
An einer Kundgebung der NPD auf dem Neustädtischen Markt in Brandenburg an der Havel, die sich gegen vermeintlichen „Asylbetrug” richtete, beteiligten sich heute Mittag ungefähr 50 Personen. Deutlich weniger als wenn vermeintlich „besorgte“ Bürger_innen oder PEGIDA-Sympathisant_innen auf die Straße gehen. Zum Vergleich: An der ersten BraMM Versammlung in Brandenburg an der Havel im Januar 2015 nahmen ungefähr 150 Personen teil, bei so genannten „Bürgerprotesten“ am vergangenen Dienstag in Rathenow ca. 500. Die Anhänger_innen der heutigen NPD Veranstaltung waren zudem hauptsächlich aus den Landkreisen Havelland und Potsdam-Mittelmark zugereist. Es handelte sich dabei überwiegend um bekannte Neonazis, darunter auch Parteigänger_innen des III. Weges und „freier Kräfte“. Gegen die Veranstaltung protestierten ungefähr 200 Menschen. Zu den Protesten hatte u.a. FHB-Präsidentin Prof. Burghilde Wieneke-Toutaoui im Namen der Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz sowie die Linksjugend [‘SOLID] aufgerufen.
NPD suchte vergeblich Anschluss an „Bürgerproteste“
Nachdem Ableger und Imitate der flüchtlingsfeindlichen PEGIDA-Bewegung auch immer wieder im Land Brandenburg aufmarschiert waren und, wie beispielweise zuletzt im benachbarten Rathenow, auch bürgerliche Kreise in ihre Veranstaltungen einbetten konnten, ist auch die NPD wieder vermehrt um Anknüpfung in die Mitte der Gesellschaft bemüht. Ihre politischen Angebote, die sie auch heute wieder durch ihre Redner bzw. Parteipropaganda an die Brandenburger Bevölkerung richtete, wurden allerdings nur wenig beachtet. Als zu radikal gelten offenbar deren Positionen bzw. die handelnden Funktionäre. Redner Michel Müller aus Rathenow, der seit geraumer Zeit wieder regelmäßig sowohl bei Veranstaltungen der extremen Rechten als auch bei so genannten „Bürgerprotesten“ zu sehen ist, haftet beispielsweise noch immer der Ruf des brutalen Gewalttäters an. Grund: Er saß drei wegen Beihilfe zum versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung u.A. in der JVA Brandenburg ein. Müller war u.a. am Neujahrsmorgen 2000 an einer Hetzjagd auf pakistanische Flüchtlinge in Rathenow beteiligt. Dies hinderte den mitteilungsbedürftigen NPD Funktionär aber heute nicht daran die Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg wegen, aus seiner Sicht, „gewaltverherrlichender“ Transparente auf der Gegendemonstration verbal anzugreifen. Auch der zweite Redner, André Schär aus Bad Belzig, ist bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er soll am 22. März 2012 einen Flüchtling aus Kamerun bedroht und beleidigt haben. Heute fühlte sich Schär allerdings selber durch Anti-Nazi-Slogans auf den Transparenten der Gegendemonstrant_innen persönlich angegriffen. Er sei erst 1981 geboren und könne somit kein „Nazi“ sein. Allerdings wurde auf der Versammlung der NPD auch mindestens eine Person geduldet, die auf ihrem Pullover die Parole „Rache für 45“ abgedruckt hatte. Zudem wurde die schwarz-weiß-rote „Reichsflagge“ gezeigt. Sowohl Michel Müller als auch André Schär sitzen für die nationaldemokratische Partei in Kommunalparlamenten und nutzen ihre Abgeordnetentätigkeit für Hetze gegen Flüchtlinge.
Breites Bündnis protestierte gegen NPD
In Brandenburg an der Havel mag jedoch die rassistisch motivierte Dauerpropaganda der NPD nicht zünden. Im Gegenteil, eine Vielzahl von Menschen arbeitet mittlerweile in ehrenamtlich helfenden Flüchtlungsunterstützungsgruppen bzw. Willkommensinitiativen. Einige Helfer_innen und Flüchtlinge waren heute Mittag ebenfalls am Neustädtischen Markt präsent um gegen die Forderungen der NPD zu demonstrieren. Weiterhin waren die Vertreter_innen der Parteien und auch die Oberbürgermeisterin vor Ort. Gemeinsam wurde für ein „buntes weltoffeneres Brandenburg an der Havel“ demonstriert. Als Redner traten u.a. René Kretzschmer (DIE.LINKE) und Pfarrer Jonas Börsel von der St. Katharinen Gemeinde auf. Die Veranstaltung endete friedlich und ohne die, vom offenbar total verängstigten NPD Redner Michel Müller, befürchteten, gewalttätigen Angriffe auf „national denkende Menschen“. Beidseitige Konfrontationen von einzelnen Anhänger_innen beider Lager blieben auf verbalem Niveau.
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