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Immer wieder gibt es hier Berichte, dass sich Faschos in Kleinstädten tummeln, da offen rumlaufen und ihr Unwesen treiben. Wie ist nun damit umzugehen, welche Lösungen gibt es und wie ist allgemein einer immer mehr in die Öffentlichkeit getragene Faschomeinung beizukommen.
Mal ganz davon abgesehen, ob nun diese oder jene Geschichte stimmt, gibt es solche Sachen. Diese Vorfälle passieren meist nicht in den linken Zentren der Großstädte, sondern eben auf dem Dorf.
Hier in meiner unmittelbaren Umgebung faengt das schon an. Ich kann mich an einen Artikel erinnern, wo ca. 40km entfernt sich jeden Tag Nazis (20–30) in einem Freibad tummeln. Sie stellen ihre faschistoide Einstellung offen zur Schau, durch Tragen von Klamotten, Schwarz-weiß-rote Badetücher usw. Links oder “ausländisch” aussehende zumeist Jugendliche sind dann auch davon betroffen. Diese Leute machen eine Art Sicherheitsdienst in eigener Regie. Alle die nicht in ihr Weltbild passen haben im Freibad nix zu suchen. Ob es Übergriffe gab weiß ich nicht; ist auch für die weitere Betrachtung relativ egal.
Viele Kommentare auf Artikel dieser Art heißen dann, gründet eine Antifa, oder haut die Spacken um, oder irgendeine andere idiotische Theorie.
Nun aber mal eine Frage… wie löst man als Linke auf solchen Dörfern diese Situationen?
Eine Demo veranstalten ist sicherlich nicht verkehrt, ändert aber an der Lage nix. Es kommen für einen Tag Antifas, Linke und andere aus der nahe gelegenen Grosstadt angefahren und laufen da dann unter Bullenschutz etwas durch die Gegend. Aber selbst, wenn sie einige der Nazis doch erwischen, wird auf diese Gewalt, wieder Gewalt kommen. Nur diese wird dann an der lokalen Linken in diesem Dorf ausgelassen. Nicht das ich militante Aktionen mit eindeutiger Wirkung ablehne, aber hier fehlt dann die Wirkung.
Nun lungern die Faschos z.B. in der Badeanstalt rum, oder eben wie o.a. vor dem Bahnhof. Eine klare Lösung, die Nazis von da zu vertreiben, ist meist nicht möglich. Und nun kommt etwas, was hier leider keiner gerne ließt, oder sogar als Nazi-Provokation ausgelegt wird, teilweise:
Wenn man nicht genügend linke antifaschistische Leute hat, kann man eben nicht die Faschos vor dem Bahnhof vertreiben, sondern diesen so gut es geht meiden. Und das ist in vielen kleinen Städten an der Tagesordnung. Es gibt fast in jeder dritten Kleinstadt die ich kenne einen Nazimob der sich relativ frei bewegt. Diese sind — im Gegenteil zu anders lautenden Berichten — doch gut organisiert. Dabei kommt ihnen zu Gute, das sie sich besonders gerne anleiten, organisieren, befehligen usw. lassen. So kommen in der o.a. Kleinstadt 25–30 lokale Nazis zusammen. Diese treten auch in dieser Gruppe auf. Zumindest sieht man diese Leute nicht unter 5–10 Leuten in der Stadt. Und nun mal zur Linken in dieser Stadt. Diese ist wahllos organisiert, trifft sich meist in irgendeinem Jugendclub. Aber selbst da ist man nicht komplett sicher vor den Faschos. So wurde z.b. 20km von hier entfernt in ein linkes JZ des öfteren eingebrochen, eindeutige Parolen an die Wand geschmiert und eben so gut es geht alles zerstört.
Nun möchte ich nicht jeden Nazi als Übermensch darstellen, aber meist sind diese viel “gewaltgeiler” als eben wir. So laufen in mancher Kleinstadt Schlägertrupps durch die Gegend um wahllos “vermeintliche Zecken oder Kanaken” zu schlagen und nach ihrem Sprachgebrauch eine “National befreite Zone” einzurichten. Dabei gehen sie teilweise mit äußerster Gewalt vor. Das sich in der Linken eben nicht so hirnlose Schläger tummeln, sondern durchaus nachdenkende Leute, ist nicht nur ein Gerücht, sondern die pure Wahrheit. Zumindest kenne ich keine Stadt wo Linke sich in Schlägertruppen zusammenschließen und sinnlos “rechts aussehende” Jugendliche zusammenschlagen usw.
