Brandenburg darf nicht Schlusslicht sein - Vorgriffsregelung jetzt!
Der Flüchtlingsrat Brandenburg begrüßt, dass Innenminister Michael Stübgen im Innenausschuss vergangene Woche eine Vorgriffsregelung zu dem auf Bundesebene geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht zugesagt hat. Allerdings darf mit der Umsetzung nicht bis zum Beschluss des Bundeskabinetts gewartet werden. Die aufenthaltsrechtlichen Verbesserungen kommen gewiss – das Innenministerium sollte Brandenburger Ausländerbehörden deshalb umgehend anweisen, Geflüchtete, die seit langem in Brandenburg leben, arbeiten und hier angekommen sind, nicht noch vor Inkrafttreten des Gesetzes abzuschieben.
Obwohl der Gesetzentwurf zu den neuen Bleiberechtsreglungen schon vorliegt, werden auch in Brandenburg weiterhin abschiebevorbereitende Maßnahmen eingeleitet. Viele Geflüchtete leben in ständiger Angst vor ihrer Abschiebung. Dabei könnte das Innenministerium ihnen diese zermürbende Unsicherheit mit einer Weisung an die Ausländerbehörden unkompliziert nehmen. In Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Bremen, Thüringen und Niedersachsen gibt es bereits solche Regelungen.
„Brandenburg braucht die Vorgriffsregelung zum Chancen-Aufenthaltsrecht jetzt, und nicht erst in mehreren Wochen bis Monaten. Es wäre katastrophal, wenn auf den letzten Metern noch unumkehrbare Tatsachen geschaffen würden, und Menschen, die unter die angekündigten aufenthaltsrechtlichen Verbesserungen fallen, kurz vorher abgeschoben werden”, so Henrike Koch vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Menschen wie Mohamed Adam Abona Mohamed, der seit sieben Jahren in Deutschland lebt, könnten unter die angekündigte Bleiberechtsregelung fallen: http://jogspace.net/2022/06/03/wir-brauchen-arbeitserlaubnisse-und-gleiche-rechte/
Hintergrund:
Innenministerin Nancy Faeser hat letzte Woche einen Gesetzentwurf zum Chancen-Aufenthaltsrecht vorgelegt und damit ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag eingelöst. Die Voraufenthaltszeiten in den sogenannten Bleiberechtsregelungen (§§25a und 25b Aufenthaltsgesetz) sollen verkürzt und die Altersgrenze für Jugendliche von 21 auf 27 Jahre erhöht werden, sodass insgesamt mehr Geduldete von diesen Regelungen profitieren können. Im Rahmen des Chancen-Aufenthalts ist außerdem geplant, Geflüchteten, die seit fünf Jahren in Deutschland leben, einen einjährigen Aufenthalt auf Probe zu gewähren, währenddessen sie andere Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel wie Lebensunterhaltssicherung und Identitätsklärung nachholen können. Solange diese Regelungen bundesrechtlich nicht umgesetzt sind, leben viele Menschen in ständiger Angst vor einer Abschiebung. Die genannten Bundesländer verhindern das schon jetzt. Das CDU-geführte Schleswig-Holstein teilte seinen Ausländerbehörden beispielsweise mit, dass keine Einwände bestehen, wenn schon jetzt Aufenthaltserlaubnisse an die entsprechende Personengruppe erteilt würden. Ähnlich regelt es auch die Ampel-Regierung von Rheinland Pfalz. In Niedersachsen soll Personen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Anwendungsbereich der künftigen bundesgesetzlichen Regelungen fallen werden, bereits jetzt eine so genannte Ermessensduldung erteilt werden. So sind sie vor Abschiebungen geschützt.