Damit haben wir versucht den Bus 571 von der Erstaufnahme zur Stadtmitte zu ersetzen. Er wurde vom Verkehrsmanagement Elbe-Elster mit Beginn der Corona-Krise eingestellt.
Viele der über 400 Bewohner*innen der Sammelunterkunft reagieren mit Unverständnis auf die Maßnahme des Verkehrsmanagements Elbe-Elster. Eine Bewohnerin dazu: „Das Interessante ist: die anderen Busse fahren. Warum also nur wir? Warum werden wir so isoliert?“ Eine weitere Bewohnerin fügt hinzu: „Der Bus ist vor ca. einem Monat ausgesetzt worden. Wir müssen jetzt zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren. 5 km mit Taschen ist weit. Zu Fuß ist das eine Stunde hin und eine zurück. Wir sind total abgeschnitten und sitzen hier fest, wir können uns überhaupt nicht frei bewegen.“ Die Isolation durch den mangelnden Bus wird durch die schlechte Internetverbindung noch verstärkt. Für die Menschen in Quarantäne ist dies besonders einschneidend.
Geshuttelt wurde in privaten PKWs. Der Abstand von 1,5 Meter wurde eingehalten, indem immer ein*e Fahrer*in jeweils eine Person aus der Unterkunft transportierte, zudem wurden Masken zur gegenseitigen Sicherheit getragen. Trotz dieser Sicherheitsmaßnahmen wurden Menschen aus der Unterkunft von anderen Einkaufenden, die selbst keinen Mundschutz trugen, vehement zum Hochziehen ihres Mundschutzes aufgefordert. Seit der Corona-Pandemie werden sie verstärkt mit derartigen Kommentaren beleidigt. Ein Bewohnerin dazu: „Ich verstehe das nicht. Wir sind doch die, die den Mundschutz tragen. Warum werden wir nicht geschützt? Das ist doch Rassismus!“. Gleichzeitig gab es aber auch positive Rückmeldungen und Spendenangebote der dort Anwesenden Bürger*innen.
Durch unseren Shuttle konnten ca. 40 Menschen transportiert und ihnen damit große Einkäufe ermöglicht werden. „Seit Beginn der Krise, wurde das Essen reduziert. Viele Menschen, vor allem die Familien müssen selbst kochen. Daher müssen wir dringend einkaufen können.“ Zudem haben viele Menschen Angst und möchten nicht mehr in die Kantine gehen, weil der Sicherheitsabstand von 1,5 m kaum zu gewährleisten ist.
Die Heimbewohner*innen stehen seit Bekanntwerden der Corona-Fälle im Lager ohnehin unter großem Druck. „Wir haben Angst, viele schließen sich im Zimmer ein. Alles steht still, kein Fitness mehr, keine Deutsch-Klassen. Es hat sich vieles zum Schlechten verändert.“ Mit der Einstellung des Busses wird die Isolation der Menschen in dieser Zeit drastisch gesteigert.
Der Leiter der zentralen Ausländerbehörde Olaf Jansen gibt an, dass die Einstellung des Busses als Prävention gegen die Ausbreitung von Covid-19 angewiesen wurde. Innerhalb der Unterkunft selbst wird allerdings wenig unternommen, um die Gesundheit der Bewohner*innen zu schützen. Desinfektionsmittel steht aktuell nur auf Nachfrage vereinzelt zur Verfügung. Dazu kommen die mangelhaften Küchen- und Sanitär-Einrichtungen der Sammelunterkunft generell. „Ca. 100 Menschen teilen sich ein Bad mit 5 Duschen und 5 Toiletten. Vor allem morgens ist da viel los. Da machen wir uns natürlich Sorgen. Wir haben gefordert, dass öfters geputzt wird, bisher ist nichts passiert.“ In der Unterkunft in Doberlug-Kirchhain sind bereits vier Menschen infiziert, eine Person ist im Krankenhaus, drei in einem Container auf dem Gelände isoliert. Zudem ist aktuell die Quarantäne für Menschen, die unter Corona-Verdacht stehen, im 5. Stock des Familienhauses (siehe Bilder) untergebracht. Insgesamt sind 15 Einzelpersonen und 2 Familien bisher isoliert. Zum Betreten und Verlassen des Quarantänebereiches, muss das ganze Familienhaus durchquert werden. Das ist besonders unverständlich vor dem Hintergrund, dass hier viele besonders gefährdete Menschen leben, die unter Asthma, Hyperventilation, Bluthochdruck oder Diabetes leiden. Das Klima ist dadurch sehr angespannt.
Statt für die Gesundheit der Menschen in den Unterkünften zu sorgen, wird also auf die Isolation der ganzen Unterkunft gesetzt. Zuletzt steigert sich dieses Vorgehen bis zur Quarantäne ganzer Unterkünfte. So wurden in der zentralen Erstaufnahme in Sachsen-Anhalt vom örtlichen Gesundheitsamt rund 850 Bewohner*innen bis 21. April unter Quarantäne gestellt und dürfen das Gelände nicht mehr verlassen. Aktuell sind dort bereit 44 Menschen mit Covid-19 infiziert. Seit einer Woche setzen sich die Bewohner*innen gegen die Gesamtquarantäne mit einem Hungerstreik. Dennoch gibt es über eine dezentrale Unterbringung und kurzfristige Verbesserung von hygienischen und medizinischen Bedingungen keine Verhandlungen. Durch die Gesamtquarantäne werden fahrlässig Menschenleben aufs Spiel gesetzt. Laut Positionspapier des Flüchtlingsrates Berlin stellt eine Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz ohne Zustimmung der Betroffenen oder richterlichen Beschluss zudem eine freiheitsentziehende Maßnahme dar und verstößt gegen das Grundgesetz. Bleibt zu hoffen, dass in Doberlug-Kirchhain ein Richtungswechsel stattfindet und die Isolation der Menschen in der Unterkunft beendet wird.
Wir fordern: „Busverbindung jetzt! WLAN Zugang in jedem Zimmer! Schluss mit der Isolation von Menschen in der Erstaufnahme! Lager abschaffen!“