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Brandenburger AfD organisiert extrem rechtes Konzert

Am 6. Novem­ber 2021 ver­anstal­tete der AfD-Lan­desver­band Bran­den­burg eine Abend­ver­anstal­tung in Hönow (Gemeinde Hoppe­garten). Angekündigt war ein Infoabend mit Beiträ­gen der bei­den stel­lvertre­tenden Lan­desvor­sitzen­den Bir­git Bessin und Daniel Frei­herr von Lüt­zow. Den Abschluss bildete jedoch ein geheim organ­isiertes Konz­ert des extrem recht­en Musikpro­jek­ts um Sacha Korn. Der offene Schul­ter­schluss zwis­chen der Bran­den­burg­er AfD und ein­er außer­par­la­men­tarischen, sub­kul­turellen Recht­en ist neu. Er kön­nte als Rich­tungsweis­er für den poli­tis­chen Kurs nach den anste­hen­den Wahlen zum Lan­desvor­sitz fungieren, bei denen auch Bir­git Bessin antritt. Die zahlre­ich anwe­senden Mit­glieder des Bran­den­burg­er Land­tages und einige Bun­destagsab­ge­ord­nete aus dem Bun­des­land scheinen diese Entwick­lung aktiv zu unterstützen. 
Bir­git Bessin vor dem Restau­rant “MIt­telpunkt der Erde”
Das „Braune Haus“ in Hönow 
Ver­anstal­tung­sort des recht­en Konz­ertabends war wieder ein­mal das Restau­rant „Mit­telpunkt der Erde“. Es gilt seit Jahren als etabliert­er Tre­ff­punkt des völkischen Flügels der AfD. In der Ver­gan­gen­heit fan­den hier bere­its Ver­anstal­tun­gen mit Björn Höcke am 9.September 2017 und am 11.September 2020 statt (Wahlkampf­tag der AfD Marzahn-Hellers­dorf am 9. Sep­tem­ber 2017 — 1) und Andreas Kalb­itz (Tre­f­fen der „Adler­schwin­gen Bran­den­burg“ ) statt. Auch Götz Kubitschek und Erik Lehn­ert vom extrem recht­en „Insti­tut für Staat­spoli­tik“ waren im Okto­ber 2020 für einen Diskus­sion­s­abend der Berlin­er „Jun­gen Alter­na­tive“ in Hönow zu Gast. Auf­grund der akuten Schwierigkeit der Berlin­er AfD, Ver­anstal­tungsräume zu find­en, dient der „Mit­telpunkt der Erde“ eben­falls als Tre­ff­punkt für zahlre­iche Bezirksver­bände, um dort beispiel­sweise Parteitage abzuhal­ten. Doch am Sam­stagabend gab es auf der „Dankesfeier“ für „unsere Mit­glieder“, wie Bir­git Bessin wenige Stun­den vor Ver­anstal­tungs­be­ginn auf Face­book schrieb, mehr als nur ein paar diskri­m­inierende Reden.
Sacha Korn – Musik für die extreme Rechte 
Unter den ank­om­menden Per­so­n­en des Abends waren auch Mit­glieder des extrem recht­en Musikpro­jek­ts um den Song­writer Sacha Korn. So zeigte sich Drum­mer Gui­do Schade direkt im Band­out­fit und der Bassist und ehe­ma­lige Kad­er der Licht­en­berg­er AfD, Jan-Michael Keller, trug sein Instru­ment in den Ver­anstal­tungsraum. Später veröf­fentlichte eine Aktivistin der „Jun­gen Alter­na­tive“ aus Bran­den­burg Fotos, die bestätigten, dass tat­säch­lich ein Konz­ert von Sacha Korn im „Mit­telpunkt der Erde“ stattge­fun­den hatte. 
Screen­shot von Anna Leis­tens Instagram-Story.
Der Sänger und seine Band­kol­le­gen nen­nen sich selb­st „unpoli­tisch“. Doch sie sind seit vie­len Jahren in ein­er extrem recht­en Musik­szene aktiv und in Neon­azinet­zw­erke einge­bun­den. 2011 wur­den Songs von Sacha Korn auf der “Schul­hof-Cd” der NPD in Sachsen-Anhalt veröf­fentlicht.  Zudem hat die Band Kon­takte ins Rockermilieu, wie ein geplantes und dann ver­botenes Konzert für die Hells Angels 2012 zeigt. Aus Angst vor weit­eren Ver­boten wer­den ihre Konz­erte in der Regel klan­des­tin organ­isiert, wie 2015 im Berlin­er Club „Chesters“ [5]. Wenn sie bekan­nt wer­den, sind sie von antifaschis­tis­chen Protesten begleit­et – so 2017 in Pots­dam-Born­st­edt. In den let­zten Jahren suchen Sacha Korn neben der Neon­azi-Szene jedoch ver­stärkt Kon­tak­te in eine neo­faschis­tis­che Rechte, vor allem zu Struk­turen der “Iden­titären Bewe­gung”. Sein aktuelles Album „Heimat“ aus dem Jahr 2020 pro­duzierte er zusam­men mit der völkischen Ver­net­zungsplat­tform „Ein Prozent“. Sie finanzierte auch das Video zur Auskop­plung „Unsere Kraft“ und bewarb Korn mehrfach auf ihrer Home­page als öffentlichkeitswirk­samen Poster­boy für eine „patri­o­tis­che Musik­szene“. Dadurch erlangte Sacha Korn Zugang zur recht­en Medi­en­blase. Er gab unter anderem Inter­views in der FPÖ-nahen Zeitung „Wochen­blick“ und dem öster­re­ichis­chen Mag­a­zin „Freilich“, das eben­falls der FPÖ und der „Iden­titären Bewe­gung“ nah­este­ht. Zudem war er Ende 2020 Gast im online-For­mat „laut gedacht“ der bei­den Iden­titären-Aktivis­ten Alexan­der Kleine aka Alex Malen­ki und Phillip Thaler. Die Kon­tak­te zur neon­azis­tis­chen und neo­faschis­tis­chen Rechten führten auch zur zwis­chen­zeitlichen Löschung von Korns Musik auf zahlre­ichen online-Down­load­por­tal­en. Der Sänger und seine Band ste­hen somit für die Bestre­bun­gen  zum Auf­bau ein­er völkischen „Gegenkul­tur“, die jedoch ver­sucht ihre extrem recht­en Inhalte als ver­meintlich harm­losen „Patri­o­tismus“ zu tar­nen. Das vere­int ihn mit der AfD.
                                     
