1. Anti-Gewalttraining schon in der Kita /
CDU fordert nach Mord von Potzlow eine Erziehungsoffensive
tagesspiegel
2. Hülsemann: Freizeitclubs müssen für alle Jugendlichen offen bleiben
märkische oderzeitung
Anti-Gewalttraining schon in der Kita
CDU fordert nach Mord von Potzlow eine Erziehungsoffensive
Potsdam. Als Konsequenz aus dem Mord von Potzlow hat CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger eine „Erziehungsoffensive” im Land gefordert. Die müsse in den Kitas ansetzen, da die Wurzeln für die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen bereits im frühen Kindesalter lägen, sagte Blechinger am Mittwoch. „Wenn man erst anfängt, wenn Jugendliche zum Baseballschläger greifen, ist es zu spät.” Daher greife es zu kurz, Potzlow auf einen rechtsextremen Anschlag zu reduzieren, da die Gewaltbereitschaft früher ausgeprägt werde als rechtsextremistische Überzeugungen. Wer schon als Kind gewaltbereit sei, Schwächere schlage, sei eher anfällig für rechtsextremes Gedankengut. Die CDU-Politikerin begrüßte ausdrücklich Pläne von Bildungsminister Steffen Reiche (SPD), an den Kitas ein Frühwarnsystem aufzubauen, um auffällige und aggressive Kinder rechtzeitig zu erkennen und eingreifen zu können. In diesem Zusammenhang sprach sich Blechinger dafür aus, trotz der Haushaltskrise den „bisherigen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz” zu erhalten: „Das werden wir nicht zurückschrauben.” Das hohe Betreuungsniveau im Lande sei ein Vorteil, da so ein „direkter Draht” zu Problem-Familien möglich sei. Auch sei es sinnvoll, an den Kitas Erziehungsberatungen für Eltern anzubieten.
Hülsemann: Freizeitclubs müssen für alle Jugendlichen offen bleiben
Potsdam/Berlin (ddp-lbg). Rechtsradikale Jugendliche dürfen nach Auffassung des Mobilen Beratungsteams Brandenburg nicht prinzipiell aus Jugendklubs ausgeschlossen werden. Aber bei Regel- oder Gesetzesverstößen müssten Konsequenzen gezogen werden, sagte Leiter Wolfram Hülsemann der Nachrichtenagentur ddp in Berlin. Wird ein Jugendclub beispielsweise zu einem «Umschlagsplatz» für rechtsextreme Propaganda oder Musik, sei eine «klare Ausgrenzung» der Betreffenden notwendig. Dazu zähle ein zeitweiliges oder komplettes Clubverbot. Dies werde auch praktiziert, betonte Hülsemann. Ein Jugendclubleiter könne jedoch keine Gesinnung bestrafen und Jugendliche auf Verdacht ausschließen.
Im uckermärkischen Potzlow war Mitte des Jahres ein Jugendlicher brutal misshandelt und ermordet worden, angeblich weil er eine weite Hiphop-Hose trug und blondierte Haare hatte. Einer der Täter verkehrte im Jugendclub der benachbarten Gemeinde Strehlow.
Laut Hülsemann geht es bei der Jugendarbeit auch darum, rechtsextrem orientierte Jugendliche mit ihrem menschenfeindlichen und antisemitischen Verhalten zu konfrontieren und sie zu einer Abkehr davon zu bewegen. Gelinge das nicht, grenzten sich die Jugendlichen selbst aus und müssten gegebenenfalls die Freizeiteinrichtung verlassen, betonte Hülsemann. Die «demokratisch verantwortete Jugendarbeit» setze voraus, dass der Jugendclubleiter mit einem «hohen Maß an Empathie» die Gefährdung Jugendlicher durch rechtsextreme Ideologien herausfinde und darauf reagiere. Für diese Vorgehensweise wachse das Verständnis bei den zuständigen Fachleuten in Brandenburg.
Hülsemann hob hervor, die Jugendarbeit habe in den vergangenen Jahren mit dazu beigetragen, dass sich fremdenfeindliche und intolerante Einstellungen bei Jugendlichen nicht noch weiter verbreitet hätten. Dennoch seien immer noch mehr als 20 Prozent der Jugendlichen rechtsextrem orientiert. Diese Zahl schwanke allerdings von Region zu Region. Aus der Jugendarbeit seien Gruppen hervorgegangen, die sich aktiv mit rechten Parolen und deren Befürworten auseinander setzten.
Das Mobile Beratungsteam Brandenburg bietet nach eigenen Angaben «Hilfe zur Selbsthilfe» für Menschen, die etwas gegen Rechtsextremismus tun wollen. Es hält Kontakt zu Jugendgruppen, Vereinen und Verbänden, den Kirchen, den öffentlichen Verwaltungen und der Politik.