In der Nacht vom 22.1. zum 23.1. hielten sich zwischen 1 Uhr und 2 Uhr
noch ca. 12 Jugendliche und eine Sozialarbeiterin im Jugendtreff Dosto
am Ende einer Musikveranstaltung auf.
Um 1.40 Uhr gab es einen lauten Knall, verbunden mit einem kurzen
Vibrieren der Gebäudehülle. Die Anwesenden liefen in Richtung des
Knalls und registrierten im Halbdunkel ein zerstörtes Fenster im sog.
Seminarraum des Jugendtreffs. Die Polizei wurde gerufen, kurz das
Gelände besichtigt und dann, aus Befürchtung eines eventuellen
folgenden Angriffs Rechtsextremer, im verschlossenen Gebäude das
Eintreffen der Polizei abgewartet.
Der Polizeieinsatz, einschließlich der ZeugInnenbefragungen und der
Spurensicherung, dauert bis in den Vormittag des 23. Januar.
Die Polizei war mit Spezialisten aus den Bereichen Mord und politische
Straftaten aus Frankfurt/Oder vor Ort. Sprengstoffspürhunde waren im
Einsatz.
Der Schaden:
Eine Doppelglasscheibe wurde vollständig zersplittert. Reste davon
wurden über einen Radius von bis zu 20 m auf das Gelände des
Kulturhofes geschleudert. Der untere hölzerne Fensterrahmen wurde in
Fasern gerissen und die innenliegenden Metallverbindungen durch die
Explosionswucht nach innen gebogen. Die steinernen Fensterbankfliesen
sind vollständig zerstört und herausgesprengt. Die verschlossene Tür
des Raumes wurde durch die Druckwelle der Explosion aufgerissen und
beschädigt.
Die Spurensuche vor Ort spricht von einem Sprengsatz. Die derzeitigen
polizeilichen Ermittlungen werden nach 308 StGB (Herbeiführen einer
Sprengstoffexplosion) geführt.
Die unmittelbaren Folgen:
Der Anschlag auf den Jugendtreff hatte Sachbeschädigungen zur Folge und
das Potential zum Mord. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass
keiner der Jugendlichen oder die Sozialarbeiterin sich in der Nähe des
Fensters und im entsprechenden Raum aufhielten.
Zur Bewertung:
Ein solcher Anschlag erfordert Absicht und technische Vorbereitungen.
Es handelt sich um einen gezielten Anschlag, unter In-Kauf-Nahme oder
Einkalkulation schwerer Verletzungen oder Todesfolgen von
DostobesucherInnen.
Die MitarbeiterInnen, der Trägerverein, die sich ehrenamtlich
engagierenden Jugendlichen und Freunde des Jugendtreffs sind zutiefst
schockiert.
Für uns steht dieser Anschlag im Zusammenhang mit bisherigen Angriffen
und Anfeindungen gegen den Jugendtreff und stellt eine bisher nicht
vorstellbare Qualität dar.
Kurz vor diesem Anschlag, am 22.1.05 inszenierte die lokale
rechtsextremistische Szene eine Demonstration gegen unser
Jugendprojekt. Dies war der bisher deutlichste Höhepunkt einer Reihe
von Aktionen diverser Kameradschaften und rechter Cliquen, die in
Flugblättern, auf Aufklebern oder in Internetseiten die Schließung, das
Abrennen oder Zerstören des Dostos forderten. Die von uns beobachtete
Zunahme organisierter und ideologisch gefestigerer neofaschistischer
Strukturen in und um Bernau wird nun immer offensichtlicher.
Die Erfahrungen mit unterschiedlichen Formen von Rassismus und
Rechtsextremismus der vergangenen Jahre zeigen deutlich, dass
rechtsextremer Hetze zu oft auch die konkrete Tat folgt.
Gleichzeitig versuchen diese rechtsextremen Stimmungsmacher damit einen
demokratischen Proze§ zuzuspitzen und zu polarisieren, in welchem sich
die Stadt Bernau und die Stadtverordnetenversammlung für die Erhaltung
der bewährten Jugendkulturarbeit durch den Jugendtreff Dosto
entschieden haben.
Seit Jahren engagiert sich der Jugendtreff “Dosto” gegen Rassismus und
Rechtsextremismus, initiiert Öffentlichkeitskampganen wie die “Aktion
Noteingang” oder informiert über Ideologie und Struktur
neofaschistsicher Gruppen.
Die praktizierten Formen partizipativer Jugendbildungs- und
Jugendkulturarbeit sind erfolgreich und bilden in Bernau immer wieder
ein starkes jugendkulturelles Gegengewicht zu rechtsextremistischen und
neofaschistischen Orientierungen Jugendlicher. Das ist gut und wird so
bleiben.
Den Angriffen der rechtsextremistischen Szene auf die politische Kultur
und die demokratischen Entscheidungsfindungen der Stadt Bernau muss
geschlossen, von der Lokalpresse über Kommunalpolitik und der gesamten
Bürgerschaft, entgegengetreten werden.
BiF e.V.
MitarbeiterInnen des Dosto
Ehrenamtliche des Dosto