Wenige Tage vor dem Start eines weiteren Castortransportes nach Gorleben haben Unbekannte in der Nacht zum Dienstag mit sogenannten Hakenkrallen Anschläge auf die Bahnstrecken von Berlin nach Hamburg und Hannover verübt. Die Deutsche Bahn AG vermutet Atomkraftgegner hinter den Aktionen. Der Bundespolizei zufolge gab es jedoch zunächst keine Erkenntnisse über die möglichen Urheber. Menschen wurden bei den Anschlägen nicht verletzt.
Die Anschläge ereigneten sich nach Angaben eines Bahnsprechers im brandenburgischen Havelland. In beiden Fällen seien die Hakenkrallen aus Metall auf die elektrischen Oberleitungen geworfen und diese dadurch beschädigt worden. Gegen 1.30 Uhr fuhr der Nachtzug von Warschau nach Brüssel in das Hindernis. Auf der Strecke Hamburg-Berlin wurde gut eine Stunde später ein Güterzug durch die Hakenkrallen gestoppt.
Infolge der blockierten Strecken kam es zu stundenlangen Verspätungen, allein der Nachtexpreß nach Brüssel war mehr als fünf Stunden im Verzug. Die Züge wurden über Stendal, Uelzen und Magdeburg umgeleitet. Gestern vormittag konnte zunächst der Verkehr nach Hannover wieder freigegeben werden. Die Strecke nach Hamburg war erst am frühen Nachmittag wieder passierbar.
Die Bundespolizei hat Ermittlungen wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr aufgenommen. In der Vergangenheit waren vor Castor-Transporten wiederholt Hakenkrallen-Anschläge auf Bahnstrecken verübt worden. In einigen Fällen blockierten Unbekannte die Bahnstrecken auch mit größeren Steinen oder Betonplatten. Ihren Höhepunkt hatten diese Aktionen Ende der 1990er Jahre in Norddeutschland. Teilweise fanden Beamte damals in der Nähe der Tatorte Flugblätter gegen Castortransporte und Antiatomaufkleber, dingfest machen konnten sie die Täter aber nicht.
Auch abseits der Bahnlinien gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Sabotageaktionen gegen Einrichtungen oder Firmen, die mit den Atommülltransporten in Zusammenhang stehen. 1983 gingen Baufahrzeuge von Firmen, die an den Gorlebener Atomanlagen mitarbeiteten, in Flammen auf. Im Sommer 1995 durchtrennten Unbekannte mit Schneidbrennern zwei von vier Kranträger am Castor-Verladebahnhof, außerdem zündeten sie Gasflaschen unter dem Kran an. Im Oktober 2001 schoben oder zogen vermutlich Atomkraftgegner einen brennenden Anhänger unter eine Castor-Eisenbahnbrücke bei Hitzacker, die daraufhin in Brand geriet und auf einer Länge von 15 Metern zerstört wurde.
Ende September 2005 schließlich gab es einen Brandanschlag auf leerstehende Wohncontainer für Polizisten bei Lüchow. Dabei wurden rund 600 von 1000 Schlafplätzen für Polizeibeamte zerstört, der Sachschaden belief sich auf rund drei Millionen Euro.