Flüchtlingsrat Brandenburg sieht Grundrechte von Abschiebehäftlingen verletzt / CDU weist Kritik zurück
(MAZ, Jörg Schreiber) EISENHÜTTENSTADT Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert die sofortige
Schließung der so genannten Beruhigungszelle in der Abschiebehaftanstalt
Eisenhüttenstadt (Oder-Spree). Dort würden Inhaftierte stundenlang an ein
Bettgestell festgebunden, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Das sei ein
extremer Eingriff in die Grundrechte. Die CDU-Landtagsfraktion wies die
Kritik umgehend zurück. Es handle sich um ein “gerechtfertigtes und
notwendiges” Mittel, das nur in Ausnahmefällen angewandt werde, erwiderte
der innenpolitische Sprecher Sven Petke.
“Menschen mittels Gurten an Armen, Beinen und Rumpf zu fixieren, stellt
einen extremen Eingriff in die Grundrechte dar”, sagte der Sprecher des
Flüchtlingsrates. Zwischen März 2001 und Januar 2004 seien laut einer
Mitteilung von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) 19 Menschen in die
“Beruhigungszelle” gesteckt worden, die meisten von ihnen mehrfach. Die
längste “Fixierung” habe mehr als 29 Stunden gedauert.
Die Betroffenen würden von traumatischen Erfahrungen berichten, sagte der
Sprecher. Andere Gefangene hätten berichtet, dass bei Beschwerden mit der
“Beruhigungszelle” gedroht werde. Die Menschen in der Abschiebehaft seien
angesichts ihrer ungewissen Zukunft oft hochgradig verzweifelt. Statt
psychologischer und medizinischer Behandlung würden die Betroffenen “mit
extremen Mitteln ruhig gestellt”. Die Menschenwürde von Abschiebehäftlingen
müsse unantastbar sein.
Die Kritik sei nicht sachgerecht, entgegnete Petke. “Wir brauchen sowohl das
Mittel der Abschiebehaft als auch des körperlichen Zwangs, um das
Ausländergesetz umzusetzen”, sagte er. Dafür gebe es Rechtsgrundlagen.
Körperlicher Einsatz werde nur in Ausnahmefällen angewandt, wenn Betroffene
gewalttätig werden oder Widerstand leisten. Andernfalls bestünde die Gefahr,
dass sie Zerstörungen anrichten oder aber andere oder sich selbst verletzen.
Einen Eingriff in die Menschenrechte sehe er nicht.
Der Innenausschuss habe sich mehrfach mit diesen Verfahrensweisen befasst,
sagte Petke weiter. Er habe die Abschiebehaftanstalt auch selbst besucht.
Petke verwies darauf, dass sich die Zahl der Abschiebungen im Land
Brandenburg seit 1999 mehr als halbiert habe. Sie würden aber “zu den
normalen Mitteln des Rechtsstaates” gehören. ddp
Schönbohm: Fesselung von Abschiebehäftlingen ist die Ausnahme
(Die Welt) Potsdam — Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat die
Fesselung aggressiver Insassen der zentralen Abschiebehaftanstalt in
Eisenhüttenstadt als notwendige Ausnahmen verteidigt. Wie Schönbohm auf eine
parlamentarische Anfrage mitteilte, wurden zwischen März 2001 und Januar
2004 insgesamt 19 Abschiebehäftlinge auf diese Weise beruhigt, darunter eine
Frau. Dabei seien die Betroffenen nur “in Fällen zwingender Notwendigkeit”
mit einem wie in Krankenhäusern üblichen Gurtsystem an ein Bett gebunden
worden, betonte der Politiker. Das sei der Fall, wenn Häftlinge andere
Insassen oder Vollzugspersonal angriffen, randalierten oder versuchten, sich
zu verletzen oder das Leben zu nehmen.
