(Jeanette Bederke; Welt) Frankfurt (Oder) — “Alles war voller Blut. Die Jungs sind völlig ausgetickt, total brutal”, schildern die beiden Frauen gestern übereinstimmend die beispiellose Tat, die für großes Aufsehen gesorgt hatte. Stephanie L., und Ramona P. sind vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt. David K., Daniel K. und Ronny B. aus der rechtsextremen Szene wirft die Anklage vor, am 5. Juni 2004 ihr Opfer in Frankfurt vergewaltigt und durch Mißhandlungen in Todesgefahr gebracht zu haben. Die angeklagten Männer und Frauen sind zwischen 20 und 29 Jahren alt.
Die umfangreiche Anklageschrift beschreibt eine Gewaltorgie an einem 23jährigen Frankfurter. Das Quintett soll ihn mitten in der Oderstadt auf der Straße überfallen, ihn unter Androhung von Gewalt in eine Wohnung verschleppt und dort zweieinhalb Stunden lang mit widerwärtigsten Methoden malträtiert und erniedrigt haben.
Fast hätte der junge Mann diese Grausamkeiten mit dem Leben bezahlt, wenn er nicht durch eine sofort eingeleitete Notoparation gerettet worden wäre. Das Motiv der Beschuldigten war laut Anklage die pure Lust zu quälen sowie “menschenverachtende, dumpfe, rechtsextremistische Einstellungen”. Die Männer hätten ihr Opfer als “nicht arisch” aussehend beschimpft, was die beiden 20 und 25 Jahre alten Frauen auf der Anklagebank auch bestätigten. Die Angeklagten selbst hatten den brutalen Überfall bei der polizeilichen Vernehmung mit der Behauptung begründet, ihr späteres Opfer habe ein 15jähriges Mädchen vergewaltigt. Dafür gibt es laut Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft keine Anhaltpunkte.
Mit der selbsternannten Rächerrolle ließ sich offensichtlich gegen den angeblichen “Kinderschänder” besonders brutal vorgehen, hieß es. Die Quälereien reichten von einer Serie Fußtritte über sexuelle Nötigungen bis hin zu Verbrennungen mit einem heißen Bügeleisen. Messer wurden dem Opfer in den Körper gerammt, er mußte nackt und wie ein Hund auf allen Vieren durch die Wohnung kriechen, Rasierschaum, Taubendreck und Zigarettenasche schlucken sowie seinen Peinigern Hände und Schuhe ablecken. Infolge noch brutalerer Quälereien drang Blut in die Bauchhöhle.
Neben den inneren Verletzungen erlitt der 23jährige Verbrennungen ersten und zweiten Grades sowie Hämatome und offene Wunden am ganzen Körper. “Ohne schnelle ärztliche Hilfe wäre er verblutet oder an einer Vergiftung gestorben”, sagte der Staatsanwalt. Noch heute ist der junge Frankfurter traumatisiert, lebt mit einem künstlichen Darmausgang und ist in psychosomatischer Behandlung.
Die beiden Frauen bestätigten vor Gericht in stundenlangen Vernehmungen jedes Detail, bestritten jedoch, die Quälereien mit Gelächter quittiert zu haben. “Hätte ich gewußt, was da passieren wird, wäre ich nie mitgegangen”, meinte die 25jährige. Aus Angst, selbst Opfer zu werden, hätten sie still auf dem Sofa gesessen und zugesehen. Die angeklagten Männer haben sich bislang noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der Prozeß wird am Freitag fortgesetzt.