Die Arbeitsgruppe Flucht und Migration hat in Zusammenarbeit mit dem
Team Medienwerkstatt/Infoladen Wildost und dem Verein für ein
multikulturelles Europa eine Dokumentation zur dezentralen
Unterbringung von Flüchtlingen herausgegeben. Sie beschreibt am
Beispiel Cottbus die Möglichkeit, andere Wohnbedingungen für
Flüchtlinge als die übliche Heimunterbringung zu verwirklichen. Die
Dokumentation richtet sich vor allem an alle Interessierten, die in
ihren Städten und Kreisen ähnliche Projekte umsetzen wollen.
Die Dokumentation enthält eine Chronologie des Diskussionsprozesses in
Cottbus, wichtige Dokumente (Rechtsgutachten, SVV-Beschlüsse) und
einen Pressespiegel. Sie ist im Netz auf
www.zelle79.info/projekte/dezentral zu finden. Sie ist dort auch als
Druckfassung im PDF-Format downloadbar.
Aus dem Vorwort:
“Im Land Brandenburg ist es die Regel, dass Flüchtlinge, die in
Deutschland um Asyl ersucht haben, in Sammelunterkünften untergebracht
sind. Einige dieser Heime stehen irgendwo im Wald, andere befinden
sich wenn schon in der Stadt, dann doch in ungünstigen Randlagen,
Industriegebieten oder ähnlichem. Oft sind es ehemalige Kasernen,
Baracken oder Container-Siedlungen. 6 m² Wohnraum werden pro Person
zugestanden. Die gemeinschaftliche Nutzung von Küchen und sanitären
Einrichtungen ist üblich. Hinzu können Kontrollen durch Wachdienste
oder das Heimpersonal kommen.
Im Zusammenwirken mit der Bewegungseinschränkung durch die im
Asylverfahrensgesetz festgelegte “Residenzpflicht” und mit immer
wieder erfahrenen rassistischen Beleidigungen und Angriffen im
öffentlichen Raum erleben viele Flüchtlinge diese Lebensbedingungen
als eine Art “offenes Gefängnis”. — Es ist eine ganz alltägliche,
staatlich sanktionierte Ausgrenzung.
Diese offensichtliche Sonderbehandlung von Flüchtlingen, ihre
Entrechtung und soziale Erniedrigung wiederum bestätigen und stärken
rassistische Ressentiments der deutschen Bevölkerung. Real
existierender Rassismus.
In Cottbus gab es in den Jahren 2000 und 2001 Diskussionen zu einem
Konzept, das dieses System aufbricht. Einige Engagierte aus
verschiedenen Bereichen setzten sich für die Idee ein, dass es ganz
normal sein soll, dass Menschen in Wohnungen leben. Das Ergebnis ist,
dass es heute für den überwiegenden Teil der Flüchtlinge in Cottbus
Normalität geworden ist.
Die Dokumentation versucht, diesen Prozess zu verdeutlichen, und will
zum Nachmachen anregen. Sie zeigt auf, dass die Idee einer dezentralen
Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen umsetzbar ist und Erfolg
haben kann.
Eine Fortführung dieses Konzeptes in Cottbus wie in anderen Städten
und Landkreisen, also die konkrete Auseinandersetzung um bessere
Lebensbedingungen für Flüchtlinge ist sicher aus Gründen der Humanität
geboten. Diese praktische Kritik an einem institutionellen Rassismus
ist daneben genauso ein Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft,
geht es doch dabei um die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am
öffentlichen Leben sowie um die Erringung und Stärkung individueller
Rechte und Freiheiten.”