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Der Feuerwehrmann und die rechten Brandstifter

TREBBIN/LUCKENWALDE Sil­vio K. macht einen guten Ein­druck, äußer­lich. Auch auf der Anklage­bank des Luck­en­walder Amts­gerichts, wo er heute wieder sitzen muss. “Er fühlt sich zu unrecht beschuldigt”, teilte am ersten Ver­hand­lungstag am Mittwoch eine Jugendgericht­shelferin allen Anwe­senden die Gemüt­slage des 24-Jähri­gen mit: Sil­vio K, geschätztes Mit­glied der Frei­willi­gen Feuer­wehr Treb­bin und Geräte­wart aller Feuer­wehren im Kreis Tel­tow-Fläming, lei­de unter den Vor­wür­fen. Viele sein­er Bekan­nten seien eben­falls verunsichert.

 

Die Vor­würfe, die der wegen ver­sucht­en Mordes an einem Ital­iener verurteilte Ex-Neon­azi Jan Weicht als Zeuge erhebt, sind mas­siv. Sil­vio K., behauptet der Häftling nach sech­sjährigem Schweigen, habe bei einem ras­sis­tis­chen Über­fall am 30. Sep­tem­ber 1996 mit­gewirkt. Außer­dem habe K., was kaum jemand wisse, ein­er recht­sex­tremen Grup­pierung namens “Freie Kam­er­ad­schaft Treb­bin” ange­hört — wie K.s Mitangeklagter Stef­fen T. Sie “waren dabei”, belastet Weicht seine früheren Fre­unde, auch wenn andere das Sagen gehabt hätten.

 

Sil­vio K. hört sich alles an, immer wort­los, meis­tens regungs­los. Manch­mal ver­schränkt er die Arme vor der Brust. Der Blick aus den Augen­winkeln, mit dem er Weicht, sehr sel­ten, mustert, ver­rät Ver­ach­tung. Vielle­icht Hass. Sil­vio K. demon­stri­ert mit seinem ganzen Kör­p­er, wie sehr er sich zu unrecht beschuldigt fühlt. Nur Weichts Worte wer­fen einen Schat­ten auf ihn.

 

Auch wenn sie dem Gericht noch unbekan­nt sind — es gibt Hin­weise für die Nähe des Feuer­wehrmanns zu geisti­gen Brand­s­tiftern. Das lässt nicht nur jen­er Satz ver­muten, den er aus­ge­sprochen haben soll, wie der MAZ von mehreren Seit­en ver­sichert wurde: “Ich lösche das Haus eines Aus­län­ders nur, weil es von Deutschen erbaut wurde.”

 

Dass Sil­vio K. sich im recht­sex­tremen Milieu bewegt, ist der Staat­san­waltschaft Neu­rup­pin seit vorigem Jahr bekan­nt. Nach Überzeu­gung der Behörde war K. an dem Über­fall auf den dunkel­häuti­gen Amerikan­er Edward C. am 14. April 2001 in einem McDon­alds-Restau­rant in Witt­stock beteiligt. K. soll dem Amerikan­er einen Ellen­bo­gen ins Kreuz geschla­gen haben. Die Staat­san­walt klagte den Treb­bin­er wegen des “drin­gen­den Ver­dachts” der Kör­per­ver­let­zung an, so ein Staatsanwalt.

 

Vor dem Amts­gericht Neu­rup­pin wurde das Ver­fahren gegen K. jedoch nach Para­graph 153 der Straf­prozes­sor­d­nung eingestellt. Dabei han­delt es sich nicht um einen Freis­pruch. Von dem Para­graphen wird Gebrauch gemacht, “wenn die Schuld des Täters als ger­ing anzuse­hen wäre und kein öffentlich­es Inter­esse an der Ver­fol­gung beste­ht”, wie es im Geset­zes­text heißt.

 

Offen­bar unter­hal­ten Sil­vio K. und andere junge Män­ner aus Treb­bin und Luck­en­walde Kon­tak­te zu der recht­sex­tremen Witt­stock­er Szene, die als eine der aktivsten in Bran­den­burg gilt. Am Vor­abend des Über­falls bei McDon­alds hat­te Sil­vio K. an einem von Witt­stock­er Neon­azis ver­anstal­teten Oster­feuer­fest teilgenom­men. Anwe­send waren auch Stef­fen T., der heute wieder neben K. auf der Anklage­bank sitzt, sowie der 22-jährige Rico Z. aus Luck­en­walde. Ihn hat­te das Neu­rup­pin­er Amts­gericht Ende Juli 2001 wegen gemein­schaftlich­er gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu ein­er 18-monati­gen Frei­heitsstrafe verurteilt. Z. hat­te dem Amerikan­er Edward C. mit einem Faustschlag die Nase gebrochen.

 

Sil­vio K. und Stef­fen T. haben sich offenkundig nach wie vor nicht von der recht­sex­tremen Szene dis­tanziert. Aus ein­er Pri­vat­woh­nung in Treb­bin schallte am 20. April (Hitlers Geburt­stag) Musik der neon­azis­tis­chen Kult-Band “Landser” auf die Straße. Zu hören war auch grölen­des Mitsin­gen. Der Gen­er­al­bun­de­san­walt betra­chtet “Landser” als krim­inelle Vere­ini­gung, ihre has­ser­füll­ten Lied­texte rufen bisweilen zum Mord auf.

 

Unter den sechs Män­nern, deren Per­son­alien die Polizei in der Woh­nung notierte, waren Sil­vio K., Stef­fen T. sowie ein gewiss­er Francesco Heim. Er machte Urlaub von der Jugend­strafanstalt Spremberg.

 

Heim ver­büßt nach einem Urteil des Landgerichts Pots­dam vom 23. April 1997 eine achtjährige Jugend­strafe. Er hat­te dem Ital­iener Giu­liano de Luca einen Karatetritt vor den Hals ver­set­zt und ihm danach eine Schreckschusspis­tole an den Hals geset­zt. Giu­liano de Luca wollte einem Lands­mann zur Hil­fe eilen, Orazio Giamblan­co, der am Abend des 30. Sep­tem­ber 1996 unter der Wucht ein­er Base­bal­lkeule zum Krüp­pel geprügelt wurde. Der Schläger, verurteilt zu 15 Jahren Haft, hat sich, anders als sein Kom­plize, von den Neon­azis los­ge­sagt: Jan Weicht.

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