Auf ihrer diesjährigen Herbstkonferenz haben sich die Flüchtlingsräte der Bundesländer und PRO ASYL mit den geflüchteten und auf der Flucht befindlichen Menschen aus Afghanistan solidarisiert.
Neben der Aufnahme der so genannten Ortskräfte fordern wir die Ermöglichung des Familiennachzugs und ein Bleiberecht für die bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen.
Tausende Afghan*innen wenden sich derzeit in der verzweifelten Hoffnung an uns, einen Ausweg aus der lebensbedrohlichen Lage und Schutz im Ausland zu finden. Die Bundesregierung hat es unterlassen, besonders bedrohten Menschen rechtzeitig eine sichere Fluchtperspektive zu eröffnen und ihre Evakuierung aus Afghanistan umzusetzen. Statt Notfallpläne zu entwickeln und die bedrohten Menschen rechtzeitig mit Papieren zu versehen, wurden bis zuletzt Abschiebungen durchgesetzt.
Trotz dieser verantwortungslosen Politik wird es auch in Zukunft bedrohten Menschen gelingen, den Taliban zu entkommen. Dabei geht es nicht nur um die so genannten Ortskräfte, sondern auch um andere bedrohte Afghan*innen, insbesondere um die Familienangehörigen von bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen. In Deutschland leben tausende Menschen aus afghanischen Communities, es gibt selbstorganisierte Strukturen und Beratungsnetzwerke; schon allein deshalb trägt Deutschland eine besondere Verantwortung bei der Aufnahme von geflüchteten Menschen aus Afghanistan.
Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg:
„Es ist jetzt notwendig, die Flüchtenden konkret zu unterstützen, und die Voraussetzungen für ihre Aufnahme zu schaffen. Außerdem muss endlich der Familiennachzug großzügig und ohne unnötige Hürden ermöglicht werden.“
Unsere Forderungen:
1. Die Einreise der etwa 40.000 sogenannten Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen muss ermöglicht werden.
2. Der Familiennachzug zu afghanischen Geflüchteten in Deutschland darf nicht länger, wie bereits seit Jahren von uns und auch von UNHCR kritisiert, verzögert oder ganz blockiert werden.
3. Gebraucht werden außerdem humanitäre Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern mit dem Ziel, die genannten Gruppen sowie afghanische Geflüchtete aus den umliegenden Ländern schnell und unbürokratisch in Deutschland aufzunehmen (Beispielhaft: Thüringen, Schleswig-Holstein und Berlin).
4. Ein sofortiger und bedingungsloser Abschiebestopp muss erlassen werden. Allen afghanischen Staatsangehörigen in Deutschland, deren Asylgründe bislang nicht anerkannt und die zur Ausreise aufgefordert wurden, muss ein sicheres Bleiberecht garantiert werden.
5. Visaanträge müssen bei jeder deutschen Auslandsvertretung angenommen werden, hierfür muss das Personal in den Botschaften aufgestockt werden. Zudem dürfen keine Originaldokumente aus Afghanistan zum Nachweis von familiären Bindungen oder Sprachnachweise für Ehepartner*innen eingefordert werden, es muss vielmehr für die Visumserteilung eine Globalzustimmung des Innenministeriums reichen.
“Aufnahme, Familiennachzug und Bleiberecht dürfen dabei nicht an der mangelnden Zuständigkeit von Auslandsvertretungen, an nicht beschaffbaren Dokumenten, an Verpflichtungserklärungen oder an einem verengten Familienbegriff scheitern”, so Lotta Schwedler weiter.
In der vergangenen Woche wurde im Brandenburger Landtag ein Entschließungsantrag verabschiedet, der weder ein Bekenntnis zu einem eigenen Landesaufnahmeprogramm enthält noch noch einen erweiterten Familiennachzug über den engen Kernfamilienbegriff hinaus ermöglicht. Der Antrag ist eine Enttäuschung für all diejenigen Afghan*innen in Brandenburg, die auf die Unterstützung des Landes gehofft haben, um ihre Familienangehörigen in Sicherheit bringen zu können.