Also wie will die Kleinstadtlinke nun auf die Gewalt von rechter Seite reagieren. Sich wehren ist klar, nur leider funktioniert das Kräftemessen in diesen Kleinstädten nicht so wirklich. Erstens hat man als eigentlich friedlicher Mensch nicht so richtig Lust dauernd Gewalt auszuüben, zweitens ist das auch gefährlich, da (zumindest in den mir bekannten Städten) die Faschos schlagfertiger sind. Das hören zwar viele nicht gerne, ist aber die Realität, fragt mal eure Genossen aus solchen Städten. Außerdem ziehen Faschos gerne in Kleinstädte, weil sie da anders als in Hamburg, Berlin, Hannover usw. die o.b. Vorteile haben. Während sie sich in Grosstädten verstecken müssen auf Grund der schlagfertigen Antifa und anderer Linker Kräfte in großer Zahl können sie in Kleinstädten ihr Unwesen treiben, und zwar meist völlig ungehindert von Antifas, Widerstand oder “Ausländer-Gangs”. Auch die Bullen in Kleinstädten machen meist nicht viel. Die Faschos werden im Stadtbild akzeptiert. Die Städte verhalten sich als ob es diese gar nicht gibt, das schadet ja dem Ort nur. Und solange sich rechte und linke Jungendliche hauen, liegt es eben an beiden. Das es ohne die Faschos gar keine derartige Gewaltspirale geben würde ist allen Linken klar, wird aber von der Stadt nicht so gesehen. Es wird auf Dorfschlägereien verharmlost. Die gab es immer und so schlimm ist das nicht, selbst früher haben wir uns auch auf den Stadtfesten gehauen, so lauten dann Kommentare der Buergermeister usw…
Nun aber zurück zur Problemlösung. Schon als ich 1987 15 Jahre alt war, gab es diese Scheiße auch schon. In unserer Kleinstadt trafen sich Faschos vor dem Bahnhof. Da sich alle kennen, auch namentlich, kommt es eben drauf an, wie die Tagesform so ist, ob man ohne Probleme an denen vorbeiging. Natürlich hätte ich diese am liebsten mal richtig da vertrieben, was aber anhand körperlicher und zahlenmäßiger Unterlegenheit nicht ging. Auch habe ich viele Jugendliche gesehen, die sich diesen Faschos anschlossen. Es ging damals nicht so sehr um Ideologie, sondern darum sich mit der stärksten Gruppe im Dorf anzuschließen. Vielfach ist auch ein Anschluss von nicht so gefestigten Jugendlichen vorgesehen. Immerhin ist es für viele eben besser sich auch vor den Bahnhof zu stellen und zu den Starken zu gehören, als vielleicht noch jeden Tag in die Fresse zu bekommen.
Die Polizei ist meist unbeteiligt an der ganzen Sache. Wenn jemand den o.a. Artikel als unwahr verurteilt, weil keine Anzeigen erstattet wurden, oder eben keine Presse davon weiß, kann er das gerne tun. Aber ich kann aus Erfahrung sagen, dass vieles aus guten Grund nicht angezeigt wurde. Vielfach sieht man die Faschos jeden Tag, sie wohnen nebenan. Die Eltern arbeiten in der selben Fabrik und die Schule ist der Platz eines Zusammentreffens. Hier aber entzieht sich auch vieles den Lehrern. Erstens weil sie es echt nicht sehen, was im Schulbus oder auf dem Nachhauseweg passiert und zweitens weil sie es auch nicht sehen wollen, denn es bedeutet eine Auseinandersetzung mit diesem Thema, was Lehrern auch schwer fällt, viele wählen deshalb den einfachen Weg: wegsehen. Damit reihen sie sich übrigens nur in die Gesellschaft ein, diese schaut auch lieber weg, wenn sich die Faschos in der Stadt sammeln: Die tun ja nix.
