Am vergangenen Sonntag protestierten ungefähr 60 Menschen im Potsdamer Ortsteil Grube gegen den dort wohnhaften Vermieter eines Berliner Bekleidungsgeschäftes, welches NS verherrlichende Kleidung feil bietet.
Keine Geschäfte mit Neonazis
Unter dem Motto „Keine Geschäfte mit Neonazis“ wurde der Raumverpächter aufgefordert, das Geschäftsverhältnis mit der Vertriebsfirma des Modelabels „Thor Steinar“ zu beenden und den mit „Tønsberg“ betitelten Laden zu schließen.
In einem Redebeitrag wurde auf die offenbar bewusst gewählten kolonialistischen, völkischen und pronazistischen Motive in der Kollektion von „Thor Steinar“ hingewiesen und an das Gewissen des Vermieters appelliert. Auch wenn diese Kleidung bisher nicht gegen geltendes Recht oder Verordnungen der Bundesrepublik verstößt und sich an dem Geschäft mit „Thor Steinar“ in erstes Linie bereichert wird, ist die Marke trotzdem tendenziös und dient dem (neo)nazistischen Milieu als Identifikations- und Propagandamittel.
Geteiltes Echo in Grube
Zur Diskussion stellte sich der Vermieter des Berliner Geschäftes jedoch nicht. Er soll zurzeit in Südost-Asien weilen. Auch die Ortsteilbewohner_innen hatten kaum Interesse an der Veranstaltung. So lange „Thor Steinar“ nicht verboten sei, wäre ihnen die Angelegenheit egal. Solidarischer mit dem Anliegen der Kundgebungsteilnehmer_innen in Grube, zeigten sich dagegen zahlreiche Passant_innen, die den Potsdamer Ortsteil mit dem Pkw frequentierten und der Aufforderung zum „2 x hupen gegen Nazis“ nachkamen.
(Neo)nazistische Gegenaktivitäten
Überhaupt nicht einverstanden mit der antifaschistischen Kundgebung waren dagegen offenbar 20 (Neo)nazis der „Sektion Potsdam“, die unter Polizeischutz ungefähr 100m weiter eine „Eilversammlung“ unter dem Motto „Gegen linke Gewalt“ durchführten.(1.) Dabei wurde auch ein Banner mit der Aufschrift „Aufmucken gegen Links – antifaschistische Strukturen aufdecken & zerstören“, zwei Reichskriegsflaggen (1933–1935) und Kleidungsstücke der Marke „Thor Steinar“ gezeigt. Darüber hinaus waren bereits im Morgengrauen symbolische Galgen an Bäumen in Grube angebracht und später durch die Feuerwehr im Auftrage der Polizei wieder entfernt worden. Weiterhin war die ungefähr 5km lange Strecke Zwischen Ortsausgang Potsdam-Grube und der Bahnhaltestelle in Potsdam-Golm mit zahlreichen (neo)nazistischen Parolen besprüht, bemalt oder beklebt worden.
(Neo)nazipropaganda entfernt
Antifaschist_innen entfernten oder übermalten die Losungen der (Neo)nazis auf dem Rückweg aus Grube, da Ordnungsamt und Polizei hier offenbar keine Veranlassung sahen aktiv zu werden. Übertrieben war dagegen die Reaktion von Polizeibeamt_innen gegenüber einen jungen Mann, der den zahlreichen (Neo)nazistickern einen antifaschistischen Aufkleber entgegengesetzt hatte. Von ihm wurden peinlichst die Personalien festgestellt und weitere Aufkleber abgenommen.
Fazit
Auch wenn die Thematik um den Berliner „Thor Steinar Laden“ in Potsdam-Grube nur eine geringfügige Außenwirkung hatte, offenbarten die Aktivitäten des (neo)nazistischen Milieus vor Ort, dass die Problematik des (Neo)nazismus keine punktuelle Herausforderung ist, sondern vielfaches Engagement in der Gesellschaft erfordert.
Sich hinter der derzeitigen Gesetzeslage zu verschanzen ändert die Wirklichkeit nicht, klar Stellung beziehen und aktiv zu werden schon eher.
Quelle:
(1.) http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12299989/60709/Linke-Rechte-Polizisten-Das-Dorf-als-Schauplatz-eines.html