(Andrea Beyerlein, Berliner Zeitung) SCHWEDT. Wenn Jörg Schönbohm ein anvisiertes Ziel erreicht hat, sprüht der CDU-Chef auch nach größter Anstrengung vor Energie. Beim CDU-Wahlparteitag am Sonnabend in Schwedt ist eigentlich alles nach Plan gelaufen. An der Wiederwahl des 67-Jährigen bestand ohnehin kein Zweifel. Auch seine Wunsch-Mannschaft für die engere Parteiführung ist durchgekommen. Aber nach der Wahl saß der Chef doch nachdenklich und etwas ermattet vor den Uckermärkischen Bühnen. Seine mageren 78 Prozent, sechs Punkte weniger als 2003, nannte er “ein ehrliches Ergebnis”. Die Schlappe vom September 2004, als die CDU bei der Landtagswahl unter 20 Prozent rutschte, sei nicht verdaut. Und es klang ein wenig nach Selbstberuhigung, als Schönbohm davon sprach, dass die Partei erst im Wahljahr 2009 “in großer Harmonie entscheiden wird”, wer den Vorsitz und wer die Spitzenkandidatur übernehme.
Doch in kleinen Grüppchen am Rande des Parteitages wurden schon jetzt verbiestert Allianzen geschmiedet. Und als der 25-köpfige Vorstand gewählt war, da war die Riege der nach Einfluss strebenden Nachwuchspolitiker um den Generalsekretär Sven Petke und den Europaabgeordneten Christian Ehler sichtbar zufrieden. “Was heute hier geschehen ist, haben die meisten noch gar nicht bemerkt”, sagte einer.
Der 38-jährige Petke, in der Partei für seinen Fleiß geachtet aber als Strippenzieher gefürchtet, kam mit 76 Prozent auf ein für ihn selbst überraschend gutes Ergebnis als Generalsekretär. Ex-Justizministerin Barbara Richstein (39) kam mit 79 Prozent auf Platz eins unter den vier Schönbohm-Stellvertretern. Gefolgt von dem 38-jährigen Cottbuser Arzt Michael Schierack (73 Prozent), dem einzigen Neuling in der Spitze.
Auch unter den Beisitzern sind jüngere, auf Abgrenzung zum Koalitionspartner SPD bedachte Kräfte stark vertreten: etwa der Frankfurter Kreischef Jens Koeppen, die parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin Saskia Funck, der Abgeordnete Ingo Senftleben, die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche, Christian Ehler und der Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Krüger.
Es gab auch Rückschläge: Fraktionschef Thomas Lunacek bekam als Partei-Vize nur 61 Prozent. Neben Petke und dem als Vize bestätigten Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (72 Prozent) ist auch der 40-Jährige ein potenzieller Schönbohm-Nachfolger.
Junghanns wird eher dem gemäßigten Lager zugerechnet, das auf Kooperation mit der SPD setzt. Noch mehr gilt das für Kulturministerin Johanna Wanka. Die 53-Jährige hatte sich nur für einen Beisitzer-Posten beworben. In der jungen Garde hieß es: “Ihr Abschneiden wird das spannendste Ergebnis.”
Wanka wird vor allem als potenzielle Spitzenkandidatin gehandelt, denn sie ist auch außerhalb der CDU populär. In Schwedt wurde zudem fein registriert, dass Parteichefin Angela Merkel lobte: Seit Wanka die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz übernommen habe, “hat der Name Brandenburg dort wieder einen guten Klang.”
In der Landesführung allerdings hatte die umtriebige Ministerin für Ärger gesorgt, weil sie offen die Gegenkandidaturen zweier erfahrener Kommunalpolitiker als Schönbohm-Vize unterstützt hatte. Das wurde auch als Affront gegen Lunacek gewertet. Ihr Spitzenergebnis von vor zwei Jahren konnte Wanka nicht wiederholten. Mit 74 Prozent erreichte sie noch den dritten Platz.
