- In der Nacht vom 18. — 19. Juni 2005 soll es zu einem Überfall auf einen 17-jährigen Fascho in Potsdams Innenstadt
gekommen sein. Das so genannte Opfer war davor bereits polizeibekannt und konnte nach einer kurzen ambulanten Behandlung auf
Grund einer Platzwunde noch in derselben Nacht entlassen werden. Dies führte dazu, dass er bereits zwei Tage später schon
wieder alternative Jugendliche Vollpöbeln und bedrohen konnte.
Besucher des nahe gelegenen Café „Heider“ hielten vier der
angeblichen Angreifer fest und
übergaben sie der Polizei.
— Diese wurden darauf hin am 20. Juni der Haftrichterin Schilling vorgeführt. Ursprünglich wegen einer gefährlichen
Körperverletzung vorgeführt machte der Staatsanwalt der politischen Abteilung Petersen während der Vorführung einen
versuchten gemeinschaftlichen Mord aus der Sache und beantragte dementsprechend vier Haftbefehle.
— Frau Schilling ordnete
wie gewollt die Untersuchungshaft für zwei der Beschuldigten an, die beiden anderen Haftbefehle wurden gegen Auflagen außer
Vollzug gesetzt. (Dies lag einzig daran, dass es sich bei der einen Beschuldigten um eine 16–Jährige handelt und der andere
Beschuldigte sich zusammen mit seinem Anwalt stellte.)
— Die Presse stürzte sich, wie zu erwarten war, auf den Vorfall und halluzinierte einen Racheakt von Linken an einem Rechten
auf Grund der Verurteilungen im so genannten Elflein-Straßen-Prozess herbei. (In der Silvesternacht 2003 griffen ca. 20
Faschos das alternative Wohnprojekt „Chamäleon“ in der Innenstadt Potsdams an, von diesen wurden lediglich zwei zu
Haftstrafen, Geldbußen und Arbeitsstunden verurteilt. Während der Verhandlungstage hatten die Faschos aus Potsdam und Berlin
teilweise die Gerichtshoheit. Zeuginnen und Prozessbeobachterinnen wurden angepöbelt, angegriffen und abfotografiert.
Nachzulesen auf www.inforiot.de)
Die Grundlage für diese absurden Behauptungen lieferte die Bullerei, welche explizit auf
die Prozesse rund um den Überfall auf das alternative Wohnprojekt verwies und dieses so ein weiteres Mal innerhalb eines
Jahres der Verleumdung durch die Presse freigab.
— Als nächstes rüstete die Stadt Potsdam auf:
„Mit einem Programm der Deeskalation und verstärkter Polizeipräsenz will die Landeshauptstadt der zunehmenden Gewalt
zwischen rechten und linken Gruppierungen begegnen. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte gestern nach einer
Sondersitzung des Beirats für Toleranz und Demokratie in Potsdam: „Die Entwicklung erfüllt uns mit großer Sorge.“ Es dürfe
nicht zugelassen werden, „dass die gewaltsamen Auseinandersetzungen eskalieren““ (26.8.2005 -
Potsdamer Neueste
Nachrichten).
Die Bullen setzten 30 zusätzliche Beamte der Landeseinsatzeinheit LESE in Zivil und Uniform ein und erhöhten
ihre Präsenz dermaßen, dass Mensch sich des Eindruckes nicht erwehren konnte, in Potsdam sei der polizeiliche Notstand
ausgebrochen.
- Am Montag, dem 27. Juni fand die Haftprüfung der seit einer Woche inhaftierten Antifas statt. Daraufhin wurde ein
weiterer Beschuldigter unter strengen Meldeauflagen und gegen die Zahlung einer Kaution in Höhe von 60.000 ? auf freien Fuß
gesetzt. Die vierte Beschuldigte musste zurück in den Knast, nachdem ihr Verteidiger seinen Antrag zurück genommen hatte, da
zu diesem Zeitpunkt klar war, dass die Haftrichterin (nach einem Vorschlag des zuständigen Staatsanwaltes, dass es doch die
Möglichkeit einer reuigen, vollumfänglichen Einlassung gäbe, nach welcher alles anders aussehen könnte) die Beschuldigte
ohne eine komplette Aussage nicht gehen lassen würde. Diese machte allerdings in vollem Umfang von ihrem Recht auf
Aussageverweigerung Gebrauch und so entschied der Verteidiger sich für das Mittel der Haftbeschwerde.
— In den frühen Morgenstunden des 30. Junis verschafften sich ca. 30 Bullen in Vollschutz und mit Helmen ausgestattet
Zutritt zu dem links-alternativen Wohnprojekt in der Zeppelinstraße 25, um einen fünften Tatverdächtigen für den angeblichen
Zusammenstoß vor dem Cafe „Heider“ festzunehmen. Natürlich blieb es dabei nicht bei der Durchsuchung der von dem Gesuchten
bewohnten Räume. Der Gesuchte selbst konnte nicht gefasst werden.
Polizei-Präsidiumssprecher Rudi Sonntag rechtfertigte
wie schon zuvor Potsdams Polizeichef Ralf Marschall die Massivität des Einsatzes. Die Mehrzahl der Beamten sei nur zur
Absicherung vor Ort gewesen, um keine Gewalteskalation zuzulassen. Man werde mit derselben Entschiedenheit und
Mannschaftsstärke auch künftig vorgehen, wenn es neue Ermittlungsansätze gibt.