Nach Darstellung des Ministers können Abschiebehäftlinge mit Gurten an
Händen, Füßen oder am Bauch gefesselt werden. Derartige Fixierungen hätten
in Eisenhüttenstadt durchschnittlich vier Stunden gedauert. In einem Falle
habe eine Person allerdings über mehrere Tage, insgesamt fast 42 Stunden,
ruhig gestellt werden müssen, teilte Schönbohm mit. Eine medizinische
Betreuung der Betroffenen sei gewährleistet. ddp
Schönbohm verteidigt Fesselung in Abschiebehaft als Ausnahme
Potsdam (ddp-lbg). Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU)
verteidigt die Fesselung agressiver Insassen der zentralen
Abschiebehaftanstalt in Eisenhüttenstadt als zwingende Ausnahme. Wie der
Politiker auf eine parlamentarische Anfrage mitteilte, wurden zwischen März
2001 und Januar 2004 auf diese Weise 19 Abschiebehäftlinge beruhigt,
darunter eine Frau. Dabei seien die Betroffenen nur «in Fällen zwingender
Notwendigkeit» mit einem wie in Krankenhäusern üblichen Gurtsystem an ein
Bett gebunden worden, betonte der Politiker. Das sei der Fall, wenn
Häftlinge andere Insassen oder Vollzugspersonal angreifen, randalieren oder
versuchen, sich selbst zu verletzen oder sich das Leben zu nehmen.
Nach Darstellung des Ministers können Abschiebehäftlinge mit Gurten an
Händen, Füßen oder am Bauch gefesselt werden. Eine derartige Fixierung habe
in Eisenhüttenstadt durchschnittlich vier Stunden gedauert. In einem Falle
habe eine Person allerdings über mehrere Tage insgesamt fast 42 Stunden
ruhig gestellt werden müssen, teilte Schönbohm mit. Während der
Unterbringung in dem so genannten Ruhigstellungsraum werden die
Abschiebehäftlinge den Angaben zufolge per Videokamera beobachtet. Hinzu
kämen Sichtkontrollen durch das Personal.
Eine medizinische Betreuung der Betroffenen sei gewährleistet, unterstrich
Schönbohm. In Einzelfällen sei für Häftlinge auch die Unterbringung in einer
geschlossenen Abteilung der örtlichen Psychiatrie angeordnet worden. Pro
Jahr werden in Brandenburg durchschnittlich 1000 Ausländer in ihre
Heimatländer abgeschoben.
Nachgefragt… bei Brandenburgs Innenminister
Jörg Schöhnbohm (CDU)
Ruhigstellung in Spezialräumen
(Der Prignitzer, Matthias Krauß) Die Vorwürfe gegen Bedienstete der JVA Brandenburg/Havel bringen die Justiz
in die Kritik. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie Häftlinge behandelt
werden dürfen. Aggressive Häftlinge in der Abschiebehaft beispielsweise
werden gegebenenfalls in Ruhigstellungsräumen untergebracht und wenn
erforderlich mittels eines Gurtfesselungssystems “fixiert”, erklärte
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Zwischen März 2001 und Januar 2004 seien
in der Zentralen Abschiebehaft Eisenhüttenstadt (ZABH) insgesamt 19 Personen
auf diese Weise gebändigt worden. Der rechtspolitische Sprecher der PDS,
Stefan Sarrach, hatte zuvor von Berichten gesprochen, wonach sich “viele
Inhaftierte über die medizinische Versorgung beschwert” hätten. Unruhige
Gefangene würden “mit Hilfe eines Gurtsystems der aus dem klinischen Bereich
bekannten Herstellerfirma Segufix an einem ebenerdigen Bett festgegurtet”.
Der Innenminister führte als Gründe für eine solche gesonderte Maßnahme an:
Angriff auf Beschäftigte oder andere Insassen, Sachbeschädigung,
Selbstverletzung oder Selbstmordversuch
sowie vorsätzliche Verschmutzung der Zelle. Ursprünglich war den Worten des
Ministers zufolge eine Fesselung mittels eines Systems vorgesehen, das “aus
metallenen Bügeln (Handschellen) bestand”. Wegen der nicht auszuschließenden
Verletzungsgefahr seien die Metallgeräte gegen das Gurtsystem ausgetauscht
worden.
Laut Minister kann eine Fixierung mit Gurten durch eine Hand‑, Fuß- oder
Bauchfessel erfolgen. Eine derartige Fixierung ans Bett habe
durchschnittlich vier Stunden gedauert. In einem Falle habe eine Person fast
42 Stunden auf diese Weise gebunden werden müssen. Allen Fällen sei eine
Aggressivität der Häftlinge vorausgegangen. Während des Aufenthalts in einem
Ruhigstellungsraum erfolgt Schönbohm zufolge ständig Videobeobachtung. Hinzu
kommen Sichtkontrollen durch das Personal.