„Danke sagen statt verklagen: Free Iuventa“
Am vergangenen Samstag beteiligte sich die Seebrücke Potsdam mit einer gemeinsamen Aktion auf dem Sommerfest des SV Concordia Nowawes 06 und der La Datscha an einer europaweiten Solidaritätsbekundung. Anlass ist der Vorprozess gegen 21 Seenotretter:innen von der Iuventa Crew & weiteren Seebotrettungsorganisationen in Italien. Die vier Besatzungmitglieder der Iuventa – darunter der Potsdamer Sascha Girke – sind in Italien wegen „Hilfe zur illegalen Einreise“ angeklagt. Samstag wurde der Prozess in Trapani eröffnet.
Dutzende Potsdamer:innen hielten deswegen einen Gruß an die Angeklagten des Seenotrettungschiffs Iuventa in den Himmel. „Dass Seenotretter:innen wegen ihres Engagements angeklagt werden, nehmen wir nicht hin“, sagt Anna Arthur von der Seebrücke Potsdam. Die Potsdamer Initiative setzt sich seit vielen Jahren für sichere Fluchtwege ein.
„Wer schon 14.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet hat, verdient unser aller Dank und keine Klage“, finden die Unterstützer:innen. „Danke sagen statt verklagen“, lautete dementsprechend ihre Forderung bei der Foto-Aktion.
„Genau so wenig wie Flucht ist auch Seenotrettung kein Verbrechen“, erläutert Arthur die Aktion. „Es sollten vielmehr die Verantwortlichen der lebensgefährlichen Pushbacks von Schutzsuchenden durch die europäische Grenzpolizei „Frontex“ vor Gericht kommen, denn hier ist in tausenden Fällen vielmehr ein Straftatsbestand erfüllt – nämlich mindestens der von unterlassender Hilfeleistung für Ertrinkende im Mittelmeer“, so die Seebrücke Potsdam in einer Pressemitteilung.
Potsdam steht in der Sache derweil nicht nur mit den Seenotretter:innen in direktem Bezug, sondern auch zu der kritisierten Frontex-Agentur. Die Bundesregierung beteiligt sich personell, finanziell und materiell an den Menschenrechtsverletzungen durch Frontex. 2021 unterstütze Deutschland Frontex mit insgesamt 830 Einsatzkräften der Bundes- und Landespolizeien. Die am schnellsten wachsende EU-Agentur soll bis 2027 über eine ständige Reserve von 10.000 Polizist:innen verfügen, wobei Deutschland hierfür knapp 1.100 Polizist:innen entsenden soll. Von ca. 4.300 Mitarbeiter*innen des Bundespolizeipräsidiums waren 2021 etwa 800 am Hauptsitz in Potsdam beschäftigt.
Das Präsidium der Bundespolizei befindet sich im Potsdamer Horstweg und wird derzeit stark ausgebaut.
Oberbürgermeister Mike Schubert äußerte sich am Freitag klar pro Seenotrettung: “Lebensrettung darf nicht kriminalisiert werden. Egal aus welchen Gründen die Menschen in Seenot geraten sind, sie müssen gestern, heute und morgen gerettet werden. Dafür setzt sich Potsdam als Bündnispartner im Netzwerk Städte Sicherer Häfen ebenso ein wie mehrere hundert Städte in Europa.”
In Trapani wurden derweil am ersten Prozesstag internationale Prozessbeobachter:innen vom Verfahren ausgeschlossen. Dies rief heftige internationale Kritik von Presseverbänden und Menschenrechtsorganisationen hervor.
In Potsdam will die Seebrücke Potsdam weiter auf das Thema aufmerksam machen. „Die Menschenrechtsverletzungen durch Frontex und die Bundespolizei sowie die juristische Verfolgung von Seenotretter:innen müssen sofort aufhören – dafür wünschen wir uns auch ein klares Signal von Mike Schubert gegenüber Frontex und der Bundespolizei“.