Der Prignitzer Landrat Hans Lange — der einzige, den die CDU hat — und der Herzberger Bürgermeister Michael Oecknigk allerdings scheiterten mit ihrer Vize-Kandidatur und selbst als Beisitzer. Landrat Lange ist nach zehn Jahren nicht mehr im Vorstand vertreten. Die Prignitz, wo in den aktuellen Fördermitteldebatten die Furcht vor Benachteiligung umgeht, ist jetzt in der Union außen vor. Ein Kollateral-Schaden der zunehmenden Reibungen, der auch Jörg Schönbohm gar nicht behagt.
CDU-Landesparteitag: Besseres Ergebnis als erwartet
Schwedt (MOZ) Die brandenburgische CDU hat Jörg Schönbohm zum vierten Mal als Parteivorsitzenden gewählt. Auf einem Landesparteitag in der Uckermark wurde der gesamte geschäftsführende Vorstand nach den Vorstellungen Schönbohms zusammengestellt — allerdings mit mäßigen Ergebnissen.
“Nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, finde ich das Ergebnis gut,” sagte der 67-jährige Innenminister, als feststand, dass er ein deutlich schlechteres Ergebnis als bei vorangegangenen Wahlen erhalten hatte. Nur 153 der 203 Delegierten votierten für den Amtsinhaber, der in den vergangenen Wochen angekündigt hatte, bis 2009 den Landesverband führen zu wollen. Das Wahlergebnis von 78 Prozent übertraf wenigstens die zuvor verbreitete Zielmarke von 75 Prozent. Generalsekretär Sven Petke, der sich in Schwedt zum ersten Mal der Wahl stellte, erhielt 76 Prozent.
Bei der Wahl um die vier Stellvertreterposten Schönbohms, setzten sich von den sechs Kandidaten die vier Vorschläge, die der alte Vorstand zuvor unterstützt hatte, durch: Das bester Ergebnis erzielte dabei die ehemalige Justizministerin Barbara Richstein (79 Prozent). Der völlig neu auf der landespolitischen Bühne aufgetauchte Cottbusser Arzt Michael Schierack erhielt 73 Prozent der Stimmen, Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns 72 Prozent und Fraktionschef Thomas Lunacek gar nur 61 Prozent der Stimmen.
Der Prignitzer Landrat Hans Lange und der Bürgermeister von Herzberg, Michael Oecknigk, die beide eine stärkere Einbeziehung der kommunalpolitischen Ebene in die engste Führungsriege der Partei gefordert hatten, scheiterten bereits im ersten Wahlgang.
Auch die 18 Vorstandsmitglieder wurden durchweg mit Ergebnissen unter 80 Prozent gewählt. Das beste Ergebnis erzielte der neue Schatzmeister, der Berliner Steuerberater Peter Zierbock. Kritik an der Arbeit des altenVorstandes kam nur aus dem als heillos zerstritten geltenden Kreisverband Oberhavel.
Jörg Schönbohm erneut CDU-Landeschef
Mäßiges Ergebnis von 78,1 Prozent — Denkzettel beim Landesparteitag ändert nichts am Kurs der Geschlossenheit
(Gudrun Mallwitz, die Welt) Potsdam — Als Jörg Schönbohm im Januar 1999 zum Parteichef der märkischen Union gewählt wurde, erhielt der ehemalige Berliner Innensenator 97,6 Prozent der Stimmen. In dem Traumergebnis spiegelte sich die Hoffnung wider, daß die bis dato erfolglose und heillos zerstrittene CDU mit ihrem achten Vorsitzenden endlich geschlossen der Sprung in die Regierung gelingt. Die Rechnung ging auf: Die Union stellt zum zweiten Mal den Juniorpartner in der großen Koalition mit der SPD und die schlimmen Grabenkämpfe von einst blieben Vergangenheit. Allerdings ist auch die Euphorie der ersten Schönbohm-Jahre gewichen: Aus dem Top-Ergebnis von vor sechs Jahren sind 78,1 Prozent geworden. Er sei eben inzwischen einigen auf die Füße getreten, analysiert der 67jährige sein Wahlergebnis beim Landesparteitag am Sonnabend in Schwedt, mit dem er aber ganz zufrieden scheint.
