(MAZ, 10.9.) FÜRSTENWALDE Das Oberstufenzentrum Palmnicken liegt gleich hinter dem
Stadtrand von Fürstenwalde (Oder-Spree). Auf dem Weg dorthin fährt man an
Wahlplakaten der NPD vorbei. Doch nicht nur das — die rechtsextreme Partei
hat am Freitag vor einer Woche in aller Frühe vor dem Oberstufenzentrum CDs
mit Propaganda-Musik verteilt.
Gestern, gleiche Uhrzeit, gleicher Ort. Eine Gruppe junger Frauen,
Friseurinnen-Auszubildende, schart sich um Holger Rupprecht (SPD).
Brandenburgs Bildungsminister verteilt die CD “Musik gegen Rechts”. Er wolle
die jungen Menschen mit einem “guten Produkt” auf die Gefahr der
rechtsextremistischen Propaganda aufmerksam machen, sagt er. “Ich bedauere,
dass man gegen die CD der NPD nicht strafrechtlich vorgehen kann.” Der
Tonträger, von dem die NPD in Brandenburg 10 000 Stück verteilt haben will,
ist nach Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg nicht
gesetzeswidrig. Dumpfer Rechtsrock ist es jedoch allemal. Rupprecht bietet
dagegen Bands wie “City”, “Silbermond” und “Söhne Mannheims”.
“,City′ und ‚Silbermond′ sind toll”, sagt Steffi, die gerade eine CD in der
Hand hält. Die 18-Jährige kritisiert die NPD-Verteilaktion vom Freitag vor
einer Woche: “Ich finde das blöd, dass die uns ihre Meinung aufdrängen
wollen.” Steffis Freundinnen nehmen die CD — wie viele der Schüler des
Oberstufenzentrums — kommentarlos entgegen. Ihre Neugier scheint geweckt, zu
einem schnellen Urteil sind sie aber nicht bereit.
“Wir haben das gesamte politische Spektrum bei den Schülern, vor allem eine
breite Mitte”, sagt Joachim Schenk, stellvertretender Leiter des
Oberstufenzentrums. Nach der NPD-Aktion habe er zahlreiche CDs im Papierkorb
gefunden. Den Anteil Rechtsradikaler an seiner Schule schätzt er auf fünf
Prozent.
Zu den Rechtsradikalen gehört auch die Clique von angehenden Malern aus
Beeskow, die sich bei Rupprechts Auftritt abseits hält. Sie haben die CD der
NPD gern genommen. “Die Lieder fetzen”, erklärt eine 19-Jährige. Von Texten
mit “wahren Aussagen”, spricht ein 18-Jähriger. Worum es in den Liedern
genau geht, vermag er auf Nachfrage nicht zu sagen. Die jungen Erwachsenen
sprechen davon, “dass man Ausländer nicht mehr nach Deutschland reinlassen
soll.” Bei der Bundestagswahl wollen sie die NPD wählen.
“Die NPD versucht mit scheinbar harmlosen Methoden an die Jugendlichen
heranzukommen und so ihre antidemokratischen Ideen zu verbreiten”, sagt
Ravindra Gujjula, Vorsitzender des Vereins “Brandenburg gegen Rechts”, über
die CD der rechtsextremen Partei. Um Flagge zu zeigen, habe der Verein daher
selbst die CD “Musik gegen Rechts” herausgegeben. Ein Großteil der 20 000
Tonträger seien schon in Brandenburg verteilt. Der Verein habe nur noch
wenige hundert übrig.
Der große Absatz der Anti-Nazi-CDs könnte beim Brandenburgischen
Verfassungsschutz zu einem Engpass führen: Dieser hatte angekündigt, jede
eingeschickte CD mit rechtsextremistischer Musik gegen eine CD “Musik gegen
Rechts” umtauschen zu wollen. Das könnte auch für die NPD-CDs gelten. Wie
groß der Vorrat an Tausch-CDs beim Brandenburgischen Verfassungsschutz
tatsächlich ist, wollte der stellvertretende Sprecher des Innenministers,
Wolfgang Brandt, gestern nicht angeben. “Die Einsender werden ihre
Tausch-CDs bekommen”, versicherte Brandt.