(Antifa Infoblatt) Zwei ehemalige Protagonisten der Brandenburger Naziszene gerieten jeweils ungewollt wieder in die Medien. So wurde der 26-jährige ehemalige Vorsitzende der »Kameradschaft Oberhavel«, Karsten Giese, wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung zur Fahndung ausgeschrieben. Am 3. September 2003 wollte er mit einem brennenden Brandsatz in der Hand einen türkischen Imbiss in Hennigsdorf (Oberhavel) betreten – fünf Imbißgäste konnten jedoch die Tür zuhalten. Dank der Doppelverglasung der Eingangstür brannten die insgesamt zwei Brandsätze lediglich auf der Straße ab. Zwar flüchtete der Angreifer, die Personalien des einschlägig bekannten Neonazis waren jedoch bereits am Nachmittag festgestellt worden, nachdem er im Imbiss randaliert hatte, einen Gast attackierte und vom Wirt vor die Tür gesetzt wurde. Als er schließlich mit den Brandflaschen zurückkam, erkannten ihn einige Gäste sofort wieder. Giese flüchtete, erschien aber wenige Tage später mit einem Koffer in der Hand bei der örtlichen Polizeiwache und stellte sich. Nach dem Verbot der »Kameradschaft Oberhavel« 1997 stieg Giese zum Schatzmeister der »Nationalen e.V.« auf. Als sich die vom jetzigen NPD-Bundesvorstandsmitglied Frank Schwerdt gegründete bundesweite Nazigruppe Ende 1997 auflöste, agierte Giese als deren »Liquidator«.
Ganz anders machte sein Ex-»Nationalen e.V.«-Kollege, Ulli Boldt, von sich reden. Während er noch 1995 zur Berliner- Abgeordnetenhauswahl auf der Landesliste für »Die Nationalen e.V.« antrat, fand man ihn im August 2003 auf der offenen Wahlliste der PDS zur Gemeinderatswahl in Halbe. Der PDS hatte er zuvor jedoch seine politische Vergangenheit und die Tatsache verschwiegen, dass er in den 90er Jahren versucht hatte, das neonazistische »Heldengedenken « für gefallenene Wehrmachtssoldaten in Halbe anzumelden. Vor drei Jahren zog der Versicherungskaufmann und Jurist Boldt in das 1500-Einwohner Dorf Halbe. Dort arbeitete er als Unternehmensberater und ist in der freiwilligen Feuerwehr sowie im örtlichen Fußballverein aktiv. Ähnlich umtriebig war auch sein Engagement für die Berlin-Brandenburger Naziszene. Ulli Boldt war Mitglied der 1992 verbotenen »Nationalistischen Front« (NF), hatte von 1994 bis 1997 den Vorsitz der neonazistischen Schulungsorganisation »Berliner Kulturgemeinschaft Preußen« (BKP), betrieb das »Nationale Infotelefon-Berlin« und meldete zwei Hess-Gedenkmärsche in Oranienburg und Frankfurt/Oder an. Als er 1996 das Infotelefon nach zwei Jahren einstellte, hieß es auf der letzten Bandansage: »die Zeit der Aufmärsche ist vorbei, die Kraft wird nun für die Schulungen gebündelt«. Seine gebündelte Kraft für Schulungen setzte er fortan im Vorstand des »Jungen Weikersheim« um – einer Art Jugendorganisation des »Studienzentrum Weikersheim«, der »Denkfabrik« für das Spektrum zwischen Konservatismus und Rechtsradikalismus. Nach öffentlichen Protesten wurde Boldt vom Studienzentrum ausgeschlossen. Später gründete er die Junge Union (JU) Königs Wusterhausen und machte sich zu deren Pressesprecher. Als der CDU 1997 die Vergangenheit ihres Parteimitgliedes offenbart wurde, schloß sie ihn aus.1998 verließ Boldt aufgrund antifaschistischer Aktionen gegen sein Eigentum und seine Person Königs Wusterhausen. Auf Weisung der PDS-Kreis-Chefin wurde Boldt im August letzendlich von der Wahlliste in Halbe gestrichen.
Dieser Text stammt aus der gerade veröffentlichten aktuellen Nummer des “Antifaschistischen Infoblatts”. Ein kostenloses Probeexemplar der Zeitschrift kann über folgende Adresse angefordert werden:
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