INFORIOT Die “Unsterblichen”-Aktionen des Südbrandenburger Neonazi-Netzes um die Webseite “Spreelichter” hat in den vergangenen Monaten für einiges mediale Interesse gesorgt. Bei geheim vor- und im Internet nachbereiteten Nachtdemos verbreiten die Neonazis ihre Thesen vom “Volkstod”, den “die Demokraten” gezielt organisieren würden.
Das Brandenburger “Mobile Beratungsteam” (MBT) hat nun einen 24-seitigen Artikel vorgelegt, der die Spreelichter-Aktionen umfassend darstellt und analysiert. Der Beitrag ist online auf der Homepage des MBT Cottbus verfügbar. Eine Printversion soll bald im Rahmen des Buches “Einblicke IV” des MBT-Trägers “Demos” erscheinen.
Bereits im Herbst des vergangenen Jahres war im “Antifaschistischen Infoblatt” ein zusammenfassender Beitrag zu den “Unsterblichen” erschienen. Der Vorteil der MBT-Veröffentlichung ist sein Umfang. Autor Daniel Krüger hat ausreichen Platz, um zum Beispiel die Quellen der Spreelichter-Texte angemessen würdigen zu können.
Anschaulich wird deutlich gemacht: Bei den “Spreelichtern” dominiert das Cut&Paste. Zu aktuellen Kommentaren werden Texte und Material aus Regionalzeitungen (ohne Quellenangabe) genutzt und zu einer völkischen Interpretation zurechtgebogen. Die historischen Beiträge speisen sich indes zu nicht geringen Teilen aus einem schlichten, aus der Nazizeit stammenden Sekundärband über den Naziideologen Alfred Rosenberg.
Leider bleibt ein Aspekt im MBT-Text weitgehend unbeachtet: Die Frage, warum Neonazis das Mittel der unangemeldeten Nachtdemo wählen. Wozu betreiben die Neonazis diesen immensen Aufwand und nehmen ein Repressionsrisiko in Kauf (es gab im Januar umfangreiche Razzien)? Und das, obwohl die Aktionen sich nicht von selbst verständlich machen, sondern medial vermittelt werden müssen?
Wagen wir eine These: Die antifaschistische Protestpolitik der letzten Jahre dürfte dafür zu einem sehr wesentlichen Teil verantwortlich sein. Immer mehr Nazidemonstrationen werden durch Blockadeaktionen stark behindert oder sogar ganz verhindert. Es ist also kein Wunder, sondern ein Erfolg von antifaschistischen Aktionen, wenn die Neonazis sich nun heimlich verabreden müssen, wenn sie auf die Straße gehen wollen. Mit diesen neuen, defensiv ausgerichteten aber vergleichsweise solide gestalteten Formen, wie sie die “Spreelichter” repräsentieren, umzugehen, ist eine neue Herausforderung, der sich die antifaschistische Bewegung stellen muss.