(Bernd Baumann; Neues Deutschland) Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) will der Bekämpfung des Rechtsextremismus auch weiterhin höchste Priorität einräumen. Hintergrund ist die im vergangenen Jahr stark gestiegene Zahl der Straftaten. Angriffe auf Ausländer gehörten in vielen Regionen Brandenburgs zum Alltag. Die Polizei musste immer wieder gegen Neonazis einschreiten.
“Wir dürfen deshalb im Kampf gegen die rechte Szene nicht nachlassen”, sagte Schönbohm gestern. Die Zahl der politisch motivierten Straftaten stieg 2004 um fast 19 Prozent auf 1865 Delikte.
Die politisch motivierten Gewalttaten kletterten von 104 auf 131. Allein im rechtsextremistischen Bereich gab es 105 Gewaltdelikte, was einem Zuwachs um ein Viertel entspricht. Darunter befanden sich auch zwei versuchte Tötungsdelikte, die beide aufgeklärt wurden. Linksextremisten verübten laut Statistik 22 Gewaltdelikte– acht mehr als 2003.
Die Aufklärungsrate stieg um 13 auf 55 Prozent. Von den Gewalttaten sind 88 Prozent aufgeklärt worden (2003: 72 Prozent). Bei den rechtsextremistischen Gewalttaten stieg die Rate von 82 auf 91 Prozent. “Die Wahrscheinlichkeit, dass die rechten Gewalttäter der Polizei ins Netz gehen, ist damit außerordentlich groß”, betonte Schönbohm. “Die meisten Mitglieder der Szene sind der Polizei bekannt und der Kontrolldruck wird konsequent hoch gehalten.” So habe die Mobile Einsatzeinheit gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit (MEGA) 24588 Personen kontrolliert. Es gab 210 Festnahmen und 2022 Platzverbote.
Als einen der größten Fahndungserfolge bezeichnete Schönbohm die Festnahme einer Gruppe von 16- bis 20-Jährigen aus dem Havelland, die gegenwärtig unter dem Vorwurf vor Gericht stehen, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben. Auf ihr Konto gehen elf Anschläge auf Döner- und Asia-Imbisse. Inzwischen stehe fest, dass die Jugendlichen bereits im Vorfeld über ihre Taten sprachen, so Schönbohm. Einer habe einem Mitschüler und anderen anvertraut, er wolle mindestens 20 Dönerbuden “abfackeln”. Niemand habe Anzeige erstattet. Schönbohm meinte, besonders Lehrer und Eltern sollten sich stärker engagieren. Die Polizei habe alles in ihren Kräften Stehende getan und könne ihren Kampf gegen Rechts kaum noch weiter intensivieren.
Angesichts der Zunahme rechtsextremer Gewalt sprach der PDS-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg von einem “erschreckenden Signal für einen erhöhten Handlungsbedarf des Staates und aller demokratischen Kräfte”. Im Widerspruch zu den Forderungen Schönbohms stehe die von der Landesregierung beabsichtigte Kürzung der Mittel für das Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” und beim Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Die PDS werde sich in den Haushaltsberatungen für eine Rücknahme der vorgesehenen Streichungen einsetzen.
Solche Haushaltskürzungen setzten die falschen Prioritäten, warnte der Aktionsbündnis-Vorsitzende, Heinz-Joachim Lohmann. Grünen-Landeschef Joachim Gessinger nannte die für 2005 geplante Streichung von Landesmitteln für den Verein Opferperspektive “skandalös”. Der in Potsdam ansässige Verein betreut Opfer rechtsextremistischer Gewalt.
Weitere Zahlen unter www.mi.brandenburg.de