Immerhin führte der General a. D. die so siegessichere Union bei der Landtagswahl im vergangenen Herbst nicht auf den ersten, sondern auf den dritten Platz hinter SPD und PDS. Auch wenn die Enttäuschung groß war, blieben die exakte Auswertung sowie Konsequenzen bis heute aus. Daß Schönbohm jetzt dennoch sein Wunschteam, die Stellvertreterriege mit Fraktionschef Thomas Lunacek, Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns, Ex-Justizministerin Barbara Richstein und dem Cottbuser Arzt Michael Schierack durchsetzte, zeigt den Willen der einst so unberechenbaren Partei zur Geschlossenheit. Der Prignitzer Landrat Hans Lange, der zum Vize aufsteigen wollte, ist nun
nicht einmal mehr Beisitzer, chancenlos blieb auch der Herzberger Bürgermeister Michael Oecknigk. Und Schönbohms Mann Sven Petke wurde mit 76 Prozent zum Generalsekretär gewählt. Die größte Überraschung war das enttäuschende Ergebnis von Fraktionschef Thomas Lunacek (61 Prozent). Viele hielten seine Kandidatur für falsch, weil er ohnehin stimmberechtigt im Landesvorstand vertreten ist. Außerdem war er als Generalsekretär mitverantwortlich für den erfolglosen Wahlkampf.
Auch wenn Jörg Schönbohm schon vor dem Parteitag zu verstehen gab, daß er 2007 erneut antreten werde, hängt die Nachfolgediskussion wie ein Damoklesschwert über der Union. Als Spitzenkandidatin steht Johanna Wanka hoch im Kurs, die mit dem drittbesten Ergebnis als Beisitzerin wiedergewählt wurde. Viele sprechen ihr für das Amt der Parteichefin aber die parteipolitische Erfahrung ab. So könnte es nach Schönbohm darauf hinauslaufen, daß die Kulturministerin als Spitzenkandidatin gegen Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) ins Rennen geht, ein anderer jedoch die Partei führen wird.
Ein Dämpfer, aber keine Strafe
CDU-Chef Schönbohm wiedergewählt / Wunschteam von Stellvertretern
(VOLKMAR KRAUSE, MAZ) SCHWEDT Als die Anspannung abgefallen war, zogen sich Jörg Schönbohm und Sven Petke zur Analyse zurück. “Ein ehrliches Ergebnis, es spiegelt wider, was in der Partei gewesen ist”, schätzte der CDU-Landesvorsitzende die 78 Prozent Stimmen ein, die auf ihn entfallen waren. Auch der frisch gewählte Generalsekretär sah seine 76 Prozent positiv: “Das war mein zweitbestes Wahlergebnis.”
Es hätte anders kommen können, als die rund 200 Delegierten des CDU-Landesparteitages am Samstagnachmittag im Theatersaal der Uckermärkischen Bühnen in Schwedt die Stimmzettel ausfüllten. Der Ärger über den Absturz bei der Landtagswahl im Vorjahr auf Platz drei hinter SPD und PDS sitzt noch immer tief. Zudem wird dem Parteichef und Innenminister intern vorgeworfen, die Niederlage nur mangelhaft aufgearbeitet zu haben. Dennoch blieb es am Ende bei einem Dämpfer für Schönbohm. In seiner vierten Wahl zum CDU-Vorsitzenden fuhr der 67-Jährige das bislang schlechteste Ergebnis ein. Vor zwei Jahren waren es noch 83,5 Prozent der Stimmen.
Vereinzelt wurde noch einmal Kritik am Wahlkampf laut, doch schließlich überwog die Geschlossenheit. Die Sorge vor einem Rückfall in die Zeit der Fehden und Grabenkämpfe war groß. Vom Trauerspiel vergangener Jahre konnten sich die Delegierten in einer eigens gedruckten CDU-Zeitung überzeugen, die die Parteitagsregisseure nicht ohne Hintergedanken auf jeden Platz gelegt hatten. Nach der Chronologie des Schreckens hat die märkische CDU in den neun Jahren bis zur Übernahme des Amtes durch Schönbohm 1999 sieben Landeschefs verschlissen, einer war nur vier Wochen im Amt. “Nicht auszudenken, wenn Schönbohm abgestraft worden wäre”, so ein Delegierter. Nur er sei derzeit in der Lage, die Partei zusammenzuhalten und in der Koalition mit der SPD überzeugend zu führen.
