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Der gehört da nicht hin”

Obdachlos­er bru­tal ermordet: Dieter Manzke starb, weil fünf junge Män­ner Lust beka­men zu prügeln

«Der gehört da nicht hin»

POTSDAM (Berlin­er Mor­gen­post) Wegen der Tötung eines Obdachlosen müssen sich seit gestern fünf junge Män­ner vor dem Landgericht Pots­dam ver­ant­worten. Sie sollen im ver­gan­genen August im bran­den­bur­gis­chen Dahle­witz ihr Opfer aus Ver­ach­tung zu Tode gequält haben. Vier der Män­ner im Alter zwis­chen 21 und 22 Jahren sind des Mordes angeklagt, einem 17-Jähri­gen wird Totschlag vorge­wor­fen. Ein mut­maßlich­er Täter räumte das Ver­brechen zu Prozess­be­ginn ein und zeigte Zeichen von Reue. Die anderen sollen am kom­menden Mon­tag gehört werden. 

Die fünf stäm­mi­gen jun­gen Män­ner wur­den in Hand­schellen in den Gerichtssaal geführt. Nach­dem der Staat­san­walt die Anklage ver­lesen hat­te, bestätigte der mut­maßliche Täter Dirk R. die Vor­würfe in weit­en Teilen. Während der Ermit­tlun­gen hat­ten auch die anderen bere­its ges­tanden, den Obdachlosen Dieter Manzke am Abend des 8. August 2001 in dessen Unter­schlupf in Dahle­witz am südlichen Stad­trand von Berlin bru­tal mis­shan­delt zu haben. An den Ver­let­zun­gen war der Mann gestorben. 

Am ersten von elf geplanten Prozessta­gen schilderte Dirk R., mit welch unbeschreib­lich­er Grausamkeit die jun­gen Män­ner gegen Manzke vorgin­gen. Zunächst hät­ten sie den 61-Jähri­gen ver­prügelt und mit schw­erem Schuh­w­erk immer wieder auf dessen Gesicht einge­treten. Ein­er der Schläger habe dem Opfer eine glühende Zigarette auf die Wange gedrückt, während ein ander­er ihm mit einem Feuerzeug den Bart anzün­dete. Ein Drit­ter habe ver­sucht, dem Mann einen Stock in den After zu ram­men, berichtete der Angeklagte. Während der Quälerei hät­ten sie gelacht. 

Nach der Gewal­torgie zer­rten sie den reglosen Kör­p­er in ein Gebüsch und ließen ihn dort liegen, wie R. erk­lärte. «Mir tut diese Tat Leid. Lei­der kommt diese Reue etwas zu spät», sagte er. «Ich habe nichts gegen Obdachlose und nichts gegen Alko­ho­lik­er. Der Ver­stor­bene hat­te uns nichts getan.» Auf die Frage des Richters Klaus Przy­bil­la, warum fünf starkgewach­sene Jungs auf einen betrunk­e­nen, hil­flosen, fliegengewichti­gen Mann eingeschla­gen hät­ten und ihn sein­er Men­schen­würde beraubt hät­ten, antwortete R.: «Ich weiß es nicht.» 

Während der Ermit­tlun­gen hat­ten die Män­ner erk­lärt, ihnen habe nicht gepasst, dass der Obdachlose in einem ver­lasse­nen Bun­ga­low wohnte. «Der gehört da nicht hin», hät­ten sie gedacht. Laut Staat­san­waltschaft beschlossen vier aus der Gruppe vor der Tat, von ihnen so genan­nte «Pen­ner» zu jagen. Sie hät­ten ihr Opfer «grund­los aus Ver­ach­tung wegen dessen Lebensweise über­fall­en», hieß es in der Anklage. Der fün­fte sei später hinzugekom­men. Deshalb habe er von diesen niederen Beweg­grün­den nicht gewusst. 

“Ich denke, daran ist der Alko­hol mit dran Schuld”

Prozes­sauf­takt um den Mord an dem Obdachlosen Dieter Manzke: Der 21-jährige Angeklagte behauptet, die Tat tue ihm leid

POTSDAM (Märkische All­ge­meine, Frank Schau­ka) Dieter Manzke kön­nte noch leben, wenn er den
Rat sein­er Peiniger beherzigt und sich inner­halb von
fünf Minuten “vom Ack­er” gemacht hätte. Doch mit zwei
gebroch­enen Augen­höhlen, einem Nasen‑, einem
Schlüs­sel­bein­bruch und mehreren, von zahllosen Tritten
zertrüm­merten Rip­pen war der 61-Jährige Obdachlose
dazu nicht mehr fähig. Er röchelte nur noch.
Vielle­icht hat­te Dieter Manzke schon vorher nicht mehr
hören kön­nen, wie die fünf jun­gen Män­ner “etwas
lacht­en”, als ein­er von ihnen, der 21-jährige Ronny
R., ver­suchte, ihm einen Stock in den After zu
stecken. 

