­tive zu Gauland: Neu­rup­pin bleibt bunt!“ die eben­falls vierte Demon­stra­tion gegen die Kundge­bung der AfD. Dem Bünd­nis gelang es über 100 Ein­wohn­er Neu­rup­pins zum Protest gegen die Kundge­bung der AfD zu mobil­isieren, die ihrer­seits lediglich 90 Per­so­n­en anziehen konnte.
Die Ver­anstal­tung
Als Haup­tred­ner wieder­holte Alexan­der Gauland seine bere­its Mitte April in einem Inter­view der Frank­furter All­ge­meinen Son­ntagszeitung aufgestell­ten These, dass die „islamis­che Reli­gion (…) nicht mit dem Grundge­setz vere­in­bar“ sei. Die fortschre­i­t­ende Islamisierung der Bun­desre­pub­lik sei jedoch mit­tler­weile daran zu erken­nen, dass beispiel­sweise in eini­gen Schulen kein Schweine­fleisch mehr auf dem Speise­plan ste­he. Besorgt gab er zu bedenken, dass auf­grund diesen Trends bald auch christliche Feiertage wie Ostern und Wei­h­nacht­en abgeschafft wer­den könnten.
Bere­its zum wieder­holten Male nahm auch Gaulands Vize der Land­tags­frak­tion, Andreas Kalb­itz, teil. Offen­siv­er als Gauland, wet­terte Kalb­itz hin­sichtlich der Flüchtlingspoli­tik der Bun­desregierung gegen den “hirn­losen Willkom­mens-Fetis­chis­mus”. Unter den Gegen­demon­stran­ten machte er offen­bar „Hor­den rot­lack­iert­er Links­faschis­ten“ aus. Michael Nehls vom Kreisver­band Ost­prig­nitz-Rup­pin lancierte Gerüchte darüber, dass mus­lim­is­che Flüchtlinge in aktuellen Asylver­fahren ange­blich gegenüber christlichen bevorzugt behan­delt wür­den. Außer­dem kam er auf den Fall des in Bad Godes­berg getöteten Niklas P. zu sprechen, den Medi­en­bericht­en zufolge Mitte Mai bere­its etwa 50 Recht­sex­treme eben­da zum Anlass ein­er Demon­stra­tion gegen „Aus­län­derkrim­i­nal­ität“ nah­men. In Anlehnung daran beze­ich­nete Nehls Tatverdächtige als „Gesocks“. Im Gegen­satz zur Selb­st­wahrnehmung einiger AfD-Funk­tionäre – zumeist aus den West­län­dern – als Vertreter eines wirtschaft­slib­eralen Kurs­es, machte Nehls Anlei­hen am völkischen Antikap­i­tal­is­mus – „Feinde“ seien die „Weltkonz­erne“.
Der Hin­ter­grund
Kalb­itz, der zuvor der recht­en Klein­partei “Die Repub­likan­er” ange­hörte, ist nach Infor­ma­tio­nen des rbb eben­falls Mit­glied in dem von Alt­nazis gegrün­de­ten Vere­in „Kul­tur- und Zeit­geschichte, Archiv der Zeit“ e. V., dessen erk­lärtes Ziel die „Sicherung eines wahren deutschen Geschichts­bildes“ sei, „ins­beson­dere [bezüglich der] Zeit vor 1945“. Der Vere­in ste­ht außer­dem in Verbindung mit der eben­falls von ehe­ma­li­gen NSDAP- und SS-Mit­gliedern gegrün­de­ten „Gesellschaft für freie Pub­lizis­tik“, der nach Angaben des Ver­fas­sungss­chutzes größten recht­sex­tremen „Kul­turvere­ini­gung“ der Bundesrepublik.
Neben Dauer­gast Kalb­itz, deutet auch die Zusam­menset­zung der Teil­nehmer darauf hin, dass die AfD zumin­d­est in Teilen Bran­den­burg auf einen klaren Recht­saußenkurs set­zt. Auf Pressean­fra­gen, wie die AfD Ost­prig­nitz-Rup­pin dazu ste­he, dass ihre Kundge­bun­gen auch von Mit­gliedern der recht­sex­tremen NPD besucht wür­den, reagierte der Kreisver­band bere­its Ende März. Mit Hin­weis auf das Diskri­m­inierungsver­bot im Artikel 3 des Grundge­set­zes erk­lärte er, dass Mit­glieder und Funk­tionäre der NPD aus­drück­lich nicht von der Teil­nahme aus­geschlossen wür­den. Dies sei nicht nur die einzige ver­fas­sungskon­forme Ver­fahrensweise, son­dern ger­ade der Beleg dafür, dass der AfD gegenüber erhobene Vor­würfe des Recht­sex­trem­is­mus halt­los seien.
Dies scheint sich auch in der Entwick­lung der Teil­nehmerzahlen auszu­drück­en. Diese waren seit Beginn des Jahres 2016 bere­its rück­läu­fig. Zulet­zt zog jedoch der Auftritt des thüringis­chen Lan­deschefs der AfD und Vertreter des recht­en Partei­flügels, Björn Höcke, im April erneut etwa 150 Zuschauer an. Dass nun mit dem promi­nen­ten Bun­desvor­stand Gauland lediglich 90 Teil­nehmer mobil­isiert wur­den, kön­nte als Hin­weis darauf inter­pretiert wer­den, dass selb­st dessen Kurs weit­en Teilen der Sym­pa­thisan­ten des KV Ost­prig­nitz-Rup­pin nicht rig­oros genug ist. Beobachter des JFDA kon­nten dementsprechend im Umfeld der aktuellen Ver­anstal­tung lediglich einige Per­so­n­en aus dem Spek­trum der recht­sex­tremen „Freien Kräfte Neu­rup­pin“, sowie den Organ­isator des “Bürg­er­bünd­nis Havel­land”, Chris­t­ian Kaiser aus Rathenow (Foto links), ausmachen.
Angesichts dieser Entwick­lung war der Vor­sitzende des Kreisver­bands Ost­prig­nitz-Rup­pin, Michael Nehls, ver­mut­lich erle­ichtert die Som­mer­pause verkün­den zu kön­nen: Erst im Herb­st dieses Jahres wird die AfD wieder nach Neu­rup­pin kommen.

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