Schönbohm hatte bereits vor dem Parteitag angekündigt, bis 2009, dem Jahr der nächsten Landtagswahl, CDU-Landesvorsitzender bleiben zu wollen. “Wenn es draußen stürmt und hagelt und der Kapitän an Bord gebraucht wird, denkt man doch nicht darüber nach, ob oder wann man die Brücke verlässt”, erklärte er unter dem Beifall der Delegierten. Und es war auch Balsam für die verletzten Seelen, als er den Führungsanspruch der Christdemokraten bei der Erneuerung des Landes unterstrich: “Wir sind die treibende Kraft, die Brandenburg voranbringt.” Obwohl es Schönbohm in seiner Rede weitgehend vermied, die SPD direkt anzugreifen, rügte er das neue brandenburgische Leitbild des Koalitionspartners als übereilt und wenig durchdacht. Mit ihren umstrittenen Thesen zur Metropolenregion habe die SPD eine Menge Ärger und Zukunftsängste in den Randregionen ausgelöst.
Obwohl noch unmittelbar vor dem Parteitag zwei Überraschungskandidaten auftauchten, gelang es Schönbohm und Petke, das Wunschteam der vier stellvertretenden CDU-Landeschefs sicher ins Ziel zu bekommen. Eine empfindliche Niederlage musste dabei allerdings Kulturministerin Johanna Wanka, im Parteijob CDU-Kreischefin von Dahme-Spreewald, einstecken.
Nachdem die Schönbohm-Petke-Liste bereits geschlossen war, hatte sie den Bürgermeister von Herzberg, Michael Oecknigk, ermuntert, seinen Hut noch in den Ring zu werfen, weil kommunalpolitische Kompetenz doch wichtig sei. Oecknigk hatte darüber freimütig in einer Lokalzeitung geplaudert. Brisant an der Kandidatur des Bürgermeisters: Sein Kreisverband Elbe-Elster hatte sich längst für den Favoriten des Vorstands, den Arzt und Cottbuser CDU-Kreischef Michael Schierack, entschieden. Elbe-Elster-Kreischef Michael Stübgen reagierte empört. “Die in Potsdam müssen doch denken, ich habe meinen Laden nicht im Griff”, tobte der Bundestagsabgeordnete.
In Unionskreisen heißt es, Wanka habe CDU-Landtagsfraktionschef Thomas Lunacek als Schönbohm-Stellvertreter verhindern wollen, weil sie dessen Führungsstil ablehne. Der Parteitag folgte der Kulturministerin aber nicht und ließ Oecknigk durchfallen. Auch der zweite Außenseiter, der Prignitzer Landrat Hans Lange, der mit einem Bundestagsmandat für 2006 liebäugeln soll, konnte sich keinen der begehrten Vize-Posten sichern. Und schlimmer noch: Oecknigk und Lange wurden nicht einmal als Beisitzer in den 18-köpfigen CDU-Landesvorstand gewählt. Wanka werden Ambitionen auf den CDU-Vorsitz in der Zeit nach Schönbohm nachgesagt. “Dafür war diese Aktion kein Ausweis”, lästerte ein Christdemokrat.
Bei der Stellvertreterwahl holte Ex-Justizministerin Barbara Richstein das beste Ergebnis. Sie gilt als Opfer umstrittener Personalentscheidungen Schönbohms im vergangenen Herbst. Die Partei sicherte ihr nun fürsorglich eine weiche Landung. Härter schlug Fraktionschef Lunacek auf. Zumindest die hausgemachten Probleme der Landtagswahl werden ihm als damaligen Generalsekretär mit angelastet.