Nach ein­er kurzen Rauch­pause, so berichtete der wegen
Mordes Angeklagte Dirk R. aus Dahle­witz gestern zum
Prozes­sauf­takt vor dem Pots­damer Landgericht, wandten
sie sich erneut dem schmächti­gen Mann zu, der auf dem
Boden lag. Der 22 Jahre alte Dirk B. aus Mahlow habe
mit dem Fin­ger auf das geschwol­lene linke Auge
gedrückt, durch das Manzke schon nichts mehr sehen
kon­nte, und ihn gefragt: Tut das weh? Manzke habe nur
noch Laute von sich gegeben. 

Anschließend schleiften die jun­gen Män­ner — die wegen
Mordes Angeklagten Ralf W., Ron­ny R., Dirk B. und Dirk
R. sowie der 17-jährige wegen Totschlags angeklagte
Uwe R. — Dieter Manzkes Kör­p­er in ein Gebüsch vor
sein­er Holzhütte in Dahle­witz. Diese Entschei­dung fiel
offen­bar spon­tan. Während der halb­stündi­gen Folterung,
sagte der 21-jährige Dirk R. gestern aus, habe er -
“man muss ja vom Schlimm­sten aus­ge­hen” — das Gelände
inspiziert, wobei ihm der Gedanke gekom­men sei: “Wenn
er draufge­ht, kön­nte man ihn ja im Plumpsklo
verstecken.” 

Wieso Dieter Manzke am späten Abend des 8. August 2001
ster­ben musste, blieb auch gestern ein Rät­sel. “Ich
weiß es nicht”, sagte Dirk R. Fast gleichlautend
beton­ten alle Angeklagten, sie hät­ten nichts gegen
Obdachlose und Alko­ho­lik­er gehabt. Er sei doch selbst
eine Zeit­lang obdach­los gewe­sen, meinte Dirk R., er
habe sog­ar mit Obdachlosen gezecht. 

An dem Abend, an dem Dieter Manzke umge­bracht wurde,
trafen sich die fünf Fre­unde gegen 18 Uhr, um beim
Bier “anzuhän­gen”, erzählte Dirk R. Er habe Lust
ver­spürt, sich zu schla­gen. Der 21-jährige Ralf W.
habe “irgend­wann” vorgeschla­gen, zu Manzkes Hütte zu
gehen. Gegen 22 Uhr seien sie los­ge­zo­gen. Wenig später
begann Dieter Manzkes Todeskampf. 

Dass die fünf jun­gen Män­ner aus Mahlow, Blankenfelde
und Dahle­witz an jen­em Abend nicht noch einen weiteren
Men­schen töteten, ist möglicher­weise nur “ein Zufall”,
wie Klaus Przy­bil­la, Vor­sitzen­der Richter der
Jugend­kam­mer am Pots­damer Landgericht, gestern
ein­schätzte. Als die fünf Täter Dieter Manzke
regungs­los in seinem Blut und Erbrochenem
zurück­ge­lassen hat­ten, habe Dirk B. den Vorschlag
gemacht, “Suff­is aufzuk­latschen”, berichtete Dirk R.
“Es war klar, dass die Gewalt an ander­er Stelle
fort­ge­set­zt wer­den sollte.” Der Ex-Junkie und
Alko­ho­lik­er, den die fünf dann auf­sucht­en, hatte
jedoch zwei Bekan­nte zu Besuch. Das ret­tete ihm
wahrschein­lich das Leben. 

“Mir tut diese Tat leid, mehr kann ich dazu nicht
sagen”, meinte Dirk R. Er habe in der Haft einen
Psy­cholo­gen auf­suchen müssen — “alles nur wegen dieser
Scheiß­tat”. “Ich denke, daran ist der Alko­hol mit dran
Schuld.” 

Das Opfer war völ­lig wehrlos

POTSDAM (Berlin­er Zeitung) Dieter Manzke starb einen erbärm­lichen Tod. In ein Gebüsch geschleift, den Kör­p­er zer­schun­den von Trit­ten und Faustschlä­gen, mis­shan­delt, Gesicht­shaut und Bart versen­gt mit Zigaret­teng­lut: So fand man den 61-Jähri­gen, erstickt am eige­nen ver­schluck­ten Blut, Anfang August vorigen Jahres mit­ten in Dahle­witz, einem Vorort im Süden Berlins. Fünf junge Män­ner — alle aus der Gegend, der jüng­ste 17, der älteste 22 Jahre alt — ges­tanden wenig später die Tat. Sie gaben ein lap­i­dares Motiv an: Sie hät­ten Manzke, den Obdachlosen, “vertreiben” wollen aus einem leer ste­hen­den Garten­häuschen, in dem er seit kurzem über­nachtete. Er habe dort “nichts zu suchen” gehabt, sagten sie der Polizei. Die fünf ste­hen seit Mon­tag vor der Jugend­kam­mer des Landgerichts Pots­dam; vier von ihnen sind wegen Mordes angeklagt, der jüng­ste wegen Totschlags. 

