31. März 2017 · Quelle: Flüchtlingsrat Brandenburg

Brandenburg beteiligt sich erstmals an Sammelabschiebung nach Afghanistan

Unter den am Montag abgeschobenen Personen kam einer der 15 Afghanen aus Brandenburg. Das Bundesland beteiligt sich zum ersten Mal an einer Sammelabschiebung nach Afghanistan – die nunmehr vierte seit Dezember 2016.

Unter den am Mon­tag abgeschobe­nen Per­so­n­en kam ein­er der 15 Afgha­nen aus Bran­den­burg. Das Bun­des­land beteiligt sich zum ersten Mal an ein­er Sam­me­lab­schiebung nach Afghanistan – die nun­mehr vierte seit Dezem­ber 2016. Damit ist Bran­den­burg das erste Bun­des­land mit Regierungs­beteili­gung der LINKEN, das nach Afghanistan abschiebt.
Im Vor­feld der Abschiebung aus München wurde der afghanis­che Mann in Bran­den­burg an der Hav­el von sein­er Arbeit abge­holt. Der Flüchtlingsrat kri­tisiert die Abschiebung in das Kriegs­ge­bi­et aufs Schärf­ste und appel­liert an die Lan­desregierung, Abschiebun­gen nach Afghanistan sofort zu stop­pen und alle Schritte in die Wege zu leit­en, dass die betrof­fene Per­son wieder zurück­kehren kann.
Einzelfall­prü­fung erset­zt keinen Abschiebestopp
Die Abschiebung fand wenige Tage statt, nach­dem im Land­tag der Beschluss über die „Aus­set­zung von Abschiebun­gen nach Afghanistan“ gefasst wurde. Darin sind eine sorgfältige Einzelfall­prü­fung und das Auss­chöpfen von Ermessensspiel­räu­men fest­geschrieben. Den Land­tagsab­ge­ord­neten war sehr wohl bewusst, dass Schutz­suchende aus Afghanistan in ein Kriegs­ge­bi­et abgeschoben wür­den. Mit der Ermessens- und Einzelfall­prü­fung entsch­ied der Land­tag sich gegen einen Lan­des-Abschiebestopp nach Afghanistan.
Die Abschiebung des afghanis­chen Mannes macht deut­lich, dass der Land­tags­beschluss keinen Abschiebestopp erset­zen kann. Beamt_innen sind in jedem Fall – nicht nur bei Flüchtlin­gen aus Afghanistan – verpflichtet, im Einzelfall zu prüfen, ob Abschiebe­hin­dernisse vor­liegen bzw. die Abschiebung einen Ein­griff in Grun­drechte darstellen würde. Fol­gt man dem aktuellen Bericht des Hohen Flüchtlingskom­mis­sari­ats der Vere­in­ten Natio­nen (UNHCR), gefährdet jede Abschiebung nach Afghanistan die kör­per­liche Unversehrtheit von Men­schen und stellt damiteinen Grun­drecht­se­in­griff dar. Der Land­tags­beschluss bietet angesichts dessen keinen wirk­samen Schutz für von Abschiebung bedro­hte Afghan_innen. Das Innen­min­is­teri­um soll­tes­tattdessen den Aus­län­der­be­hör­den ein klares Sig­nal geben, von Abschiebun­gen nach Afghanistan abzuse­hen. Eine Möglichkeit wäre, dem Bre­mer Beispiel zu fol­gen und die Aus­län­der­be­hör­den anzuweisen, Afghan_innen Aufen­thalt­ser­laub­nisse nach § 25 Abs. 5 Aufen­thG wegen beste­hen­der Unzu­mut­barkeit (und damit Unmöglichkeit) ein­er Rück­kehr auszustellen. Zudem muss Bran­den­bur­gendlich Zugang zu Sprachkursen für Afghan_innen
gewähren, denn nur so kann der Weg zu ein­er langfristi­gen Bleibeper­spek­tive geeb­net werden.
Laut ein­er aktuellen Studie der Uni­ver­sität Kon­stanz hat­ten die in der Außen­stelle des BAMF in Bran­den­bur­gentsch­iede­ne­nA­sylge­suche mit 10% bun­desweit die niedrig­ste Anerken­nungsquote afghanis­ch­er Flüchtlinge in den Jahren 2010–2015 (im Ver­gle­ich Nordrhein-Westfalen:34%). Das bedeutet, dass in Bran­den­burg über­durch­schnit­tlich viele Afghan_innen dauer­haft gefährdet sind, abgeschoben zu werden.
Bran­den­burg hält an har­ter Lin­ie gegen Geflüchtete fest
Auf­grund der zahlre­ichen Berichte zur ver­heeren­den Sicher­heit­slage lehnen Bun­deslän­der wie Schleswig-Hol­stein Abschiebun­gen­nach Afghanistan grund­sät­zlich ab. In der Presse hat­te sich der Bran­den­burg­er Innen­min­is­ter Karl-Heinz Schröter zuvor wieder­holt als Ver­fechter der rigi­den Abschiebe­poli­tik de Maiz­ières geoutet und die human­itäre Poli­tik seinesKol­le­ge­naus Schleswig-Hol­stein, der­als ersterund bish­er einzigere­inen Abschiebestopp ver­hängt hat­te, scharf kritisiert.
Mit der Entschei­dung gegen einen Abschiebestopp und der erst­ma­li­gen Beteili­gung an ein­er Sam­me­lab­schiebung nach Afghanistan zeigt die Lan­desregierung, dass sie an der harten Lin­ie von Bun­desin­nen­min­is­ter Thomas de Maiz­ière fes­thält. Damit überge­ht sie den Willen und das Engage­ment viel­er Men­schen in Bran­den­burg, die die aktuelle Lan­des- und Bun­de­spoli­tik kri­tisieren und mit lan­desweit­en Aktio­nen ihre Sol­i­dar­ität bekun­den. Mit ein­er Peti­tion,
die bere­its fast 70.000 Unterstützer_innen gefun­den hat, set­zen sich beispiel­sweise Schüler_innen ein­er Cot­tbuser Schule für ihre von Abschiebung bedro­ht­en afghanis­chen Mitschüler ein. Bei Kundge­bun­gen in Neu­rup­pin und Pots­dam forderten in diesem Monat Demonstrant_innen, darunter viele Afghan_innen,Flüchtlingsschutz und Abschiebestopp.
Zusam­men mit Ini­tia­tiv­en und Ehre­namtlichen fordert deshalb der Flüchtlingsrat Bran­den­burg weit­er­hin: Keine Abschiebun­gen nach Afghanistan! Bran­den­burg muss das Lot­ter­iespiel mit dem Leben afghanis­ch­er Flüchtlinge been­den und den hier leben­den Afghan_innen endlich Sicher­heit und Schutz gewähren!

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