NEURUPPIN/WUSTRAU Wachsamkeit, null Toleranz und eine strenge Bestrafung — diesen Kurs will
die Neuruppiner Staatsanwaltschaft beibehalten, wenn es um die Verfolgung
von politisch motivierten Straftätern geht. Das betonte der Leitende
Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher am Mittwochabend, als er im “Märkischen
Keller” der Richterakademie in Wustrau den Bericht seiner Behörde für das
Jahr 2004 vorlegte.
Die gute Nachricht: 2004 gab es keine besonders schweren Gewalttaten. Die
schlechte Nachricht: Die Zahl politisch motivierter Straftaten im Bereich
der Staatsanwaltschaft Neuruppin (Kreise Ostprignitz-Ruppin, Oberhavel,
Prignitz und ein Großteil des Kreises Uckermark) ist im Vergleich zum Jahr
2003 um 40 Fälle auf 472 gestiegen. Speziell die Zahl der Gewaltdelikte
stieg um 10 Prozent.
An mangelnder Strafverfolgung liege das nicht, versicherte Gerd Schnittcher.
Er verwies auf die hohe Aufklärungsquote (81 Prozent bei den
Gewaltdelikten), die strenge Bestrafung (in 40 Prozent der Fälle wurden die
Täter zu Jugend- oder Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt), die relativ
schnelle Bestrafung, häufig in so genannten beschleunigten Verfahren, und
die enge Zusammenarbeit mit der Polizei. “Die Strafverfolgung ist nicht mehr
zu optimieren”, so Schnittcher. Das Problem: Wer aus politischen Gründen
straffällig wird, lässt sich von der Aussicht auf Knast nicht abschrecken.
“Der Wittstocker, der gerade drei Jahre wegen Mordes abgebrummt hat, steht
am nächsten Abend wieder mit seinen Kumpels an der Tankstelle.” Gerade
Rechtsextreme gingen nach der Haft “in Sekundenschnelle wieder in ihre Szene
zurück”.
Aufgefallen ist den Ermittlern der “bürgerliche Touch” der Rechtsextremen.
Die verzichten auf Springerstiefel und lassen sich die Haare wachsen — für
die Staatsanwälte ein “Wolf im Schafspelz”.
Gerade bei den politisch motivierten Straftaten ist fast immer Alkohol im
Spiel. Die Neuruppiner Staatsanwälte dringen deshalb vor Gericht darauf,
dass Alkoholkonsum vor der Tat nicht mehr strafmildernd wirkt. Laut
Schnittcher beginnen die Gerichte, den Appellen zu folgen.