Eine halbe Stunde lang habe das Mar­tyri­um von Dieter Manzke gedauert, sagte Staat­san­walt Peter Petersen. Das Opfer habe schon “röchel­nd am Boden” gele­gen, als die vier älteren Täter, ange­führt vom 21-jähri­gen Dirk R., dem jüng­sten anboten, er könne Manzke ins Gesicht schlag
en. Dreimal tat der 17-jährige Uwe R. das, so der Staat­san­walt. Dieter Manzke war betrunk­en und völ­lig wehr­los. Ein­er der älteren, der 19-jährige Ron­ny R., habe gar ver­sucht, dem schw­er Ver­let­zten einen Stock in den After einzuführen. Dann zogen die fünf ihr Opfer in ein Gebüsch, damit die Tat nicht gle­ich ent­deckt werde. Dort starb Manzke. “Das Schick­sal ihres Opfers war den Tätern egal”, sagte Staat­san­walt Petersen. Die Obduk­tion ergab etliche Rip­pen­brüche, Frak­turen des Schlüs­sel­beins, der Augen­höhlen; das Rip­pen­fell geris­sen, Magen und Darm ver­let­zt. Dieter Manzke, geboren 1939 in Pom­mern, starb am 8. August 2001 in Dahle­witz, wo er seit Jahrzehn­ten gelebt, gear­beit­et, eine Fam­i­lie gehabt hat­te. Erst nach der Wende hat­te er keinen Job mehr, begann zu trinken, dann starb seine Frau. Erst ganz zulet­zt wurde er obdachlos. 

Die fünf Angeklagten gaben am Mon­tag bere­itwillig Auskun­ft über sich. Alle stam­men aus schwieri­gen Ver­hält­nis­sen: Beim einen sind die Eltern schon lange arbeit­s­los, der näch­ste hat seinen Vater seit zwölf Jahren nicht gese­hen. Zwei brachen die Schule ab, eine Lehre hat kein­er zu Ende gebracht, anson­sten waren sie jobben und “abhän­gen”. Der mut­maßliche Anführer der fünf, Dirk R., wurde von seinem Adop­tiv­vater regelmäßig geschla­gen, wie er sagt, ein­mal gar mit einem Gür­tel regel­recht ver­droschen: “Bis ich mich später dann gewehrt habe.” 

Vor allem auf den 21-Jähri­gen konzen­tri­ert sich das Inter­esse von Richter Klaus Przy­bil­la. Dirk R. ist kräftig, trägt Brille, Ohrring, kurze Haare, ein helles Kapuzen­shirt. Er spricht hastig, fast der einzige voll­ständi­ge Satz sein­er Selb­st­beschrei­bung lautet: “Ich bin jemand, der ein großes Maul hat und es nicht hal­ten kann.” Er neige zur Aggres­sion, räumt er ein, könne “richtig aus­ras­ten”. Ans tägliche Saufen war er schon so gewöh­nt, dass er im Knast Entzugser­schei­n­un­gen hatte. 

Zum Saufen trafen sich die fünf auch am Abend des 8. August. Irgend­wann, sagt Dirk R., habe er “Lust” bekom­men sich zu prügeln. Gemein­sam gin­gen sie zu Manzkes Laube direkt neben dem Haus in der Bahn­hof­sstraße, in dem Dirk R. seit kaum einem Viertel­jahr wohnte — er war zuvor selb­st eine Zeit lang obdach­los gewe­sen, hat­te in ein­er Garage über­nachtet. Doch an diesem Abend soll­ten andere büßen. Sein Kom­pagnon, der 22-jährige mitangeklagte Dirk B., habe “Suff­is aufk­latschen” wollen. Ein “richtiger Sadist” sei der gewe­sen, sagt Dirk R., habe Manzke noch mit dem Fin­ger aufs geschwol­lene Auge gedrückt und “Tut’s weh?” gefragt. Sie woll­ten sog­ar noch weit­er ziehen, als sie von Manzke abließen, weit­er zum näch­sten Alki, den sie in Dahle­witz kan­nten. Doch der war nicht aufzutreiben. Son­st hätte es “wahrschein­lich noch einen zweit­en Toten” gegeben, sagt Dirk R. 

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