POTSDAM (Berliner Zeitung) Unbekannte haben versucht, auf ein in Potsdam lebendes Mitglied der Hartz-Kommission einen Anschlag zu verüben. Verletzt wurde niemand. Nach Polizeiangaben vom Donnerstag deponierten sie bereits am 16. August auf dem Privatgrundstück des Kommissionsmitgliedes unter dessen Wagen eine Flasche mit einer noch unbekannten Flüssigkeit. Am 21. August sei bei der Berliner Polizei ein mit “Autonome Gruppen” unterzeichnetes Bekennerschreiben eingegangen.
Danach sollte der Wagen des Kommissionsmitgliedes beschädigt werden. Der Verdacht einer politisch motivierten Straftat könne nicht ausgeschlossen werden, sagte ein Polizeisprecher. Das Landeskriminalamt ermittele. Um die Familie zu schützen, teilte die Polizei keine weiteren Details mit. Die Hartz-Kommission hatte kürzlich ihr Konzept zum Abbau der Arbeitslosigkeit vorgelegt.
Bekennerschreiben eingeschickt
Molotowcocktail sollte Auto zerstören
(Verfassungsschutz Brandenburg, 20.8.) Bei einer Presseagentur in Berlin landet ein Bekennerschreiben: “wir haben den pkw-fuhrpark eines moduls der hartz-kommission (…) verkleinert. 15.8.02 autonome gruppen”. Damit hellt sich der Hintergrund für einen Vorfall auf, der zunächst rätselhaft schien. Tatsächlich war Tage zuvor am Auto eines Mitglieds der Hartz-Kommission, das in Potsdam wohnt, ein Molotowcocktail entdeckt worden: eine Kunststoffflasche mit einer benzinartigen Flüssigkeit und einem Zünder. Allerdings schlug der beabsichtigte Anschlag fehl. Die “autonomen gruppen” halten es offenbar für eine sozialrevolutionäre Heldentat, wenn sie eine — menschenverachtend als “Modul” bezeichnete — Person angreifen, die an neuen arbeitspolitischen Vorschlägen mitwirkt. Immer wieder während der letzten Jahre haben die “autonomen gruppen” in der Region Berlin/Brandenburg Anschläge begangen, die schwere Sachschäden nach sich zogen und Menschen verletzten oder gefährdeten. Besonders oft haben sie, um gegen CASTOR-Transporte zu protestieren, Hakenkrallen in Bahnoberleitungen eingehängt, zuletzt am 23. Oktober 2001 in Berlin. Aber sie haben — wie jetzt wieder — auch andere Anlässe für ihr Treiben gesucht. So setzten sie etwa vor drei Jahren in Bernau einen Bus in Brand, weil mit ihm Rechtsextremisten transportiert werden sollten. Bisher sind die Täter nicht ermittelt. Waren es immer dieselben? Oder Gruppen in wechselnder Zusammensetzung? Auch eine dritte Möglichkeit muss in Betracht gezogen werden: dass die Bezeichnung “autonome gruppen” als Sammelname unterschiedlicher Tätergruppierungen fungiert. In der Debatte, die in der autonomen Szene bundesweit um Sinn, Möglichkeiten und Grenzen militanter Aktionen geführt wird, kam auch der Vorschlag auf, den Namen “autonome gruppen” immer öfter zu verwenden: “Je mehr Zusammenhänge diesen Namen benutzen, um so grösser auch der Schutz für die anderen.”
Zum Weiterlesen:
Wieder Hakenkrallen-Anschlag in Brandenburg: Im Oktober 2001 verübten Autonome Gruppen einen Hakenkrallen-Anschlag auf eine Bahnstrecke bei Werder. (VS BRB)