Dann gibt es ein noch größeres Problem. Es entseht eine Antifa in dieser Stadt, aber diese besteht dann nur aus Leuten im Alter von 14–18. Denn die anderen werden früher oder später in die Großstadt gehen zum Studieren, Ausbildung machen, oder einfach nur zum Rumhängen. Da entstehen wunderbare Nischenstadtteile in denen Nazi-Problem besteht und auch ich mich — zugegeben — super wohl fühle. Hier frönen wir nun unseren Linken Ideologien, Lebensweisen usw. Aber nach einiger Zeit hat man den Blick n
ach draußen verloren. Ich erwische mich oft dabei, das mir eigentlich egal ist, was da draußen so abgeht, Hauptsache mein linker Stadtteil ist und bleibt ein Biotop in dem ich mich sauwohl fühle. So jubeln wir über unser nicht vorhandenes Naziproblem. Es ist schon richtig, dass sich keine Nazis in unserem Kiez sehen lassen und sie eben nur 5 Minuten am Bahnhof stehen würden. Hier gibt es auch viele ältere Antifas und Linke. Diese sind auch schlagkräftig. Aber was bringt uns die Gewissheit, dass sich hier keine sammeln, wenn 10km weiter im nächsten Dorf jeden Tag Faschos stehen, weitestgehend unbeobachtet von Stadtteilantifas und Milieulinken (zu denen ich mich auch zähle, bevor jemand sich beleidigt fühlt).
Das Problem ist doch aber ein anderes, es gibt anscheinend ein ruhiges Hinterland, auch wenn wir anderes vermuten. Ich habe, weil es in der Linken eigentlich ein unausgesprochenes Thema ist, es auch lange ignoriert, aber nun finde ich man muss es mal ansprechen, weil ein Verschweigen nichts bringt.
Ich habe in den letzten 2 Tagen mit 3 Leuten gesprochen, die alle aus einem Kaff kommen. Einer davon ist 35, wird zwar in Ruhe gelassen, aber genau neben ihm wohnt ein Fascho, der die Nachbarschaft mit Material versorgt, seine Scheiß-Musik extra laut andreht, damit es den Genossen nervt. Aber was soll er machen, die Adresse ist nun bei der Antifa und die Bilder auch, aber was soll das bringen, wir sammeln das erst mal nur. Welche wirkliche Aktion würde denn etwas bringen?
Flugblattaktionen sind zwar toll, aber erstens interessiert es keinen in dem Dorf, den der Fascho ist auch so schlau, dass er den alten Leuten viel hilft usw. sich in der Nachbarschaft beleibt macht. Und der passt da besser hin, als mein “schmuddeliger Langzeitstudentenfreund”. Dieser wird nun wegziehen, was ich persönlich auch verstehen kann, aber dabei fiel mir auf, dass das ja keine Lösung ist. Wir fahren auf jede Demo und regen uns auf, dass wir wieder mal nicht an die Nazis rankamen. Da leben sie ganz ungeniert und keiner macht was. Ich habe zwar auch keine Lösung für dieses Problem der “rechten” Kleinstädte, aber will mal eine Diskussion anstrengen, wie man eben mit solchen Sachen umgeht, diese sollte aber nicht hier erfolgen, dass ist ja kein Forum, sondern in euerer Antifa, Organisation, oder sonst was für Zusammenschlüssen. Aber genau hier finde ich müssen wir aktiver werden.
Eine Lösung wäre schon mal, bei der Gründung von starken Linken Strukturen in Kleinstädten zu sorgen. Gibt es Probleme sollten diese wenigstens Kontakt zu der nächsten “schlagkräftigen” Antifa oder anderen Organisationen haben. Meist wissen diese Jungendlichen gar nicht wo sie sich im Fall der Fälle Hilfe holen können. Wir dürfen die lokale Antifa in den Dörfern nicht alleine lassen, was leider viel zu oft gemacht wird. Über die Organisation der Nazis brauche ich ja nix zu sagen, aber es dürfte klar sein, dass diese eine breite Unterstützung im Umfeld haben, jemand kennt immer jemand bei einer Kameradschaft und diese Faschos kommen auch mal 50km gefahren um ihren “KameradInnen” beizustehen. Dazu kommt noch, dass sie eh da wohnen und wir nicht.
Ich habe nicht viele Lösungen parat, aber einen Hinweis, die Dorfantifas in die szenemäßigen Antifas der Städte integrieren, so sind sie mit ihren Problemen wenigstens nicht ganz alleine. Aber ich muss auch sagen, dass dies nicht unbedingt nicht alle wollen. Auch hier lebt es sich in unserem Stadtteil ruhig und gut.