AfD im Net­zw­erk der „Mosaikrecht­en“
Das Konz­ert in Hönow zeigt, wie tragfähig die Net­zw­erke zwis­chen sub­ku­turellen und par­la­men­tarischen Kreisen der extremen Recht­en inzwis­chen sind. Der Auf­bau ein­er solchen „Mosaikrecht­en“ wird seit Jahren einge­fordert und von Plat­tfor­men wie „Ein Prozent“ unter erhe­blichem finanziellen Aufwand forciert. Dabei geht es nicht nur darum, gegen­seit­ige Unter­stützung einzu­fordern, son­dern eine aktive poli­tis­che Zusam­me­nar­beit unter­schiedlich­er Spek­tren, wie der AfD, der “Iden­titären Bewe­gung” oder Musik-Acts, zu fördern. Die Aus­rich­tung des Konz­ertes durch die AfD zu diesem Zeit­punkt ist tak­tisch motiviert. In zwei Wochen find­et am 20. und 21. Novem­ber der Lan­desparteitag statt. Auf ihm geht es darum, die Nach­folge von Andreas Kalb­itz zu bes­tim­men, dem im Früh­jahr 2020 die Parteim­it­glied­schaft ent­zo­gen wurde. Grund waren seine über Jahrzehnte beste­hen­den per­sön­lichen Kon­tak­te in die extreme Rechte. Doch für viele Teile der Bran­den­burg­er AfD war das kein Grund, ihm nach­haltig die Unter­stützung zu entziehen. Nun machen sich die Kalb­itz-Befür­worter*innen im völkischen Partei­flügel bere­it, um seine poli­tis­che Arbeit mit neuen Gesichtern fortzuführen. Zu dieser Frak­tion gehört auch Bir­git Bessin , die für den Lan­desvor­sitz kandidiert.
Bre­ite Unter­stützung für völkische Netzwerke
Dementsprechend ist die Konz­ert-Ver­anstal­tung vom 6. Novem­ber 2021 neben dem Dank an die Parteim­it­glieder für die Hil­fe im zurück­liegen­den Bun­destagswahlkampf auch eine Möglichkeit, um die Unterstützer*innen einzuschwören und den poli­tis­chen Weg der Bran­den­burg­er AfD unter Bessin aufzuzeigen. Dieser Kurs scheint eine ver­stärk­te Zusam­me­nar­beit mit extrem recht­en Struk­turen außer­halb der Par­la­mente zu bein­hal­ten, um in Bran­den­burg eine starke „Mosaikrechte“ zu etablieren. Eine solche Entwick­lung scheint dabei von vie­len führen­den Politiker*innen der Partei getra­gen zu werden. 
Hannes Gnauck im “Mit­telpunkt der Erde”
Neben den stel­lvertre­tenden Lan­desvor­sitzen­den Bessin und von Lüt­zow waren weit­ere Land­tagsab­ge­ord­nete in Hönow; unter anderem Peter Drenske, Lars Gün­ther, Kathi Mux­el , Volk­er Noth­ing, die Schrift­führere­in Ker­stin Schotte der ehe­ma­lige Abge­ord­nete Roman Kuf­fert. Zudem besucht­en mit Hannes Gnauck, Stef­fen Kotré und René Springer gle­ich drei der fünf aktuellen Bran­den­burg­er Bun­destagsab­ge­ord­neten der AfD das Konz­ert. Auch die generell eher ins völkische tendierende Partei­ju­gend der AfD zeigt sich als Unter­stützerin eines weit­er nach rechts führen­den Parteikurs­es. Neben der Vor­sitzen­den der „Jun­gen Alter­na­tive“ in Bran­den­burg, Anna Leis­ten, war eben­falls ihr Stel­lvertreter Franz-Sebas­t­ian Dusatko sowie Manuel Schmidt anwe­send. Von der Berlin­er JA kam Patrick-Steven Fritsch vorbei.
Die Aus­rich­tung eines klan­des­tin organ­isierten Recht­srock­konz­erts stellt eine neue Qual­ität der poli­tis­chen Arbeit der AfD in Bran­den­burg dar. Hier zeigt sich, wie offen völkische Struk­turen in der Partei ver­suchen, ihre Hand­lungsspiel­räume gegenüber ver­meintlich gemäßigteren Kräften, wie um Jörg Meuthen, zu erweit­ern. Es wird sich auf dem Lan­desparteitag zeigen, inwieweit eine solche Aus­rich­tung der Lan­des-AfD mehrheits­fähig ist. Lei­der spricht vieles dafür. Und selb­st wenn die Akteur*innen des völkischen Flügels der Partei nicht unmit­tel­bar auf die gewün­scht­en Posten gewählt wer­den, wer­den sie ihren poli­tis­chen Kurs auf lokaler Ebene fortführen. 

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