— In der Nacht vom 2. – 3. Juli kam es in der Potsdamer Innenstadt zu einem brutalen Übergriff durch Mitglieder der
Potsdamer Anti-Antifa und Berliner Kameradschaftszusammenhängen auf zwei 24 und 25 Jahre alte Männer. Die 15 Faschos zogen
in dieser Nacht die Notbremse der Straßenbahn, nachdem sie einen der beiden Männer als in Potsdam sehr aktiven
Antifaschisten erkannt hatten, öffneten die Türen der Tram und griffen ihre Opfer mit abgeschlagenen Flaschen, Schlägen und
Tritten an. Natürlich ließen die Angreifer auch nicht von ihren Opfern ab, nachdem diese bereits am Boden lagen. Einem der
Opfer wird mit einer abgeschlagenen Flasche unter Anderem ein Schnitt wenige Zentimeter an der Halsschlagader vorbei,
zugefügt.
Dieser Angriff von Rechten auf Linke wird vom Amtsgericht Potsdam, also dem gleichen, auf Grund dessen Urteils eine
Antifaschistin noch immer im Knast sitzt, nur als gefährliche Körperverletzung bewertet.
Die Polizei bildet eine SoKo
„Potsdam“, in der unter Federführung der Staatsschutzabteilung des Polizeipräsidiums elf Kriminalisten arbeiten
Was danach geschah:
— Am 5. Juli fand in Potsdam eine linke Spontandemo mit zeitweise etwa 100
Personen statt. Ziel dieser Spontandemo war es,
auf die anhaltende rechte Gewalt, die staatliche Repression gegen links und das damit einhergehende erschwerte zur Wehr
setzen gegen organisierte Nazis, aufmerksam zu machen. weiterhin wurde der Umgang der Stadt, der Bullen und der Medien mit
dem Thema und deren Polarisierung kritisiert.
— Am selben Tag stellte sich der fünfte Tatverdächtige, nach dem seit der Hausdurchsuchung am 30. Juli bundesweit gefahndet
wurde, zusammen mit seinem Anwalt. Sein Haftbefehl wurde unter strengen Meldeauflagen und gegen Zahlung von einer Kaution in
Höhe von 10.000 ? außer Vollzug gesetzt.
— Am 27. Juli verwarf das Landgericht die Haftbeschwerde gegen den Haftbefehl der immer noch im Knast sitzenden
Antifaschistin. Es sah nach wie vor einen dringenden Tatverdacht und Fluchtgefahr, auf Grund ihres schlechten sozialen
Umfeldes (leben in einem alternativen Wohnprojekt, keinen Job etc.), für gegeben. Daraufhin legte ihr Verteidiger die
weitere Beschwerde beim Oberlandesgericht ein.
— Am 13. August findet eine erste Knastkundgebung in Duben für die Freilassung der letzten inhaftierten Antifaschistin
statt. In den einzelnen Beiträgen wurde unter Anderem gefordert, der, durch die CDU und ihrer Speichellecker bei der Presse
betriebenen, Stigmatisierung des Chamäleon e. V., dem die Inhaftierte angehört, entgegen zu treten und die Beugehaft endlich
zu beenden. Denn als etwas anderes kann man diese so called „Untersuchungshaft“ nicht bezeichnen. Die inhaftierte
Antifaschistin sitzt einzig und allein nach wie vor in Haft, weil sie konsequent von ihrem Aussageverweigerungsrecht
Gebrauch macht.
— Am 20. August gibt es eine weitere spontane Knastkundgebung von Antifas aus Dresden vor dem Knast. Auch diese Aktion war
ein voller Erfolg, da
sie wie die erste die Inhaftierten erreichte und ihnen einmal mehr vor Augen führte, dass sie nicht
allein sind.
- Am 2. September gratulieren knapp 50 Antifaschistinnen der weiterhin inhaftierten Antifaschistin vor den
Mauern der JVA Luckau-Duben mit einem Ständchen zum Geburtstag, dabei wurde erneut gegen den haltlosen Vorwurf des
versuchten Mordes protestiert und ihre sofortige Freilassung gefordert.
— Am 14. September tritt der vorläufige Supergau ein: Das OLG verwirft die weitere Beschwerde gegen den Haftbefehl der immer
noch im Knast sitzenden Julia.
— Die Eskalation rechtsextremer Gewalt in Potsdam war am 24.09. Anlass einer
weiteren antifaschistischen Demonstration mit rund 500 Teilnehmern durch das
Zentrum Potsdams.
Redner kritisierten scharf Justiz und Medien, die den Neonaziterror häufig
nur als einen Teil einer »Gewaltspirale zwischen linken und rechten
Jugendbanden« interpretierten und damit die rechte Gewalt verharmlosten. Auf
Transparenten wurde die »Freilassung von Julia« gefordert.
Außerdem kündigte Mensch an, die von Worch für den 5.11. angemeldete Demo in
Potsdam zu verhindern, auch wenn Bullen und Justiz alles tun werden, um die
Faschos marschieren zu lassen.
Ortsgruppe der Roten Hilfe e.V. Potsdam