Donnergrollen weckte die über 400 Teilnehmer eines Wochenendcamps der Initiative »Gendreck weg« am frühen Sonntag morgen in ihren Zelten in Altreetz im brandenburgischen Oderbruch. Doch trotz sintflutartiger Regenfälle machten sich die freiwilligen Feldbefreier, wie sie sich nennen, auf den Weg, um im Rahmen einer Demonstration möglichst viele genmanipulierte Mais- pflanzen auf umliegenden Feldern zu zerstören. Die Polizei war zwar mit einem großen Aufgebot vertreten, machte aber kaum Anstalten, das gerichtliche Verbot, die Felder zu betreten, durchzusetzen. Bis zu 50 Aktivisten konnten daher diese besondere Art der Maisernte über einen längeren Zeitraum durchführen. Eine Sprecherin der Initiative ging gegenüber junge Welt geht davon aus, daß im Laufe des Tages bis zu zwei Hektar Anbaufläche von genmanipuliertem Mais befreit worden sind.
Die Polizei beschränkte sich hauptsächlich darauf, Teilnehmer der Aktion, die die Felder nach getaner Arbeit verließen, in Gewahrsam zu nehmen. Bis zu 30 Aktivisten sollen nach ersten Schätzungen davon betroffen sein. Die Aktionen waren bei Redaktionsschluß noch nicht beendet.
Unter den festgenommenen Feldbefreiern befindet sich auch der Berufsimker Michael Grolm. Ihm droht jetzt sogar eine Haftstrafe. Auf Betreiben des Anwaltes des Gentechnikkonzernes Monsanto hatten drei Genmaisanbauer der Region um Altreetz eine einstweilige Verfügung gegen Grolm erwirkt, mit der ihm das Betreten der betreffenden Felder untersagt wird. Der Imker hatte aber bereits vor der Aktion erklärt, daß er trotzdem auf die Felder gehen werde. Die Gefährdung durch den Genmais wiege so schwer, »daß ich für die Abwendung dieser Katastrophe sogar ins Gefängnis gehen würde«, so Grolm.
Die Aktivisten hatten sich seit Donnerstag auf ihre Aktion vorbereitet. In Workshops wurden die Gefahren der Gentechnik diskutiert. Es gab Erfahrungsberichte aus Brasilien und El Salvador. Gerade in diesen Ländern hat der forcierte Anbau von Gentech-Monokulturen schon vielen Kleinbauern ökonomisch das Genick gebrochen. Menschen und Natur leiden unter hohem Pestizideinsatz und den giftigen Pflanzen selbst. Rund 350 Menschen lauschten am Samstag abend der Lesung des Autoren und Bauern Mathias Stührwoldt. Anschließend diskutiert sie die Möglichkeiten des Widerstands gegen die Agrogentechnik. Großen Applaus gab es, als bekannt wurde, daß ein Bürger von Neumädewitz, der einem Genmaisanbauer Land verpachtet hatte, die Aufhebung des Vertrags anstrebt.
Die Feldbefreier fordern, daß die Politik endlich handelt. Im April hatte Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer den Genmais verboten, allerdings zu einem Zeitpunkt, als der diesjährige Mais gerade ausgesät war. Auf über 2000 Hektar beginnen die Pflanzen jetzt zu blühen. Brandenburgs Landwirtschaftsminister warnte erst Anfang vergangener Woche eindringlich vor den Folgen der giftigen Pollen des sogenannten Bt-Maises.
Die Aktiven wollen sich nicht kriminalisieren lassen. Grolm: »Wir machen heute Giftpflanzen mit Langzeitfolgen unschädlich. Das Strafgesetzbuch schützt Menschen, die etwas zerstören müssen, um einen größeren Schaden abzuwenden«. »Gendreckweg« hatte am Freitag (jW berichtete) Strafanzeige gegen einen örtlichen Genmaisanbauer, den Konzern Monsanto und die Landwirtschaftsminister des Landes Brandenburg und des Bundes gestellt.